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Immobilienskandal vor Gericht Immobilien-Interessenten kämpfen in Genf um ihre Anzahlungen

Vor der Genfer Justiz wird diese Woche ein aussergewöhnlich grosser Immobilienskandal verhandelt. Die sind die Antworten zu den wichtigsten Fragen.

Um was geht es?

Insgesamt fünf Angeklagte müssen sich vor Gericht verantworten. Zwei von ihnen sind Immobilienunternehmer, bei dreien handelt es sich um die Leitung einer ehemaligen Baufirma. Sie müssen sich für einen Immobilienskandal verantworten, bei dem zahlreiche Angeklagte ihre Anzahlungen verloren haben. Den beiden Immobilienunternehmern wird unter anderem gewerbsmässiger Betrug, ungetreue Geschäftsführung und Urkundenfälschung vorgeworfen. Sie sollen Anzahlungen für Wohnungen in den Gemeinden Onex, Soral, Chêne-Bourg oder Satigny einkassiert haben. Die allermeisten Interessenten erhielten aber nie eine Wohnung und auch ihr Geld nie zurück. Die meisten zahlten in der Höhe von 50'000 Franken ein. Die beiden Immobilienunternehmer sollen so bis zu 27 Millionen Franken ungerechtfertigt eingenommen haben, wie der Anklageschrift zu entnehmen ist. Die drei Bauunternehmer arbeiteten mit der inzwischen Konkurs gegangenen Firma mit den beiden Immobilienunternehmern zusammen. Sie müssen sich unter anderem wegen Veruntreuung, ungetreuer Geschäftsführung und Misswirtschaft verantworten.

Handelt es sich um einen Einzelfall oder gibt es in der Genfer Immobilienbranche grundsätzliche Probleme?

Zuletzt gab es in der Genfer Immobilienbranche mehrere kleinere Skandale. So deckte etwa deckte das Westschweizer Fernsehen RTS im April auf, dass einige Agenturen Geld verlangen, wenn ein Interessent eine Genfer Wohnung besichtigen will. Ein anderer Fall zeigte, dass in kleine Wohnungen zahlreiche Sans-Papiers zur Untermiete logiert werden – zu völlig überrissenen Preisen. Man darf die Genfer Immobilienbranche sicher nicht unter Generalverdacht stellen. Das im Prozess verhandelte Beispiel der drei Immobilienunternehmer stünde für ein aussergewöhnlich schweres Fehlverhalten, falls die Vorwürfe bestätigt werden. Genf ist aber eine jener Schweizer Regionen, in denen der Mangel an freien Wohnungen am grössten ist. Diese angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt scheint dazu zu führen, dass manche Interessenten fast zu allem bereit sind, um eine Wohnung zu erhalten. Das wird offenbar von einzelnen Akteuren im Immobiliensektor ausgenutzt.

Was macht diesen Prozess aussergewöhnlich?

Der Prozess hat ein Ausmass, das in der Genfer Justiz seinesgleichen sucht. Nicht weniger als 188 Privatklägerinnen und Privatkläger sind am Verfahren beteiligt. Insgesamt vertreten knapp 30 Anwältinnen und Anwälte die Kläger und die Verteidigung. Wegen des riesigen Ausmasses findet der Prozess nicht im Genfer Palais de Justice statt, sondern im Veranstaltungsaal Palladium. Die Anklageschrift umfasst nahezu 200 Seiten und für den Prozess sind drei Wochen veranschlagt.

Wie geht es weiter?

Zum Prozessbeginn versuchten die Immobilienunternehmer, allen anderen die Schuld zu geben: Der Bauunternehmung, weil sie ihre schlechte finanzielle Lage verschleiert habe, der Bank für die Führung der Konten oder gar der Staatsanwaltschaft, weil sie Gelder blockiert habe und die Privatkläger deswegen nicht ausbezahlt werden könnten. Das Gericht wies aber die Anträge der Verteidigung zum Prozessbeginn ab. Nach den kommenden drei Prozesswochen wird das Gericht entscheiden müssen, wer die Schuld trägt. Das Urteil wird voraussichtlich am 25. Oktober gesprochen.

Echo der Zeit, 04.10.2021, 18:00 Uhr

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