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Eine Pflegende hält einem älteren Mann auf einem Bett die Hand.
Legende: Mehr Mitsprache bei der Behandlung: Das neue ärtztliche Gelöbnis hebt die Autonomie des Patienten stärker hervor. Imago
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Hippokratischer Eid angepasst Spielt das Ärztegelöbnis überhaupt noch eine Rolle?

Der Eid ist über 2000 Jahre alt. Jetzt hat ihn der Weltärztebund modernisiert – nicht zum ersten Mal.

Ärztinnen und Ärzte sollen dazu verpflichtet werden, ihr medizinisches Wissen vermehrt mit ihren Kollegen zu teilen, und den Patienten mehr Autonomie zu geben: Das steht in der neuen Fassung des hippokratischen Eides, dem sogenannten Genfer Gelöbnis.

Ein zerfetztes Stück mit schwarzer, griechischer Schrift.
Legende: Hat heute noch Wirkung: Der über 2300 Jahre alte Papyrus mit dem griechischen Eid. ZVK

Nicht von Hippokrates

Es ist nicht das erste Mal, dass der Eid überarbeitet und der Zeit angepasst worden ist. Der Streit über seine Auslegung dauert nun schon 2300 Jahre. Vom berühmten griechischen Arzt Hippokrates stammt die Sammlung von Anweisungen an Ärzte gemäss heutiger Forschung allerdings sicher nicht.

Der Weltärztebund rechnet damit, dass die neue Fassung des Eids weltweit als ethischer Kodex für alle Ärzte anerkannt wird. Man darf sich aber keine falschen Vorstellungen machen: Der berühmte Eid legt heute nur noch die Grundlagen. Im modernen Medizinbetrieb beruft sich kaum mehr jemand direkt auf den hippokratischen Eid.

Der hippokratische Eid

Der Eid geht auf ein Manuskript in griechischer Sprache zurück, das nach dem Arzt Hippokrates von Kos (460 bis 370 v.Chr) benannt wurde. Nach heutigem Forschungsstand reicht der Eid noch weiter zurück. Er gilt als erste grundlegende ethische Anweisung für Ärzte.
Die Ärzte von heute berufen sich allerdings nicht mehr direkt auf den Ursprungstext, sondern auf das sogenannte Genfer Gelöbnis, das der Weltärztebund 1948 verabschiedet hat. Es basiert auf dem antiken Manuskript, hat aber keine religiösen Bezüge mehr.
Das Genfer Gelöbnis wurde mehrmals revidiert. Zuletzt im Jahr 2006. In vielen Ländern ist es Teil der ärztlichen Berufsordnung, nicht aber in der Schweiz.

Angehende Ärztinnen und Ärzte in der Schweiz schwören keinen Eid. An amerikanischen Universitäten ist der Schwur eher verbreitet. Viel wichtiger sind andere ethische Richtlinien – hierzulande etwa Standesordnungen der Ärzte oder die Richtlinien der Schweizerischen Akademie der medizinischen Wissenschaften.

Immer mehr ethische Gratwanderungen

Ethische Fragen sind brennender denn je, sowohl in der medizinischen Forschung wie auch in der Praxis. Da helfen die Anweisungen des hippokratischen Eides oft nicht weiter – etwa wenn es darum geht, wie weit man gehen soll, um einem Paar den Kinderwunsch zu erfüllen, oder unter welchen Umständen es vertretbar ist, eine Beatmungsmaschine abzustellen.

Diese Fragen werden in der Schweiz in der nationalen Ethikkommission diskutiert, und von der Politik oder der Bevölkerung mitentschieden.

Operieren für die Spitalkasse

Aber auch die Ärzte selber werden vermehrt von ethischen Fragen umgetrieben. Zurzeit macht ihnen insbesondere die Ökonomisierung der Medizin zu schaffen.

Es gibt zum Beispiel immer mehr Operationen, die nicht zum Wohl des Patienten, sondern zum Wohl der Spitalkasse durchgeführt werden. Dagegen wehren sich namhafte Ethiker und Mediziner jetzt mit einem sogenannten Schweizer Eid. Grosse Ärztevereinigungen haben sich ihm bereits angeschlossen.

Die Erneuerung des hippokratischen Eides spielt in diesem Gesamtbild also nur eine kleine Rolle. Er bildet eine historisch gewachsene Grundlage – mehr ist er nicht.

Neufassung des Genfer Gelöbnisses*

As a member of the medical profession:
I solemnly pledge to dedicate my life to the service of humanity
The health and well-being of my patient will be my first consideration
I will respect the autonomy and dignity of my patient
I will maintain the utmost respect for human life
I will not permit considerations of age, disease or disability, creed, ethnic origin, gender, nationality, political affiliation, race, sexual orientation, social standing or any other factor to intervene between my duty and my patient
I will respect the secrets that are confided in me, even after the patient has died
I will practise my profession with conscience and dignity and in accordance with good medical practice
I will foster the honour and noble traditions of the medical profession
I will give to my teachers, colleagues, and students the respect and gratitude that is their due
I will share my medical knowledge for the benefit of the patient and the advancement of healthcare
I will attend to my own health, well-being, and abilities in order to provide care of the highest standard
I will not use my medical knowledge to violate human rights and civil liberties, even under threat
I make these promises solemnly, freely and upon my honour.
* Die deutsche Übersetzung der Neufassung ist laut Weltärztebund noch in Arbeit. Danach müssen sie die deutschsprachigen Ländern noch absegnen.
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