Zum Inhalt springen

Hochsicherheitslabor in Bern Hier wird mit lebenden Coronaviren gearbeitet

In Bern werden in einem Biosicherheitslabor Antworten auf Fragen der Coronapandemie gesucht.

Klar ist, SARS-CoV-2 richtet grossen Schaden an im menschlichen System. Welche Zellen aber wie angegriffen werden von den Viren, über das weiss man bisher nicht viel. In der Stadt Bern versucht ein Forschungsteam, mehr über die Langzeitfolgen für den Herz-Kreislauf herauszufinden. Dafür braucht es ein Biosicherheitslabor der Stufe 3, in dem für Experimente Coronaviren vermehrt werden.

Die verschiedenen Labor-Sicherheitsstufen

Box aufklappen Box zuklappen

Es gibt insgesamt vier Sicherheitsstufen, wobei 1 die niedrigste und 4 die höchste ist. Labore mit Stufe 3 – wie jenes in Bern – gibt es in der Schweiz gut 20. Stufe 4 hingegen gibt es nur vier Mal. Im Kanton Bern ist es das Labor in Spiez.

Der Unterschied: Im Spiezer Labor wird auch mit tödlichen Viren, gegen die es keine Medikamente gibt, gearbeitet. Zum Beispiel mit Ebola.

Das Labor liegt in der Stadt, im Sitem-Insel, dem neu gegründeten Zentrum für Translationale Medizin. Auf den ersten Blick sieht es hier nicht anders aus als in anderen Labors auch: Es gibt Mikroskope, Reagenzgläser, Petrischalen und Laptops, um die Bilder zu projizieren.

Doch der Weg ins Labor unterscheidet sich gewaltig. So leuchtet über jeder Tür ein grünes Licht – wechselt es auf Rot, gilt es, das Labor schnellstmöglich zu verlassen.

Das Labor innerhalb von Sitem-Insel, dem Schweizer Zentrum für Translationale Medizin.
Legende: Der Laborgang innerhalb von Sitem-Insel, dem Schweizer Zentrum für Translationale Medizin. Keystone

«Das Labor besteht aus verschiedenen Sicherheits-Schichten, wie bei einer Zwiebel», erklärt Kathrin Summermatter, Leiterin des Biosicherheitszentrums der Universität Bern. «Auch wenn eine Zwiebelschale durchbrochen wird, gibt es immer noch mehrere Schichten, die verhindern, dass das Virus in die Umwelt gelangt.»

Entnahme eines Sekundärbehälters aus der Aussenverpackung.
Legende: Mit Schutzanzügen und Hauben schützen sich die Forschenden vor den gefährlichen Viren. ZVG/Pascal Gugler

Eine weitere solche Schicht sind die Schutzanzüge, die in den Räumen getragen werden müssen. Mit Hauben, die die Luft filtern. Das verlangsamt das Arbeiten – bis zu 30 Prozent mehr Zeit müsse man einrechnen in einem Labor der Sicherheitsstufe 3, sagt Kathrin Summermatter.

Das Forschungsprojekt

Zwei Jahre lang forscht nun ein Berner Team an und mit Coronaviren. Dafür werden sie vom Nationalfonds mit zwei Millionen Franken unterstützt.

Ihr Ziel: Herausfinden, was genau die Auswirkungen einer Covid-Erkrankung auf die Gefässe und das Herz-Kreislaufsystem sind. Und wie man negative Folgen therapieren kann. Dafür vermehrt die Forschergruppe seit dieser Woche die Viren und testet sie dann an Zellen, und später auch an lebenden Tieren – dies ausserhalb des Biosicherheitslabors.

Arbeiten mit einer Hochrisikoprobe in der Glove-Box.
Legende: Arbeiten mit einer Hochrisikoprobe. ZVG/Pascal Gugler

«Wir vermengen die gesunden menschlichen und tierischen Zellen mit dem Coronavirus», erklärt Yvonne Döring, eine der Leiterinnen des Forschungsprojekts. Es gelte zu beobachten, ob sich die Zellen infizieren lassen und was dann mit ihnen passiere.

Unser Projekt ist sicher ein ambitioniertes.
Autor: Yvonne Döring Leiterin Forschungsprojekt

Nach den ersten Untersuchungen mit Zellen würden später auch Tierversuche stattfinden: mit Mäusen und Zebrafischen. Diese müssen – aufgrund der Bewilligung – in einem anderen Labor stattfinden.

Der Traum: Eine Therapie

Im Zusammenhang mit Covid-19 gäbe es viele bereits auf dem Markt erhältliche Medikamente, bei denen nun getestet wird, ob sie sich allenfalls für Coronainfizierte eignen. Laut Yvonne Döring gibt es da noch Nachholbedarf, was die Medikamente für Auswirkungen haben – zum Beispiel auf ungeborene Kinder. Das versuche man mit Tests an Zebrafischen herauszufinden. «Gerade bei schwangeren Frauen weiss man noch nicht, welche Medikamente sie einnehmen dürfen.»

Ein Gefäss unter dem Mikroskop.
Legende: Ein Gefäss unter dem Mikroskop. Keystone

Normalerweise dauere die Entwicklung eines Medikaments etwa zehn Jahre, erklärt Yvonne Döring. Schnell dürfe man also keine Resultate erwarten.

Das Team hat aber nur zwei Jahre Zeit – bis Ende Oktober 2022. Nur so lange erhält die Forscherinnengruppe Geld aus dem Nationalfonds. Man versuche nun vor allem «gute Vorarbeit» zu leisten, um dann damit wieder auf Geldsuche gehen zu können. «Es ist ein kompetitives Umfeld. Aber das sind wir uns in der Wissenschaft gewohnt.»

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 28.04.21, 06:31 / 17:30 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel