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Massnahmen gegen hohe Gesundheitskosten
Aus Echo der Zeit vom 06.10.2022. Bild: Keystone/ CHRISTIAN BEUTLER
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Hohe Gesundheitskosten Viele Ideen zur Kostensenkung – doch bei der Umsetzung hapert es

Was tun gegen die weiter steigenden Gesundheitskosten und Krankenkassenprämien? Reformen gestalten sich schwierig.

Vor fünf Jahren hatte eine Expertengruppe fast 40 Massnahmen zusammengetragen, um die steigenden Kosten in der Grundversicherung zu dämpfen. Etwa die Hälfte der Vorschläge wurden oder werden noch dem Parlament vorgelegt.

Davon wurden fast zehn Vorschläge von beiden Kammern gutgeheissen, aber erst drei sind bis jetzt in Kraft. Beispielsweise erhalten Patientinnen und Patienten nun eine Rechnungskopie. Diese soll bei ihnen das Kostenbewusstsein stärken.

Viele kleine Schritte nötig

Das töne zwar nicht nach dem grossen Wurf, taktisch sei dieses Vorgehen jedoch geschickt, findet Gesundheitsökonom Tilman Slembeck. Er ist Wirtschaftsprofessor an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. «Es ist politisch klug, mit den kleinen Massnahmen anzufangen.» Im Paket mit vielen weiteren kleinen Massnahmen könnten sie durchaus eine Wirkung entfalten.

Es ist politisch klug, mit den kleinen Massnahmen anzufangen.
Autor: Tilman Slembeck Gesundheitsökonom ZHAW

Einen deutlicheren Spareffekt sieht Slembeck bei den weiteren Vorschlägen, die noch nicht im Parlament diskutiert worden sind. So sieht das sogenannte Massnahmenpaket 2 etwa vor, dass sich Ärztinnen, Therapeuten und Spitäler freiwillig in Netzwerken zusammenschliessen und so eine medizinische Betreuung aus einer Hand anbieten sollen.

Niemand will auf etwas verzichten

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Legende: Keystone/Alessandro Crinari

«Es ist klar, dass jene Massnahmen, die am meisten bringen würden, am schwierigsten umzusetzen sind», sagt Gesundheitsökonom Slembeck. Denn wenn viel gespart werde, verdiene schlussendlich jemand weniger, woran von den Akteuren eigentlich niemand ein Interesse habe. Deshalb brauche es viel Zeit und Geduld bei Reformen im Gesundheitswesen.

Die Machtverteilung im Schweizer Gesundheitssektor sei flach, so Slembeck weiter. Deshalb könne sich niemand durchsetzen und niemand wolle nachgeben. Alle Beteiligten hätten starke Interessenbindungen und würden gut verdienen am heutigen System. Letztlich seien nur die Prämienzahler interessiert an tieferen Kosten, aber sie hätten kaum Fürsprecher in der Politik. Es fehle der Druck auf die Beteiligten, sich endlich zusammenzuraufen.

Spürbare Massnahmen bisher chancenlos

Noch mehr erhofft sich Slembeck vom sogenannten Kostenziele-Projekt. Dabei sollen die Akteure festlegen, um wie viel ihre Kosten maximal wachsen dürfen. Diese Massnahme werde zu mehr Disziplin führen, ist Slembeck überzeugt.

Keine Chancen im Parlament hatten bisher Massnahmen, mit denen Kosten spürbar gedämpft werden könnten, etwa der Anreiz zur Verwendung von günstigeren Generika-Medikamenten.

Und um weitere Reformprojekte wird schon seit Jahren gerungen, wie das neue Tarifsystem Tardoc zur Abrechnung ambulanter Behandlungen oder dass Kosten für Routinebehandlungen nur noch mit einem einheitlichen Pauschalpreis abgegolten werden.

Umbau des Gesundheitswesens?

Ähnlich sieht das Gesundheitsökonom Willy Oggier. Doch von den Kostendämpfungsmassnahmen der Expertengruppe hält er nichts. Er spricht von «kaltem Kaffee oder Rohrkrepierern». Für Oggier stehen Sparmassnahmen nicht im Vordergrund.

Viel wichtiger wäre es seiner Meinung nach, über die künftigen Anforderungen an das Gesundheitswesen zu reden. Denn die alternde Bevölkerung brauche eine andere Versorgung. Deshalb plädiert Oggier für eine Umlagerung der Kosten, weg von den Spitalbehandlungen hin zu ambulanten Leistungen. Es gehe in Zukunft vermehrt um chronische Krankheiten wie Bluthochdruck oder Diabetes und weniger um Operationen.

Weniger Spitäler, mehr ambulante Behandlungen?

Dies ist auch politisch seit Jahren ein Thema. Doch die entsprechende Reform stecke fest, nicht zuletzt wegen des Widerstandes der Kantone, so Oggier. Seiner Meinung nach müsste man die Macht der Kantone einschränken. Denn sie hätten einen Interessenskonflikt und sie müssten sich entscheiden: Entweder das Gesundheitswesen planen oder Spitäler betreiben.

Die meisten der vorgeschlagenen Massnahmen sind entweder kalter Kaffee oder Rohrkrepierer.
Autor: Willy Oggier Gesundheitsökonom

Nach seinen Vorstellungen braucht es beispielsweise künftig weniger Universitätsspitäler. Das würde Mittel freimachen für die Verlagerung von teureren stationären zu ambulanten Behandlungen, die kostenmässig günstiger seien.

An Ideen für ein effizienteres Gesundheitssystem mangelt es nicht. Doch offenbar ist der Leidensdruck noch zu wenig hoch, um das System fundamental zu reformieren.

SRF 4 News, Echo der Zeit, 6.10.2022, 18:00 Uhr

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