Das nächste Kapitel im Windpark-Streit von Thundorf (TG) ist geschrieben. Am Donnerstagabend stimmte eine Mehrheit der Stimmbevölkerung für einen Mindestabstand von 850 Metern von Windkraftanlagen zum Siedlungsgebiet. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu einem exemplarischen Knatsch, wie es ihn punkto Energiezukunft öfter geben könnte.
Was wurde am Donnerstag in Thundorf entschieden? Die Versammlung stimmte mit 248 zu 171 Stimmen dem Mindestabstand von 850 Metern zu. Dabei geht es um Windkraftanlagen, die mindestens 50 Meter hoch sind. Die Debatte wurde auch im Saal ebenso hitzig geführt wie in den Wochen zuvor. Die ausserordentliche Gemeindeversammlung dauerte fast drei Stunden.
Wie kam es zu dieser ausserordentlichen Gemeindeversammlung? Im letzten Herbst sammelte der Verein Lebensqualität Wellenberg (VLQW) fast 500 Unterschriften für eine Initiative zur Revision der Bauvorschriften, wo ein Mindestabstand von Windturbinen zum Siedlungsgebiet explizit festgehalten wurde. Thundorf hat rund 1100 Stimmberechtigte, fast die Hälfte unterschrieb die Initiative.
Wer steht hinter dem Windpark-Projekt in Thundorf? Die Gemeinde Thundorf, der Kanton Thurgau sowie die Elektrizitätswerke Zürich (EKZ), die den Windpark in Thundorf planen. Es gibt auch Gruppierungen, die sich für den Windpark aussprechen, die sind in der Öffentlichkeit aber weniger in Erscheinung getreten als die Gegner.
Welche Auswirkungen hat das Ja zum Mindestabstand? Die Gemeinde hat nun den Auftrag, die Bauvorschriften entsprechend anzupassen. Das wirkt sich weiter aus auf die Pläne. Die EKZ präsentierte an der Gemeindeversammlung zusammen mit der Gemeinde und dem Kanton einen Gegenvorschlag, der nur noch sechs statt acht Windturbinen enthielt. So wäre der Abstand des Siedlungsgebiets zu den Anlagen von 460 auf über 600 Meter angewachsen.
Können nach diesem Entscheid überhaupt noch Windkraftanlagen gebaut werden? Das klären die EKZ aktuell ab. Nach dem Ja zu 850 Metern Mindestabstand verringert sich der potenzielle Platz für Windräder massiv. In Thundorf könnte so statt den geplanten sechs mutmasslich nur noch ein Windrad aufgestellt werden, höchstens zwei oder drei. Das würde laut den Planern nicht mehr rentieren.
Wie geht es jetzt weiter? Momentan ist das Projekt blockiert. In einem nächsten Schritt muss der Kanton darüber entscheiden, ob die Abstandsvorschrift überhaupt rechtens ist. Gemeindepräsident Daniel Kirchmeier betonte an der Versammlung: «Der Kanton wird die Abstandsregel nicht bewilligen.» Für den Bund sind zudem nicht die Abstände, sondern Lärmschutzvorgaben entscheidend.
Gibt es in der Schweiz ähnliche Fälle? Die Gemeinde Tramelan (BE) ergänzte ihr Baureglement um einen Mindestabstand für Windturbinen zum Wohngebiet. Diese Abstandsregelung bestätigte ein entsprechendes Bundesgerichtsurteil letztes Jahr. Im Berner Jura beträgt der Mindestabstand allerdings 500 Meter.