Wären alle Erdenbürger Schweizer, es stünde nicht gut um unseren Heimatplaneten. Zumindest in ökologischer Hinsicht. Gleich drei Erden verspeist der helvetische Ressourcen-Hunger bis zum Jahr 2050. Immerhin: US-Bürger bringen es auf ganze fünf. Trotzdem: Dieser beachtliche ökologische Fussabdruck soll künftig verkleinert werden. So will es die Volksinitiative für eine «Grüne Wirtschaft» der Grünen, so will es der Bundesrat, und so will es die Politik.
Das gemeinsame Ziel: Mit einem, wie es Umweltministerin Doris Leuthard formuliert, «grundsätzlichen Richtungswechsel» sollen die Lebensgrundlagen auch für künftige Generationen erhalten bleiben.
Ein Ziel – viele Wege
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Der grünen Volksinitiative, die eine Reduktion des ökologischen Fussabdrucks auf eine Erde fordert, stellt der Bundesrat einen indirekten Gegenvorschlag entgegen. Er hält die grüne Zielsetzung für unrealistisch, will aber mit einer Revision des Umweltschutzgesetzes zu einem schonenderen Umgang mit den Ressourcen beitragen. Das Kernanliegen: In den Bereichen Abfälle, Rohstoffe, Konsum und Produktion soll sanft reguliert werden, gepaart mit freiwilligen Massnahmen für die Industrie.
Allerdings schwächten die Räte den Gesetzesentwurf bereits wiederholt zugunsten der Wirtschaft ab. Zuletzt trat der Nationalrat in einem veritablen Abstimmungskrimi in der Sommersession auf den Gegenvorschlag des Bunderates ein; heute nun machte er sich an die Detailberatung – auch sie wurde hitzig geführt, aber nicht zum Ende gebracht. Am Montag stimmt die grosse Kammer über die Vorlage ab.
«Gigantische planwirtschaftliche Übung»
Stellvertretend für das wirtschaftsfreundliche bürgerliche Lager sprach Christian Wasserfallen (FDP) von einer «gigantischen planwirtschaftlichen Übung». Der Rat müsse eine Vorlage zurechtbiegen, «die völlig übertrieben fernab der Realität angefertigt wurde.»
Vor dem Hintergrund der Frankenstärke beschwörte Peter Schilliger (FDP) die Gefahr einer De-Industrialisierung der Schweiz. Hans Grunder (BDP) sprach schlichtweg von einem «Murks», und einem drohenden «Bürokratie-Monster». Die Schweiz sei im Ressourcen-Kreislauf bereits bestens positioniert, befand Hans Killer (SVP).
«Dem gerupften Huhn wird auch noch die Haut abgezogen»
Grünen-Nationalrat Bastien Girod verwahrte sich gegen die Vorwürfe, die Initiative seiner Partei sei wirtschaftsfeindlich: Die Hinwendung zur Energie- und Ressourceneffizienz sei keine Gefahr, sondern im Gegenteil eine Chance für die Wirtschaft.
Max Chopard-Acklin (SP) polterte an die Adresse des wirtschaftsfreundlichen Kräfte: «Sie wollen diesem gerupften Huhn auch noch die Haut abziehen.» Offen gesagt, er fühle sich im falschen Film, sekundierte SP-Nationalrat Eric Nussbaumer. «Die Bürgerlichen können sich dieser äusserst zahmen Revision nicht anschliessen. Es scheint, dass vor den Wahlen die Devise gilt: Es darf nicht sein, was nicht sein darf.»
Leuthard: «Die Wirtschaft braucht Regeln»
In die Debatte griff auch Umweltministerin Doris Leuthard ein – mit ebenfalls deutlichen Worten: «Ich bin immer wieder erstaunt, mit welchem Verve, aber auch mit welcher Unkenntnis im Rat argumentiert wird.» Auch wenn es die Wirtschaft seit jeher nicht gerne sehe: «Es braucht Regeln – sonst funktioniert Umweltschutz nicht.»
Man lebe auch in der Schweiz noch in einer Abfallgesellschaft, jetzt müsse der Weg hin zu einer Kreislaufgesellschaft gelingen. Zwar sei die Schweiz führend beim Recyclen, aber auch bei der Produktion von Abfall. Es müsse vernünftig, und subsidiär reguliert werden, so Leuthard: «Aber nichts tun wird dazu führen, dass die Rechnung zurückkommt – für die Wirtschaft, und den Steuerzahler.»