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Illegaler Medikamenten-Handel Zuger Firma in möglichen internationalen Betrugsfall verwickelt

Arzneimittel-Händler benutzten angeblich eine Schweizer Handelsfirma für mutmasslich illegale Geschäfte mit Krebsmedikamenten.

Sie kosten teils mehrere Tausend Franken pro Packung: Krebsmedikamente, von denen in Deutschland kürzlich Fälschungen aufgetaucht sind. Täuschend echte Verpackung, manipuliertes Haltbarkeitsdatum – und zwar ist der Wirkstoff enthalten, jedoch mit einer chemischen Beimischung, die nicht dem Original entspricht.

Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft Cottbus, wie «10vor10» und das ARD-Magazin «Kontraste» berichten. Die Staatsanwaltschaft hat eine Handelsfirma in Süddeutschland ausgemacht, über die die gefälschten Krebsmedikamente gehandelt wurden. «Wir haben bei der Firma in Süddeutschland, von der die Medikamente stammen sollten, nachgeforscht, wo die das Zeug erworben haben. Und nach den Papieren ihrer Buchhaltung haben sie es von einer Schweizer Firma erworben», sagt Oberstaatsanwalt Bernhard Brocher im Interview.

Die Ermittlungen laufen international, es kam zu Hausdurchsuchungen in Ungarn, Deutschland und auch in der Schweiz. Hier bestätigt die Schweizer Heilmittelaufsicht Swissmedic auf Anfrage von SRF, dass eine Strafuntersuchung laufe.

Recherchen von ARD und SRF ergaben, dass die Spuren in den Kanton Zug führen, genauer nach Cham zur einer Pharmahandelsfirma namens Sansisco AG.

Ehemaliger Inhaber sieht sich als Opfer

Nach Recherchen stellt sich heraus, dass sich die Aktiengesellschaft offenbar in Auflösung befindet. Es existieren heute weder Inhaber noch ein aktuelles Domizil. Gegründet worden war die Firma ursprünglich zwecks Immobilienhandels. 2008 wechselten Eigentümer wie Firmenzweck – fortan war sie für Arzneimittelhandel registriert und verfügte auch über Bewilligungen von Swissmedic.

Inhaber der Sansisco AG war zuletzt ein Drogist, der sich als Pharmakaufmann bezeichnet und heute in einer Apotheke in einem anderen Kanton tätig ist. Dieser lässt über seinen Rechtsanwalt eine schriftliche Stellungnahme zukommen.

Er schreibt, sein Mandant und die Sansisco AG seien «durch unbekannte Dritte im Zusammenhang mit einem mutmasslich illegalen Handel mit Medikamenten missbraucht» worden. Geschäftspapier der Sansisco AG, ein Stempel der Firma sowie auch die Unterschrift des damaligen Inhabers seien gefälscht und missbräuchlich verwendet worden. «Die Sansisco AG und mein Mandant haben mit dem mutmasslichen illegalen Medikamentenhandel jedoch nichts zu tun», schreibt der Rechtsanwalt.

Firma hat keine Betriebsbewilligung mehr

Pikant: Die Firma hat schon seit 2017 keine Bewilligung mehr für Arzneimittelhandel. Offenbar hat der Inhaber die Bewilligungen damals selbst zurückgeben – die Gründe sind unklar.

Der Zeitpunkt lässt aufhorchen, denn die Ermittlungen in Deutschland ergaben: Auch aus der Zeit danach datieren Rechnungen für die offenbar gefälschten Arzneien – mit Absender der Sansisco AG.

Wie weit Sansisco tatsächlich Opfer ist, lässt sich derzeit nicht abschliessend beurteilen, die Ermittlungen laufen. Sollte sich bestätigen, was der ehemalige Inhaber behauptet, so handelte es sich um eine sogenannten «Identity Fraud», also Identitätsbetrug. Diese Spur verfolgen offenbar auch die Schweizer und die deutschen Behörden. Als Drahtzieher wird ein Geschäftsmann in Ungarn vermutet – seine Identität ist noch ein Rätsel. Viele Fragen sind noch offen, der Fall ist komplex.

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