Das Wichtigste in Kürze
- Im Windschatten der Selbstbestimmungs-Initiative könnte der Hornkuh-Initiative ein Überraschungscoup gelingen.
- Derzeit wollen am 25. November 58 Prozent der Stimmberechtigten ein Ja in die Urne legen. Gegen die Vorlage sind 36 Prozent.
- Das Nein-Lager muss sich stärker bemerkbar machen, um eine Trendwende herbeizuführen.
«Das Anliegen mag sympathisch klingen, hätte aber negative Folgen für die Tiere und für die Bäuerinnen und Bauern», sagte Agrarminister Johann Schneider-Ammann am Dienstag vor den Medien in Bern.
Langjährige Polit-Beobachter haben schon kämpferischere Auftritte von Bundesräten gesehen, die in den Abstimmungskampf steigen. Und auch in der Parteienlandschaft hat sich bisher kein Gegenkomitee gebildet, das mit Feuereifer gegen die Hornkuh-Initiative ankämpfen würde.
Dass ein solches Minderheitsanliegen im Ja liegt, ist eine Überraschung.
«Eine personifizierte, laute Gegnerschaft fehlt», sagt Martina Mousson vom Institut gfs.bern, das die Umfrage im Auftrag der SRG durchgeführt hat. Ganz anders das Lager der Befürworter um Initiant Armin Capaul.
Der Bergbauer hat sein Anliegen quasi im Alleingang auf die ganz grosse Politbühne gehievt, und damit viele Sympathien in der Bevölkerung gewonnen: «Dass ein solches Minderheitsanliegen im Ja liegt, ist eine Überraschung», erklärt Mousson.
Nicht zuoberst auf dem Sorgenbarometer
Das habe allerdings auch damit zu tun, dass der Problemdruck in der Hornkuh-Frage gering sei; etwa auch im Vergleich zur sehr viel kontroverser geführten Debatte um die Selbstbestimmungs-Initiative, über die ebenfalls am 25. November abgestimmt wird.
Mildernd auf die Wahrnehmung der Initiative wirke sich zudem aus, dass die Initiative keinen Zwang, sondern lediglich ein Anreizsystem für Bauern vorsieht, so Mousson. Vor allem aber falle der «David-gegen-Goliath-Charakter» beim Stimmvolk auf fruchtbaren Boden. Schliesslich sei auch das Tierwohl zu einem Thema geworden, das die Schweizer Bevölkerung bewegt.
Beide Seiten werben mit Tierwohl
Mit dem Tierwohl argumentieren allerdings beide Seiten. Die Befürworter der Initiative machen geltend, dass die Enthornung für die Kühe schmerzhaft sei (57 Prozent Zustimmung). Die Gegner versuchen, das Gegenteil zu belegen – mit etwas weniger Erfolg (45 Prozent Zustimmung). Und sie führen ins Feld, dass Hornkühe wegen Verletzungsgefahr in Ställen angebunden werden müssten.
Allein: Argumente sind im bislang flauen Abstimmungskampf nicht alles. «Die Leute entscheiden derzeit eher aus dem Bauch heraus», sagt Mousson. Genau hier sind nun die Gegner der Vorlage gefordert: Sie müssen ihre Argumente platzieren, damit aus einem Bauch- ein vermeintlicher Vernunftentscheid wird.
Speziell an der Hornkuh-Initiative: Für einmal sind das linke und rechte Lager vereint. So unterstützen sowohl Wähler von Grünen und SP wie auch diejenigen der SVP das Anliegen. Die Basis der SVP votiert dabei im Widerspruch zur Partei-Parole.
Mit 61 Prozent Ja-Anteil ist der Zuspruch der SVP-Anhänger aber schon jetzt weniger gross als im linken Lager (SP: 65 Prozent, Grüne: 75). Und die Politologin hält es für möglich, dass die SVP-Wähler gar noch ins Nein kippen.
Es sei bei allen Parteiwählerschaften damit zu rechnen, dass sich die Stimmabsichten im Laufe des Abstimmungskampfes an die Partei-Parole angleichen werden: «Bei der SVP würde das heissen, dass die Unterstützung wegbricht.»
Abschliessend sieht gfs.bern Potenzial für einen Meinungswandel in der Stimmbevölkerung. Dies würde auch dem Normalfall bei Initiativen entsprechen. Aber: «Will man den Erfolg der Initiative verhindern, muss sich das Nein-Lager formieren und die Probleme der Vorlage ansprechen», so Mousson.