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Herdenschutz auf der Alp Aufrüstung oder Kapitulation: Der Wolf fordert die Älpler

Wärmebildkameras und Böller sollen Schafherden besser schützen. Doch der Herdenschutz kommt an seine Grenzen.

So klein der Container, so gross sind die Hoffnungen, hoch oben auf der Alp Lavaz im Lukmaniergebiet, wo 900 Schafe den Sommer verbringen. Mit dem nach oben geflogenen Container erspart sich der Schafhirt fast eine Stunde Fussmarsch von der eigentlichen Alphütte aus. Er kann nahe bei der Herde bleiben und diese kompakter führen. Gerade bei schlechtem Wetter – erst recht, wenn Wölfe in der Nähe sind.

Die Alp Lavaz liegt mitten im Gebiet des Stagias-Rudels, eines von sechs Wolfsrudeln in Graubünden. Schon vor dem Alpsommer haben Wölfe im Kanton fast 40 Nutztiere gerissen. Entsprechend gross ist die Anspannung, wenn es mit Hunderten von Schafen auf die Alp geht.

«Wir hatten im vergangenen Jahr schon am ersten Tag gerissene Schafe. Jahr für Jahr integrieren wir neue Instrumente für den Herdenschutz, damit es für den Hirten und für mich als Schafhalter erträglich bleibt und die psychische Belastung nicht zu gross ist», sagt der Pächter der Alp Lavaz Flurin Steiner.

Braucht es High Tech auf der Alp?

Auf der Alp Lavaz kommen die Schafe abends in einen Nachtpferch, rund um die Uhr bewacht von vier Herdenschutzhunden. Der Pächter hat aber noch weiteres Material bestellt: eine Wärmebildkamera, mit der die Herde bei Nebel besser zusammengehalten werden kann; und Böller, um den Wolf zu vergrämen. Denn im vergangenen Jahr kam es einmal auch zu einer direkten Begegnung des Hirten mit dem Wolf.

Auch für solche Instrumente hat der Bund im Mai zusätzliche 5.7 Millionen Franken als Sofortmassnahme für den Alpsommer zur Verfügung gestellt. Hightech auf der Alp – ist das die Zukunft? Rebekka Reichlin, die Mediensprecherin des Bundesamts für Umwelt, ordnet im Gespräch mit SRF-Bundeshauskorrespondentin Nathalie Christen ein: «Es geht um Massnahmen, die die Kantone rasch umsetzen können, damit man den Herdenschutz auf mehr Alpen ausdehnen kann. Dazu gehören eine kompakte Herdenführung, Zäune, Hirtinnen und Hirten und Schutzhunde. Und dann können technische Hilfsmittel zusätzlich auch noch etwas dazu beitragen. Es ist aber klar, dass man niemals alle Schäden verhindern kann.»

Kein Thema ist in diesem Sommer eine Regulation der Wolfsbestände durch präventive Abschüsse, wie sie von vielen Stimmen im Berggebiet lautstark gefordert wird. Eine Anpassung des Jagdgesetzes wird derzeit aber von den eidgenössischen Räten vorbereitet.

Wenn der Wolf Felswände überwindet

Das Gras ist grün und saftig – doch die Alp ist leer und die Hütte verlassen. Kein Vergleich zum vergangenen Sommer, als 300 Schafe auf der Alp Frisal den Sommer verbrachten. Die Alp ist steil und stotzig, von schroffen Felswänden eingeschlossen. Die Elektrozäune müssen teilweise in den Felsen verankert werden.

Der Aufstieg zur Alp Frisal oberhalb von Breil/Brigels GR ist steil, auch für den Alpmeister und Bauern Marcel Albin.
Legende: Der Aufstieg zur Alp Frisal oberhalb von Breil/Brigels GR ist steil, auch für den Alpmeister und Bauern Marcel Albin. SRF

Doch es gebe Stellen, wo man unmöglich Zäune aufstellen könne, erklärt der Alpmeister Marcel Albin aus Breil/Brigels. Als es der Wolf im vergangenen Sommer mehrmals geschafft habe, sogar eine Felswand zu überwinden, um in die Alp einzudringen und Schafe zu reissen, habe man schliesslich kapituliert.

Schweiz Aktuell, 21.6.22, 19:00 Uhr ; 

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