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Schweizer Hightech-Bestrahlung für nationale und internationale Tumor-Patientinnen und -Patienten
Aus Regionaljournal Aargau Solothurn vom 17.11.2020. Bild: Keystone
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Hightech-Krebstherapie Griechenland-Lausanne-Villigen-retour für eine Krebsbestrahlung

Das Paul Scherrer Institut Villigen bestrahlt Augentumore mit Protonenstrahlen. Das nutzen Patienten aus ganz Europa.

Das Paul Scherrer Institut (PSI) in Villigen, im Norden des Aargaus, ist das grösste Forschungsinstitut für Natur- und Ingenieurwissenschaften in der Schweiz. Hier wird Spitzenforschung in den Bereichen Materie, Energie und Umwelt sowie Gesundheit betrieben. Es steht aber auch für Spitzenmedizin. Im PSI lassen sich pro Jahr zirka 350 Krebspatienten aus aller Welt wegen eines Tumors behandeln, ein Drittel davon sind Kinder. International bekannt ist besonders das Geschäft mit der Bestrahlung von Augentumoren via Protonentherapie.

Protonenstrahlen gegen Augentumore

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  • Das Aargauer Paul Scherrer Institut betreibt Forschung und angewandte Medizin. Hier arbeiten 2100 Personen, das Jahresbudget von 400 Millionen Franken wird grösstenteils vom Bund finanziert. Medizinisch bekannt ist das PSI für die Protonenbestrahlung.
  • Protonen treffen ihr Ziel bei der Bestrahlung millimetergenau. Das macht sie zum passenden Werkzeug für den Einsatz am Auge, denn jeder zu viel bestrahlte Millimeter bedeutet ein Stück Sehverlust.
  • Die Therapie ist ungefähr doppelt so teuer wie die herkömmliche Krebsbestrahlung und wird von der Krankenkasse übernommen. Bis jetzt lassen sich Augentumore, Hirntumore oder spezielle Wirbelsäulen-Tumore so behandelt.
  • 350 Patientinnen und Patienten, die die Protonentherapie nutzen, zählt das PSI pro Jahr. 200 davon lassen sich wegen Augentumoren behandeln. Es sollen noch mehr werden.
  • Eine Protonenanlage braucht sehr viel Platz, deshalb findet die Therapie nicht im Spital, sondern im PSI Villigen statt. Es gibt unterdessen in Heidelberg (D) ein Spital, das direkt an eine Protonenanlage angeschlossen ist. In der engen Schweiz ist dies eher schwierig.

Protonen statt «normale» Bestrahlung

Das Besondere an der Behandlung: Protonen bleiben – anders als bei der herkömmlichen Photonen-Krebs-Bestrahlung – im Tumor «stecken», treffen also das gesunde Gewebe nicht. Deshalb sind sie für Tumore von Kindern besonders geeignet. Oder bei Augentumoren, da sie den Sehnerv bleibt nicht beschädigen.

Viele Patienten schätzen es, dass es hier nicht wie im Spital ist
Autor: Barbara Bachtiary Dr. med./Radio-Onkolgin PSI Villigen

Die Strahlen können exakt gebündelt werden und zerstören so den Tumor. Dafür braucht es eine grosse Hightech-Anlage, die kaum neben einem bestehenden Spital Platz findet. Deshalb muss man als Patient nach Villigen reisen, mitten aufs Forschungsgelände. «Viele Patienten schätzen es, dass es hier klein und persönlich und nicht wie im Spital ist», sagt Radio-Onkologin Barbara Bachtiary.

Gebäude
Legende: Auf dem grossen Campus fast schon unscheinbar: Hier werden Krebspatienten mit Protonenstrahlen behandelt. zvg/PSI Villigen

Weltbekannt, ausser in der Region?

«Das PSI hat einen Weltruf, was die Protonentherapie angeht. Hier wurde die Technik fundamental weiterentwickelt. Der Protonenstrahl lässt sich am PSI ganz dünn machen, damit der Tumor wie mit einem spitzen Bleistift – Punkt für Punkt – getroffen wird», erklärt Bachtiary den Prozess.

