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Hohe Kosten für Gesundheit Gesundheitswesen: Dem Ständerat fällt das Sparen schwer

  • Der Ständerat lehnt sowohl Maximalbudgets für Leistungserbringer wie auch ein Referenzpreissystem für Generika ab.
  • Mit beiden Massnahmen wollte der Bundesrat die Kosten im Gesundheitswesen senken.
  • Damit sind zwei wichtige Punkte des zweiten Pakets zur Kostensenkung im Gesundheitswesen definitiv vom Tisch.

Nachdem das Parlament ein erstes Paket mit weniger umstrittenen Massnahmen zu Kostensenkung im Gesundheitswesen schon beschlossen hat, erweist sich das zweite von drei Paketen als umstrittener.

Globalbudgets hatten schweren Stand

Der Bundesrat schlug einerseits eine Art Globalbudget vor. Die verschiedenen Leistungserbringer im Gesundheitswesen hätten Massnahmen zur Steuerung der Kosten ausarbeiten müssen.

Wäre das Budget ausgeschöpft gewesen, hätten Leistungen nicht mehr erbracht werden können. SP-Ständerätin Marina Carobbio Guscetti (TI) präzisierte: «Ziel ist es, ungerechtfertigte Kostensteigerung, die durch die Erbringung medizinisch nicht notwendiger Leistungen entstehen, zu verringern.»

Dagegen wehrte sich etwa FDP-Ständerat Damian Müller (LU). Er argumentierte aber nicht inhaltlich, sondern prozedural. Denn die Mitte-Partei hat eine Volksinitiative am Laufen, die etwas Ähnliches fordert.

Dieser dürfe man nun nicht vorgreifen: «Es ist nicht einzusehen, warum heute konkrete Umsetzungsmassnahmen beschlossen werden sollen, bevor überhaupt der Grundsatz diskutiert und entschieden worden ist.» Der Ständerat lehnte diese Globalbudget schliesslich mit Stichentscheid des Präsidenten knapp ab.

Auch Referenzpreissystem für Generika scheitert

Mit einem zweiten Projekt wollte der Bundesrat ein sogenantes Referenzpreissystem für Generika einführen. Carobbio Guscetti begründete auch hier: «Generika sind in der Schweiz mehr als doppelt so teuer als im Ausland. Eine Preisregulierung ist hier unerlässlich.»

Maximalpreise für Generika – darum geht es

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Darum geht es: Um die Kosten im Gesundheitswesen weiter zu dämpfen, möchte der Bundesrat für Medikamente mit gleichen Wirkstoffen, deren Patent abgelaufen ist (Generika), einen Maximalpreis festlegen. Von der Krankenkasse würde dann nur noch dieser Referenzpreis vergütet. Was darüber hinaus geht, müssten die Patientinnen und Patienten selber berappen. Damit könnten 300 bis 500 Millionen Franken pro Jahr eingespart werden, schätzt der Bundesrat, denn Generika würden in der Schweiz im Durchschnitt doppelt so viel kosten wie im Ausland.

Die Argumente dagegen: Eine von Pharmaindustrie, Ärzteschaft und Apothekern gegründete Allianz kritisiert, das System sei unsozial, weil sich nicht alle die Differenz zum Referenzpreis leisten könnten. Erfahrungen aus dem Ausland würden zudem zeigen, dass mit dem System der Verbrauch von Medikamenten insgesamt zunehme, was den Spareffekt zunichtemache. Zudem könnten sich bei «zu niedrigen Preisen» Hersteller gezwungen sehen, gewisse Produkte nicht mehr zu vertreiben.

Das ist der aktuelle Stand : Der Nationalrat hat das Referenzpreissystem in der Sondersession im Oktober 2020 mit 123 zu 50 Stimmen bei 2 Enthaltungen klar abgelehnt. Nur SP und Grüne unterstützten den Vorschlag des Bundesrates. Auch die Gesundheitskommission des Ständerats beantragt ihrem Rat mit 7 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung nun die Ablehnung. Mit der Ablehnung des Ständerats ist das Referenzpreissystem jetzt vom Tisch. Das System war eine der wesentlichsten Massnahmen im Paket der Kostendämpfungsmassnahmen des Bundesrates.

Die Kosten über dem Referenzpreis hätte der Patient dann selber bezahlen müssen. Doch erwiderte etwa FDP-Ständerat Josef Dittli (UR): «Das könnte unter anderem negative Konsequenzen auf die Versorgung unseres Landes mit Medikamenten der Grundversorgung haben. Auch chronisch Kranke könnten dann in Sorge kommen, wenn sie plötzlich auf ein anderes Medikament setzen müssen, das sie nicht kennen.»

Zum Leidwesen von Gesundheitsminister Alain Berset wurde auch das Referenzsystem abgelehnt. Damit sind zwei wichtige Punkte des aktuellen Pakets bereits beerdigt. Wie die grosse Kammer schlägt der Ständerat aber zwei Alternativen vor, die darauf abzielen, erst einmal mehr Generika zu verkaufen und nicht die Preise zu senken.

Beide Vorstösse könnte der Bundesrat nach Einschätzung der Mehrheit durch den Erlass von Verordnungen umsetzen.

Sparbemühungen bleiben schwierig

Erneut befassen muss sich der Nationalrat dagegen mit dem Beschwerderecht für die Krankenkassenverbände gegen kantonale Spitalplanungen. Der Ständerat will den Versicherern ein solches im Gegensatz zur grossen Kammer einräumen.

Unterschiedlich bleiben die Ansichten auch bei der Frage, ob die Krankenkassen künftig in der obligatorischen Grundversicherung Gewinne erwirtschaften dürfen. Der Nationalrat hatte diese Möglichkeit ins Gesetz eingebaut. Der Ständerat will davon nichts wissen.

Am Schluss bleibt die Erkenntnis, dass zwar alle die Kosten im Gesundheitswesen kritisieren, wenn es aber hart auf hart geht, will ein grosser Teil der bürgerlichen Mehrheit doch nicht sparen. Denn mit jedem Sparentscheid wird auch immer jemandem etwas wegenommen.

Info 3, 9.12.2021, 12:00 Uhr ; 

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