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Herausgeklagte VBS-Akten Wie Maskenhändlerin Emix Druck aufs VBS machte

Die Maskenhändlerin Emix wehrte sich bis vor Bundesgericht gegen die Veröffentlichung dieser Dokumente. Doch vergeblich. Die Akten zeigen, wie Emix dem VBS hochwertige US-Masken anbot und dann Masken aus China lieferte.

«Wir brauchen noch heute die Zusage», drängte Maskenhändlerin Emix. Diese Mail vom 27. Februar 2020 hätte nie öffentlich werden sollen. Doch nach mehrjährigem Rechtsstreit hat Emix vor Bundesgericht verloren: SRF und der «Tages-Anzeiger» erhalten Zugang zum Beschaffungsdossier der Armee.

Auszug aus Mail
Legende: «Weltweit vergriffen» Emix bietet der Armee hochwertige Masken an, die «weltweit vergriffen» seien. Geliefert wurden sie nie. SRF

Ihr Millionengeschäft mit dem Bund fädelte Emix Ende Februar 2020 ein. Sie bot Top-Masken der US-Firma 3M an, die sonst weltweit vergriffen seien. Emix machte in der Mail ans VBS Druck: «Wir haben soeben eine verbindliche Bestellung vom deutschen Staat für die volle Menge von 2 Mio. Stk. erhalten. Wir haben den Bestand noch bis 14:00 Uhr für Sie reserviert, danach müssen wir eine Entscheidung treffen.»

Ob damals eine verbindliche Bestellung der deutschen Regierung vorlag, belegt Emix nicht. Man habe mehrere mündliche Kaufzusagen gehabt.

Auszug aus Mail
Legende: «Verbindliche Bestellung vom deutschen Staat» Emix behauptete gegenüber dem VBS, es läge eine Maskenbestellung der deutschen Regierung vor. SRF

Zwei Stunden Zeit für Kaufentscheid

Emix verlangte 8.90 Franken pro Maske. Die Armee musste innert zwei Stunden entscheiden und bestellte 50'000 Stück. Am Tag darauf in Deutschland: Die mittlerweile wegen Steuerhinterziehung zu Gefängnis verurteilte Emix-Vermittlerin Andrea Tandler nutzte ihre Kontakte in die bayerische Regierung.

Sie schrieb laut Untersuchungsbericht des Bayerischen Landtags in einer SMS-Nachricht: «Ein Freund von mir aus der Schweiz hat einen grossen Bestand an Atemschutzmasken (…) zu verkaufen. Es sind Masken von 3M mit Filter. Er hat ans Schweizer Militär und die Regierung gestern einen Grossteil verkauft und hat jetzt noch eine Million im Bestand.»

Kein Anbieter konnte 3M-Masken liefern.
Autor: Emix Einstige Maskenhändlerin

Weder die Schweiz noch Deutschland bekamen die versprochenen Masken des renommierten US-Herstellers 3M. Stattdessen lieferte Emix Masken aus China zum gleich hohen Preis. Ein «valabler Ersatz», schreibt Emix.

War das Angebot ein Bluff, um ins Geschäft zu kommen? Emix widerspricht SRF Investigativ: «Wie sich herausstellte, konnte kein einziger 3M-Masken-Anbieter, darunter auch reputable Healthcare-Grossisten, die versprochenen 3M-Masken wirklich liefern.» Die aus der Korrespondenz hervorgehende Dringlichkeit reflektiere den grossen Bedarf und das weltweit knappe Angebot an Masken.

Das schreibt Emix

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«Nach dem Ausfall der 3M-Masken konnte rasch für valablen Ersatz gesorgt werden, da Emix parallel eine Lieferkette für Masken aus China aufbaute. Emix lieferte dann auch erfolgreich Masken an zahlreiche Kunden in der Schweiz und in Deutschland. Emix war einer der wenigen Anbieter überhaupt, die rasch eine sehr hohe Zahl frisch produzierter Masken in angemessener Qualität und zu Marktpreisen beschaffen und zu den Kunden vor Ort liefern konnte, inkl. der damit verbundenen komplexen Transporte und Logistik. Grundsätzlich wurden damals keine spezifischen Masken-Marken nachgefragt, sondern es handelte sich um Gattungsbestellungen. Die chinesische Gattung KN95 galt FFP2 gleichgestellt. Punkto Zertifikate der Masken bestanden Ausnahmeregeln. Emix hat mit den Maskenlieferungen eine handelsübliche Marge erzielt.» 

