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Solarpanel und am Himmel eine blendende Sonne.
Legende: Viel Sonne ist gut, viel Hitze nicht: Sonnenkraftwerk in Mont-Soleil bei Saint-Imier (BE). Keystone

Heisser Sommer Mehr Solarstrom dank der Hitze? Falsch gedacht!

Statt von den heissen Temperaturen zu profitieren, leidet die Leistung von Solarpanels.

Renato Nüesch kennt sich in Sachen Solarstrom aus. Er berät die Umweltarena in Spreitenbach (AG), bekannt für ihre Veranstaltungen über Nachhaltigkeit und erneuerbare Energien. An so heissen Tagen, wie in diesem Sommer, wundert sich aber auch der Experte: Auf dem über 5000 m2 grossen Solardach leiden die Solarmodule. Zwar liefern sie dank strahlendem Sonnenschein den ganzen Tag Strom – ihr Wirkungsgrad aber nimmt unter den hohen Temperaturen ab.

«Wir haben die Daten vom 12. Juli. Da war es 22 Grad warm und vergleichen sie mit dem 31. Juli. Da war es 30 Grad warm. Zwei Tage wolkenlos, voller Sonnenschein! Und doch haben wir am 31. Juli weniger Solarstrom produziert», sagt Nüesch.

Viel Sonne, aber kühlere Temperaturen nötig

Woran liegt das? Hartmut Nussbaumer, Leiter der Fachgruppe Fotovoltaik der ZHAW erklärt: Solarmodule erreichen ihre Leistungsspitze bei viel Sonne – aber auch nur bei kühleren Temperaturen.

«Bei höherer Temperatur reduziert sich im Wesentlichen die Spannung der Solarzelle. Das hängt damit zusammen, dass sich die Eigenschaften des Kerns der Solarzelle verändern», erklärt er. Damit entstehe bei gleicher Sonneneinstrahlung ein niedrigerer Wirkungsgrad: «Die Leistung verringert sich, weniger Strom als eigentlich möglich wird produziert.»

Es gelten also physikalische Gründe und die Formel: Je kühler desto besser. Die Nennleistung von Solarmodulen wird nämlich bei 25°C gemessen. So schafft ein Modul mit 300 W Nennleistung bei starker Sonneneinstrahlung und Hitze nur noch 260 Watt, also fast 14 Prozent weniger Leistung, nämlich wenn sich das Silizium auf bis zu 70°C aufheizt.

Energieeffizienz wird nicht infrage gestellt

Solaranlagen produzieren heute rund drei Prozent des Stroms in der Schweiz: 1900 Gigawattstunden für die Versorgung von über 450'000 Haushalten. Das ist zwar noch viel weniger als beim Nachbarn Deutschland. Doch die Produktion nimmt von Jahr zu Jahr zu. Heisse Sommer, wie dieses Jahr, würden die Energieeffizienz von Solarzellen nicht infrage stellen. Das sagt David Stickelberger von Branchenverband Swissolar.

«Wir verwenden dieselben Solarzellen, die in den Arabischen Emiraten oder in Südspanien installiert werden. Das ist immer noch die beste marktverträgliche Technologie», ist Stickelberger überzeugt. «Die zehn Grad mehr Temperatur, die uns dieser Sommer an manchen Tagen beschert, wird insgesamt für einen Produktionsrückgang von vier Prozent sorgen.»

Auch andere Stromarten betroffen

Dennoch – vom Rekordsommer profitieren kann die Solarindustrie nur bedingt. Doch die Anhänger von Solarpanels können sich trösten: Auch andere Stromarten werden in der Schweiz durch die Rekordhitze ausgebremst.

Das Atomkraftwerk Mühleberg produziert momentan weniger Strom: Wegen der hohen Temperatur der Aare, wurde die Leistung um 10 Prozent gedrosselt.

Und auch die Flusskraftwerke schaffen wegen der Wasserknappheit weniger. So produziert die Axpo im Kanton Aargau Ende Juli im Vergleich zu Ende Juni rund einen Viertel weniger Strom aus Wasserkraft.

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