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17 Verhandlungsrunden und kein Ergebnis
Aus Echo der Zeit vom 12.09.2019. Bild: Reuters
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Indiens Präsident in Bern Hoffen auf Fortschritte beim Freihandelsabkommen

Die harzigen Freihandelsverhandlungen mit Indien könnten durch den Staatsbesuch von Ram Nath Kovind am Freitag einen Schub erhalten.

Elf Jahre Verhandlungen in 17 Runden – und kein Ergebnis: Die Chefunterhändlerin für die Efta und die Schweiz, Statssekretärin Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch, kann damit nicht zufrieden sein. Viel will man dazu in ihrem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) zwar nicht sagen. Nur so viel, dass die Parlamentswahlen in Indien die Gespräche unterbrochen hätten. Jetzt aber wollten beide Seiten diese fortführen.

Will Indien die Wirtschaft öffnen?

Gesprächiger ist Jan Atteslander vom Wirtschaftsverband Economiesuisse. Atteslander verfolgt als Handelsökonom das Dossier Freihandelsverträge genau. Er glaubt, die Verhandlungen mit Indien stockten, weil der Subkontinent seine Wirtschaft nicht mehr partout öffnen wolle.

Die Regierung in Delhi glaube offensichtlich, dass die Wirtschaft ohne Öffnung besser vorankomme. «Sie haben zwar ein gutes Wachstum – aber Probleme bei der Wettbewerbsfähigkeit», sagt Atteslander. Dabei sei sich Indien durchaus bewusst, dass die heimische Industrie gerade von Schweizer Hightech-Firmen profitieren könnte.

Allerdings befürchte man in Indien wohl, dass allfällige Zugeständnisse an die Efta-Länder (Norwegen, Liechtenstein, Island und die Schweiz), bald auch von der EU und von den USA eingefordert würden. «Deshalb ist man auf der indischen Seite derzeit wohl sehr zurückhaltend.»

Knackpunkt Patentschutz

Das betrifft insbesondere den Patentschutz, den Indien oft nach Gutdünken auslegt, vor allem im Pharmabereich. Der lasche Umgang mit dem Patentschutz hat Indien dazu verholfen, zum grössten Hersteller der Welt von billigen Nachahmer-Medikamenten zu werden. Tatsächlich müsse Indien beim Patentschutz noch «zulegen». sagt der Chef des Branchenverbandes Scienceindustries, Matthias Leuenberger.

Ein guter Patentschutz sei für die chemisch- pharmazeutische Industrie bedeutend, so Leuenberger weiter. Die Schweiz als Land der Innovationen könne es sich nicht leisten, einen so tiefen Patentschutz-Standard zu akzeptieren, wie er sonst nirgends auf der Welt herrsche.

Schifffahrt auf dem Thunersee

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Schifffahrt auf dem Thunersee

Indiens Staatspräsident Ram Nath Kovind traf bereits im Laufe der Woche in der Schweiz ein. Am Donnerstag machte er auf dem Thunersee eine Schifffahrt, später wurde er in Thun von Stadtpräsident Raphael Lanz empfangen. Danach hielt Kovind in der vollbesetzten Aula der Universität Bern eine Rede.

Am Freitagnachmittag wird Kovind mit militärischen Ehren zum Staatsbesuch in Bern empfangen. Bei den offiziellen Gesprächen werden Bundespräsident Ueli Maurer, Vizepräsidentin Simonetta Sommaruga, Wirtschaftsminister Guy Parmelin und Aussenminister Ignazio Cassis anwesend sein. Maurer und Kovind werden danach an einem hochrangigen schweizerisch-indischen Wirtschaftsforum in Bern teilnehmen. (sda)

Ganz anders sieht dies der Gesundheitsexperte Patrick Durisch von der Nichtregierungsorganisation Public Eye. Indien biete den Patentschutz, den die Welthandelsorganisation WTO als Minimalstandard vorsehe, sagt er. Verlange die Schweiz mehr von Indien, habe das weltweite Auswirkungen auf den Zugang zu Medikamenten. Denn: «Indien gilt als Apotheke der Entwicklungsländer.» Tatsächlich exportiert Indien massenweise Generika in ärmere Länder.

Ein Abkommen wäre in beider Interesse

Trotzdem hoffen alle Beteiligten, dass der Besuch des indischen Präsidenten Ram Nath Kovind in Bern Bewegung ins blockierte Freihandelsdossier bringen wird. Damit dies gelinge, müsse man dem Land eine etappierte Öffnung vorschlagen, glaubt Atteslander von Economiesuisse. Man müsse den Indern eben erklären, dass jene Länder, die bereits Freihandelsabkommen mit der Schweiz abgeschlossen hätten, davon durchaus profitierten.

Doch auch für die Schweiz geht es um viel: In Indien leben 1.4 Milliarden Menschen, die Mittelschicht wächst sehr stark und ist für kleinere und mittlere Schweizer Exportfirmen eine grosse Chance. Zudem ist die Schweiz mit jedem zusätzlichen Freihandelsabkommen, mit dem Zölle und andere Handelsschranken abgebaut werden, weniger abhängig von ihren Exporten in den europäischen Raum.