Das PSI hat einen Weltruf.
Autor: Barbara Bachtiary Dr. med. / Radio-Onkologin PSI Villigen

Doch wer nicht Krebspatient ist, dem ist die Hightech-Therapie aus Villigen eher unbekannt. Radio-Onkologin Bachtiary stammt aus Wien und wohnt in der Nähe, in Bad Zurzach. Selbst hier sei vielen Nachbarn unklar, was in Villigen genau passiere.

Kinderabteilung
Legende: Ein Drittel der Protonentherapie-Patienten sind Kinder. Das PSI Villigen arbeitet eng mit dem Kinderspital Zürich zusammen. SRF

Viele Patienten aus dem Süden

Für die Augentumor-Behandlung kommt die Mehrheit der Patientinnen aus dem Ausland. Überwiesen werden sie durch eine ausländische Augenklinik.

Wir haben viele europäische Patienten aus Südländern, aus Italien zum Beispiel.
Autor: Barbara Bachtiary Dr. med./Radio-Onkologin PSI Villigen

«Wir haben viele Patienten aus Südländern wie Italien oder Griechenland. Sie kommen speziell wegen Augentumoren, den Melanomen. Diese entstehen normalerweise auf der Haut können aber auch in den Augen wachsen. Weil Menschen in den südlichen Ländern mit viel Sonnenlicht leben, haben sie eine grössere Neigung, diese Augentumore zu entwickeln», erklärt die Radio-Onkologin.

Optis
Legende: Abteilung Optis: Hier sitzen die Patienten, die Augentumore bestrahlen lassen. Der Roboter-Stuhl kann sie exakt platzieren. zvg/PSI Villigen

Griechenland-Lausanne-Villigen

Patientinnen absolvieren eine «Tour de Suisse», nach Lausanne (VD), dann nach Villigen (AG) und wieder zurück ins Heimatland. Knapp zwei Wochen dauert die ganze Behandlung. Gestartet wird in der Jules-Gonin-Augenklinik in Lausanne. Hier werden Metall-Clips an den Tumor operiert. So wissen die Fachleute am PSI in Villigen genau, wo der kleine Tumor liegt und können ihn punktgenau bestrahlen.

Augenklinik
Legende: Der Eingang zur Jules-Gonin-Augenklinik in Lausanne. Scanderbeg Sauer Photography

Aufwändige Logistik nötig

Die «Tour de Suisse» braucht Organisation: Flüge in die Schweiz, Transporte zum PSI und Zimmer in den Hotels der Region Villigen.

Die lokale Heilungs-Quote der Augentumore liegt bei 98 Prozent.
Autor: Barbara Bachtiary Dr. med./Radio-Onkologin PSI Villigen

Das lohne sich, ist Radio-Onkologin Barbara Bachtiary überzeugt: «Die lokale Heilungs-Quote liegt bei 98 Prozent». Lokal deshalb, weil Ableger des Tumors nicht ausgeschlossen werden können. Das treffe zirka 30 Prozent der Augentumor-Patienten.

Momentan überlegen sich die Zuständigen, die Anlagen am PSI noch mehr auszulasten, nebst Augen- und Hirntumoren auch Lungentumore behandeln zu können.

Ausbau der Protonentherapie in der Schweiz?

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Legende: SRF
  • Momentan sei das PSI gut ausgelastet, heisst es von den Zuständigen. Gerade bei den Augentumoren. Bei der Behandlung anderer Tumore habe man noch Kapazitäten. Momentan läuft eine Studie (unter anderem mit Beteiligung des PSI und des Kantonsspitals Aarau), die untersucht, ob man nicht auch Lungentumore mit Protonen zerstören könnte.
  • Belegt die Studie die Wirksamkeit, könnte das PSI das Behandlungsfeld noch erweitern. Die Krankenkassen würden dann auch diese Art von Bestrahlung finanzieren.
  • Das PSI Villigen arbeitet unterdessen auch mit ausländischen Spitälern zusammen, mit Spitälern in Innsbruck (Ö) und Essen (D). Diese überweisen ihre Patienten auch in den Aargau, für ein Protonentherapie.

Regionaljournal Aargau Solothurun, 18.11.2020, 17:30 Uhr

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