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Heisse Temperaturen Wie die Hitze in den Städten bekämpft werden kann

Besonders in den Städten bringt die Hitze die Menschen ins Schwitzen. Ein Freiburger Forschungsprojekt schafft Abhilfe.

Selbstkühlende Wände und Sitzbänke, Pflanzen auf dem Flachdach oder eine Wasserverdunstungsanlage. Die Freiburger Hochschule für Technik und Architektur hat am vergangenen Wochenende einen mobilen Holzpavillon aufgestellt, in dem verschiedene Massnahmen gegen die Hitze auf spielerische Art und Weise ausprobiert werden können. Er steht zurzeit auf dem Parkplatz des Innovationsquartiers Bluefactory – einer der grössten Hitzeinseln der Stadt.

Das Projektteam hat in den letzten zwei Jahren in der ganzen Stadt Freiburg Temperaturmessungen durchgeführt und daraus eine Wärmekarte erstellt. Wenig überraschend gehören zu den heissesten Gebieten der Bahnhofplatz oder eben die Bluefactory.

Wärmekarte Grafik.
Legende: So heiss ist die Stadt Freiburg: Aus den Temperaturmessungen wurde eine Wärmekarte erstellt. ZVG

«Mit dem Pavillon wollen wir vor Ort in einem Hitzegebiet zeigen, wie viel kleine Massnahmen konkret bewirken können», sagt der Projektleiter und Physiker Marc Vonlanthen. Die Erkenntnisse sollen auch bei der Freiburger Raumplanung einfliessen.

Der Pavillon

Der Pavillon besteht aus einer Holzstruktur mit offenen Wänden. Das Dach ist mit Pflanzen begrünt und so gebaut, dass kühle Luft ins Innere des Pavillons abfliessen kann. Im Innern gibt es Sitzbänke, gefüllt mit einem Wasser-Salz-Gemisch, welches am Tag Wärme aufnehmen und in der Nacht wieder abgeben kann. So kühlt sich die Bank quasi selbst.

Pavillon
Legende: Im Innern dieses Pavillons ist es dank Massnahmen rund fünf Grad kühler als ausserhalb – trotz offenen Wänden. Oliver Kempa/SRF

Ausserdem verfügt der Pavillon über einen Tank, der Regenwasser speichert und über einen Verdunster abgeben kann. Die nötigen Wasserpumpen werden durch Fotovoltaik-Panels auf dem Dach mit Strom versorgt. Alles zusammen sorgt trotz offenen Wänden im Inneren des Pavillons für rund 5 Grad tiefere Temperaturen als ausserhalb.

Mit Infrarot-Sensoren misst das Forscherteam nun die genauen Auswirkungen jeder einzelnen Massnahme. «Wir wollen zeigen, dass es funktioniert und wir die Hitze auch draussen deutlich reduzieren können», sagt Marc Vonlanthen. Und der Architekt Matias Cesari fügt an: «Es handelt sich zwar bei den Installationen um Prototypen. Aber die physikalischen Prinzipien dahinter können auch beim Bau von neuen Gebäuden interessant sein». Begrünte Flachdächer würden in den Städten viel zu einem angenehmeren Klima beitragen.

Dach des Pavillons.
Legende: Dank Photovoltaikanlagen funktioniert im Inneren des Pavillons eine Wasserpumpe. Oliver Kempa/SRF

Das Projekt hat auch das Interesse der Stadt Freiburg geweckt. «Wir wollen die Erkenntnisse in Zukunft vermehrt bei unseren Bauprojekten einbringen», sagt die zuständige Gemeinderätin Andrea Burgener Woeffray. Konkret wolle man etwa bei der geplanten Umgestaltung des Bahnhofplatzes deutlich mehr Bäume anpflanzen, welche die Luft kühlen. Ausserdem soll ein Brunnen für erfrischende Feuchtigkeit sorgen. Und bei den Baumaterialien werden helle Farben eingesetzt, um die Hitze zu reduzieren.

Was bringen die Massnahmen in den Städten?

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Porträt
Legende: zvg/Stefan Brönnimann

Die Städte versuchen mit verschiedenen Massnahmen, die Hitzeinseln im Sommer zu bekämpfen. Auch Architekten, Klimatologinnen und Ingenieure kümmern sich ums Thema. Im Gespräch ordnet der Berner Klimatologe Stefan Brönnimann die Möglichkeiten ein.

SRF News: Die Stadt Freiburg stellt zusammen mit einer Hochschule eine Bank vor, die dank eines Salz-Wasser-Gemischs kühlend wirkt. Oder eine Hauswand, welche mittels Keramikbehälter gekühlt wird. Sind das nur Tüfteleien oder tatsächlich brauchbare Lösungsansätze?

Stefan Brönnimann: Das reicht noch nicht, um Hitzeinseln in den Städten zu beseitigen, aber es ist natürlich wichtig, dass jede Person versucht, das eigenen Umfeld so zu gestalten, dass es einem wohl ist. Mit solchen Massnahmen kann man den individuellen Komfort sicher erhöhen.

Was besser wirkt, sind grosse Parks. Forschende haben herausgefunden, dass eine Fläche ab 1 Hektar mit Bäumen und Büschen besonders gut wirkt. In unseren Innenstädten lassen sich solche Parkanlagen aber nur schwer realisieren …

Ja, in geschützten Altstädten lassen sich solche Anlagen natürlich nicht realisieren. Aber es gibt schon Massnahmen, die vielleicht etwas kleiner sind, zusammen aber eine ansehnliche Wirkung erzielen. Kombiniert man zum Beispiel begrünte Dächer mit einem Innenhof, der über Bäume verfügt, erreicht man schon relativ viel. Eine Vielzahl solcher Massnahmen ist der Weg, um die Städte zu kühlen.

Als wirkungsvoll gilt auch, wenn die Häuser Korridore bilden, wo frische, kühlere Luft aus dem Umland der Städte in die Ballungsräume fliessen kann. Aber auch das lässt sich nur schwer realisieren. Wie realistisch sind solche grossen Anpassungen im Stadtbild?

Das ist aus Sicht der Klimaforschung ein ganz ein wichtiges Thema. Wenn es um die Planung grösserer Gebäudekomplexe und Überbauungen geht, muss man das im Kopf haben. Natürlich ist es nicht realistisch, dass man Gebäudes abreisst, nur weil sie wegen des Kaltluftabfluss falsch stehen. Aber dass man solche Dinge in künftigen Planungen berücksichtigt, ist sehr wichtig, denn es besteht dringender Handlungsbedarf.

Warum drängt das Thema so?

Die Bedingungen, die wir im Moment haben in den Städten, sind so, dass wir noch nicht wahnsinnig viel Tropennächte haben, bei denen sich der menschliche Körper nicht mehr erholen kann. Aber: Wir sind wegen der Klimaerwärmung an einer Schwelle, wo sich diese Nächte häufen werden. Deshalb gilt es, jetzt zu handeln.

Das Gespräch führte Thomas Pressmann.

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 17:30 Uhr ; 

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