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23 Kommentare

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  • Kommentar von Werner Christmann  (chrischi1)
    Schizophren. Die Klimaretter im Freihandelsabkommensdilirium, aufdass noch mehr überflüssiger Gerümpel in der Welt herumgekarrt werden kann.
    1. Antwort von Olaf Schulenburg  (freier Schweizer)
      Wie kommen Sie darauf, dass es die Klimakämpfer sein sollen die solche Verhandlungen wollen? Es gibt keinen einzigen Bundesratssitz auf dem eine Person mit einem Interesse am Klima wäre. Bei Weitem nicht. Es ist die wirtschaftslobbyierte Regierung von FDP und SVP die noch immer solche stupiden Verhandlungen führen. Dieselben, die sich jetzt ein bisschen vom Klima Hipe abschneiden wollen um die Wahlen zu gewinnen. Ich meine hier natürlich und vor allem die FDP.
    2. Antwort von Werner Christmann  (chrischi1)
      Herr Schulenburg, erst vor ca. 14 Tagen hat Frau Sommaruga neue verschärfte Klimaziele des Bundesrats präsentiert.
    3. Antwort von Nicolas Dudle  (Nicolas Dudle)
      Nein, chrischi1, diese Pauschalisierung ist nicht zulässig, sondern manipulativ. Der Freihandel gehört beileibe nicht zur DNA derjenigen, die sich um die Klimaentwicklung sorgen. Die Rufe nach Mässigung im Konsum kommen nur aus dem linksgrünen Lager, wo auch diejenigen zuhause sind, die einen Beitrag zur Kontrolle der Klimaentwicklung einfordern, so weit diese möglich ist.
  • Kommentar von Simon Weber  (Weberson)
    Bei dieser Gelegenheit, sollte die Schweiz, die beim Abschluss von Freihandelsabkommen immer gross erzählt, wie gut man dann auch auf die soziale Lage/Menschenrechte/Naturschutz in den jeweiligen Ländern einfluss nehmen kann, hier den Kaschmirkonflikt thematisieren.
    1. Antwort von Werner Christmann  (chrischi1)
      sorry, sie sind auch so ein Träumer. Bei Freihandelsabkommen geht es lediglich ums liebe Geld. Die Schweiz hat sowieso nirgends auf der Welt einen Einfluss auf politische Geschehen.
    2. Antwort von S. Borel  (Vidocq)
      Das ist eine rein hypothetische Behauptung, Herr Christmann, denn sie macht es ja auch nirgendwo geltend.
    3. Antwort von Simon Weber  (Weberson)
      @chrischi1: Da haben sie natürlich mehr oder weniger Recht. Schweizer Politiker haben wohl weniger Einfluss auf das politische Geschehen im Ausland, als es einige Firmen mit Sitz in der Schweiz haben... Hier noch eine Aussage Parmelins zum Mercosur-Freihandelsabkommen «Heute importieren wir Produkte aus diesen Ländern – und der Wald brennt.» Man habe keine Mittel, um zu intervenieren. «Mit diesem Abkommen haben wir mindestens gemeinsam mit anderen Efta-Ländern eine Plattform, um zu diskutieren.»
    4. Antwort von Olaf Schulenburg  (freier Schweizer)
      @Christmann: Schade dass Sie offenbar die Erfolge Schweizer Diplomatie nicht kennen. Die Schweiz hat sogar sehr viel Einfluss auf das Weltgeschehen, seit zig Jahrzehnten. Und nicht nur Einfluss sondern auch konkrete Entscheidungen herbei geführt.
    5. Antwort von Werner Christmann  (chrischi1)
      Tschuldigung meine Herren, aber ich kann diesen verklärten Blick nicht mit ihnen teilen. Die Schweiz hat ja nicht einmal mehr den gesamten Einfluss auf das politische Geschehen hier, sondern lässt sich mehr oder weniger alles von Brüssel diktieren und wie Simon Weber richtig festellt, von der allmächtigen Wirtschaft.
    6. Antwort von Olaf Schulenburg  (freier Schweizer)
      @Christmann: Es tut mir sehr leid, dass Sie einen so pessimistischen Blick auf die schweiz haben. Wir sind sowohl im In- als auch im Ausland respektiert und der gute Rat und die guten Dienste sind überall willkommen. Klar, wir haben uns dem Kapitalismus sehr stark zu gewandt, dadurch einiges von unserem einzigartigen, humanistischen Ruf verloren. Mit den kommenden Wahlen haben wir die Chance das wieder zu ändern. Ich hoffe für Sie, dass Sie wieder einen stolzen Blick auf unser Land gewinnen.
    7. Antwort von Ueli Lang  (Wochenaufenthalter)
      Der Kaschmirkonflikt dürfte durchaus erwähnt werden. Allerdings ist es ja nicht damit getan, Indien auf die Menschenrechte in Kaschmir hinzuweisen. Man müsste auch einen Lösungsansatz auf den Tisch bringen - dazu bräuchte es dann Pakistan. Der Konflikt ist ziemlich komplex und alles andere als schwarz-weiss. Indien an den Pranger zu stellen ist einfach, kommt aber dieser komplexen Gemengelage in keiner Weise entgegen. Wenns so einfach wäre, gäbe es diesen Konflikt (seit 1947) gar nicht!
  • Kommentar von Mike Steiner  (M. Steiner)
    Noch ein Freihandelsabkommen mit einem billigen Jakob? Ich finde, es reicht langsam. Oder ist das Teil des Plans zur pekuniären Kleinhaltung des Schweizer Bürgers?