Es ist ein Jahrhundertprojekt für den Kanton Obwalden. Auf einer Länge von 6.5 Kilometern bohrt der Kanton einen Hochwasser-Entlastungsstollen zwischen Sachseln und Alpnach. Bei Hochwasser kann der Entlastungsstollen Wasser aus dem Sarnersee aufnehmen und ableiten. Das führt zu einer Entlastung für die Gemeinden im Sarneraatal – vor allem für den Hauptort Sarnen.
Das Projekt ist weit fortgeschritten. Mittlerweile sind im Stollen rund 80 Prozent der Gesamtstrecke ausgebrochen. Umso ärgerlicher war die Botschaft, die Baudirektor Josef Hess vor ein paar Wochen verkünden musste: «Die Bauarbeiten verzögern sich, wegen Wasser im Stollen kommt der Vortrieb im Tunnel nicht wie gewünscht voran. Das Projekt wird 64 Millionen Franken mehr kosten.»
«In den sauren Apfel beissen»
64 Millionen Franken – das ist viel Geld für einen kleinen Kanton wie Obwalden. Anstatt den budgetierten 115 Millionen Franken kostet der Hochwasserentlastungsstollen fast 180 Millionen. Um sich den Stollen leisten zu können, erhebt Obwalden seit einigen Jahren eine Sondersteuer für den Hochwasserschutz.
Nun hat das Kantonsparlament Obwalden den Zusatzkredit behandelt. Zähneknirschend sagte etwa Kantonsrat Marcel Durrer von der SVP: «Wir müssen in diesen sauren Apfel beissen und das Projekt zu einem guten Ende führen.» Es sei für den Schutz des Tals ein sehr wichtiges Projekt. «Gegen die Natur sind wir immer schwächer». Und auch Kantonsrat Reto Wallimann von der FDP stimmte am Schluss zu: «Es gibt eigentlich kein Zurück mehr. Die Arbeiten sind schon viel zu weit fortgeschritten. Da müssen wir durch.»
In der Tat ist ein Abbruch des Projekts praktisch nicht mehr möglich, wie Baudirektor Josef Hess (parteilos) sagt: «Wir haben bereits so viel investiert in diese Sache. Der Stollen kann erst genutzt werden, wenn er fertig ist. Wir müssen das Projekt zu Ende bringen und wir werden es zu Ende bringen.»
Aktuell beträgt der Wasserzufluss aber 400 statt 50 Liter pro Sekunde.
Bei einem Augenschein im Hochwasser-Entlastungsstollen zeigt Bauleiter Beat Ettlin, wo das Problem bei diesem Obwaldner Jahrhundertprojekt liegt: Das Wasser sprudelt in den Tunnel rein und das an Orten, wo es die Experten nicht erwartet hätten. Bauleiter Beat Ettlin: «Wir gingen im Tunnel von einer Restwassermenge von 50 Liter pro Sekunde aus. Aktuell beträgt der Wasserzufluss aber 400 Liter pro Sekunde.»
Die geologischen Verhältnisse im unterirdischen Tunnel seien sehr anspruchsvoll und immer wieder treten Störzonen auf. Derzeit gehen die Verantwortlichen davon aus, dass die Bauzeit rund zwei Jahre länger dauert - bis 2025 anstatt 2023.
«Mehr Personal, mehr Sicherungskosten»
Die längere Bauzeit ist auch der Hauptgrund für die immens höheren Kosten. Josef Hess: «Es ist eine Kettenreaktion: Der Wassereinbruch sorgt für Unterbrüche, dazu muss und eine aufwendige Wasserhaltung installiert werden». Das ganze Projekt brauche mehr Personal, mehr Material und mehr Sicherungsmittel.
Beim Thema Hochwasserschutz lohnt sich in Obwalden ein Blick zurück: Beim grossen Hochwasser im Jahre 2005 war Sarnen stark betroffen. Der ganze Dorfkern stand unter Wasser und es entstanden Schäden von einer Viertelmilliarde.
Und deshalb – so das Fazit im Kantonsrat: Ein funktionierender Hochwasserschutz kommt trotz Mehrkosten noch günstiger, als ein weiteres Grossereignis. Der Kantonsrat hat dem Zusatzkredit zähneknirschend zugestimmt.