Anmerkung der Redaktion: Das Anfang 2021 eingeleitete Strafverfahren der Zürcher Staatsanwaltschaft gegen die Verantwortlichen von Emix ist weiter hängig. Im Raum steht der Vorwurf von Wucherpreisen. Es gilt die Unschuldsvermutung. Anlass für verschiedene Medienberichte war die mangelhafte Qualität gewisser Emix-Masken. Beispielsweise in der Sendung Rundschau .

«Das VBS vertraute Emix offenbar völlig»

Das Masken-Dossier des VBS ist dünn. Es fehlen nötige Dokumente, um die Leistungsfähigkeit der Masken formal prüfen zu können. Das VBS begründet dies auf Anfrage mit der damaligen Notlage und einer Ausnahmeregelung im Beschaffungsgesetz.

«Das VBS vertraute Emix offenbar völlig», sagt Masken-Expertin Margit Widmann nach Sichtung der Akten. Sie ist spezialisiert auf das Inverkehrbringen von Medizinprodukten und persönlicher Schutzausrüstung. «Die Korrespondenz zwischen VBS und Emix dreht sich vor allem um Stückzahlen und Lieferzeit, nicht aber um die Qualität der Masken.» Dem wichtigsten Kriterium, um die Gefahr der Ansteckung zu reduzieren.

Mailauszug
Legende: «Lager für die Zukunft ausreichend füttern» Emix warnte vor einem Anstieg an Infektionen und empfahl dem VBS, sich mit Masken einzudecken. SRF

«Lager ausreichend füttern»

Emix sei die einzige Anbieterin gewesen, die keine Vorauszahlung verlangt habe und die Lieferkriterien erfüllen konnte, schreibt das VBS. Es bestellte innert drei Wochen Masken für über 22 Millionen Franken.

Die Geschäfte liefen gut für Emix. Die Firma prahlte in einer Mail: «Insgesamt haben wir im Monat April über 20 der grössten Frachtflugzeuge der Welt gechartert.» Angesichts steigender Infektionszahlen «sollte man die Lager für die Zukunft ausreichend füttern». Die Armee befolgte den Rat und «fütterte» die Lager. Ohne genaueres Hinsehen.

Langer Rechtsstreit um Dokumente

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SRF und der Tages-Anzeiger haben beim VBS unabhängig voneinander Einsicht in das Masken-Beschaffungsdossier ersucht. Dabei stützten sie sich auf das Öffentlichkeitsgesetz. Dieses besagt, dass behördliche Dokumente – abgesehen von definierten Ausnahmen – der Öffentlichkeit zugänglich sein müssen. Im Mai 2021 empfahl der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte der Armee, den Medienhäusern Einsicht zu gewähren. Dagegen erhob die Maskenhändlerin Emix Beschwerde. Das Bundesverwaltungsgericht lehnte diese im Januar 2023 ab. Emix zog weiter ans Bundesgericht. Dieses hat nun den Redaktionen recht gegeben. Auf den Vorwurf, die Berichterstattung behindert zu haben, schreibt die einstige Maskenhändlerin: «Emix hatte auf Empfehlung ihrer Anwälte ihr legitimes Recht wahrgenommen, gegen die Freigabe von Dokumenten, die Teil eines laufenden Verfahrens sind, Einsprache zu erheben. Dies erfolgte gerade auch vor dem Hintergrund der Vorverurteilung und wiederholten Falschberichterstattung in gewissen Medien.» 

Echo der Zeit, 22.05.2024, 18 Uhr

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