Die Straftaten reichen von Ohrfeigen bis hin zu brutalen Schlägereien mit bleibenden Schäden für die Opfer. Das Problem der Jugendgewalt wird im Kanton Zürich von Jahr zu Jahr grösser. So ist die Zahl der Jugendlichen, die beschuldigt werden, eine Gewaltstraftat begangen zu haben, 2021 bereits das sechste Jahr in Folge gestiegen. Konkret gerieten deswegen 1014 junge Frauen und Männer ins Visier der Justiz – das sind 100 Fälle oder knapp 11 Prozent mehr als noch im Jahr zuvor.
Primär handelt es sich bei der Jugendgewalt um ein männliches Phänomen. Dies belegen auch die Zahlen des vergangenen Jahres. Knapp 9 von 10 Gewaltstraftaten wurden von Männern begangen, die meisten von ihnen kamen zum ersten Mal mit dem Gesetz in Konflikt und waren nicht vorbestraft. Auffällig ist jedoch, dass Täter und selten auch Täterinnen immer jünger werden. Die Hälfte aller im Jahr 2021 registrierten Gewaltstraftaten wurden von 13- bis 15-Jährigen begangen.
Gewalt ist bei jungen Männern «in»
Weiter zeigen die Analysen der Zürcher Oberstaatsanwaltschaft, dass Jugendgewalt häufig in Gruppen und im öffentlichen Raum ausgeübt wird. Die Vorfälle ereignen sich zusehends am Tag und am Abend, Waffen kommen weiterhin oft zum Einsatz und die Gewalt richtet sich in den meisten Fällen gegen andere Jugendliche. Bei den jugendlichen Tätern über 16 Jahren spielt zudem in jedem dritten Fall Alkoholkonsum eine tragende Rolle.
Die deutliche Zunahme der Jugendgewalt in den letzten Jahren sei bedenklich, betont Oberjugendanwalt Marcel Riesen-Kupper. «Wir beobachten, dass bei einer Minderheit der Jugendlichen Gewalt offenbar als Teil des Lifestyles gilt und damit legitim und sogar erstrebenswert erscheint.» Erstrebenswert eben auch für immer jüngere Generationen, dies zeigt die Zunahme in der Alterskategorie der 13- bis 15-Jährigen.
Riesen-Kupper sagt, dass sich Mädchen und vor allem Knaben an Älteren orientieren. «Wenn man cool sein will, oder wenn man beweisen will, dass man ein ganzer Kerl ist, dann haben wir den Eindruck gewonnen, dass sich die 13- bis 15-Jährigen an den älteren Jugendlichen orientieren, die dieses Verhalten zeigen.» Dieses Auftreten macht Marcel Riesen-Kupper Sorgen. Es zeige eben, dass Gewalt bei Jugendlichen wieder vermehrt als «in» gelte.
Jedes fünfte Strafverfahren ist Raub oder Diebstahl
Jugendliche im Kanton Zürich sind in den letzten Jahren nicht nur gewaltbereiter, sondern generell krimineller geworden. Seit Jahren steigen auch bei der Jugendkriminalität die Zahlen stetig an. Im letzten Jahr haben die fünf Jugendanwaltschaften des Kantons Zürich 5961 Strafverfahren eröffnet, das sind 14.5 Prozent mehr als noch im Jahr davor.
Am häufigsten begehen die Jugendlichen Vermögensdelikte, Raub oder Diebstahl machen gut einen Fünftel aller Straftaten aus. Stark zugenommen haben die Verstösse gegen das Strassenverkehrsgesetz, eine Abnahme gab es bei den Delikten gegen die sexuelle Integrität.