Das Paul Scherrer Institut (PSI) in Villigen, im Norden des Aargaus, ist das grösste Forschungsinstitut für Natur- und Ingenieurwissenschaften in der Schweiz. Hier wird Spitzenforschung in den Bereichen Materie, Energie und Umwelt sowie Gesundheit betrieben. Es steht aber auch für Spitzenmedizin. Im PSI lassen sich pro Jahr zirka 350 Krebspatienten aus aller Welt wegen eines Tumors behandeln, ein Drittel davon sind Kinder. International bekannt ist besonders das Geschäft mit der Bestrahlung von Augentumoren via Protonentherapie.
Protonen statt «normale» Bestrahlung
Das Besondere an der Behandlung: Protonen bleiben – anders als bei der herkömmlichen Photonen-Krebs-Bestrahlung – im Tumor «stecken», treffen also das gesunde Gewebe nicht. Deshalb sind sie für Tumore von Kindern besonders geeignet. Oder bei Augentumoren, da sie den Sehnerv bleibt nicht beschädigen.
Viele Patienten schätzen es, dass es hier nicht wie im Spital ist
Die Strahlen können exakt gebündelt werden und zerstören so den Tumor. Dafür braucht es eine grosse Hightech-Anlage, die kaum neben einem bestehenden Spital Platz findet. Deshalb muss man als Patient nach Villigen reisen, mitten aufs Forschungsgelände. «Viele Patienten schätzen es, dass es hier klein und persönlich und nicht wie im Spital ist», sagt Radio-Onkologin Barbara Bachtiary.
Weltbekannt, ausser in der Region?
«Das PSI hat einen Weltruf, was die Protonentherapie angeht. Hier wurde die Technik fundamental weiterentwickelt. Der Protonenstrahl lässt sich am PSI ganz dünn machen, damit der Tumor wie mit einem spitzen Bleistift – Punkt für Punkt – getroffen wird», erklärt Bachtiary den Prozess.
Das PSI hat einen Weltruf.
Doch wer nicht Krebspatient ist, dem ist die Hightech-Therapie aus Villigen eher unbekannt. Radio-Onkologin Bachtiary stammt aus Wien und wohnt in der Nähe, in Bad Zurzach. Selbst hier sei vielen Nachbarn unklar, was in Villigen genau passiere.
Viele Patienten aus dem Süden
Für die Augentumor-Behandlung kommt die Mehrheit der Patientinnen aus dem Ausland. Überwiesen werden sie durch eine ausländische Augenklinik.
Wir haben viele europäische Patienten aus Südländern, aus Italien zum Beispiel.
«Wir haben viele Patienten aus Südländern wie Italien oder Griechenland. Sie kommen speziell wegen Augentumoren, den Melanomen. Diese entstehen normalerweise auf der Haut können aber auch in den Augen wachsen. Weil Menschen in den südlichen Ländern mit viel Sonnenlicht leben, haben sie eine grössere Neigung, diese Augentumore zu entwickeln», erklärt die Radio-Onkologin.
Griechenland-Lausanne-Villigen
Patientinnen absolvieren eine «Tour de Suisse», nach Lausanne (VD), dann nach Villigen (AG) und wieder zurück ins Heimatland. Knapp zwei Wochen dauert die ganze Behandlung. Gestartet wird in der Jules-Gonin-Augenklinik in Lausanne. Hier werden Metall-Clips an den Tumor operiert. So wissen die Fachleute am PSI in Villigen genau, wo der kleine Tumor liegt und können ihn punktgenau bestrahlen.
Aufwändige Logistik nötig
Die «Tour de Suisse» braucht Organisation: Flüge in die Schweiz, Transporte zum PSI und Zimmer in den Hotels der Region Villigen.
Die lokale Heilungs-Quote der Augentumore liegt bei 98 Prozent.
Das lohne sich, ist Radio-Onkologin Barbara Bachtiary überzeugt: «Die lokale Heilungs-Quote liegt bei 98 Prozent». Lokal deshalb, weil Ableger des Tumors nicht ausgeschlossen werden können. Das treffe zirka 30 Prozent der Augentumor-Patienten.
Momentan überlegen sich die Zuständigen, die Anlagen am PSI noch mehr auszulasten, nebst Augen- und Hirntumoren auch Lungentumore behandeln zu können.