In den letzten Tagen sind rund 20 Frauen und Männer von verschiedenen Privatpersonen öffentlich als Kandidierende für die Regierung oder das Gericht vorgeschlagen worden. Zum Beispiel am Dienstag in einem Zeitungsinserat. Viele der Betroffenen haben davon nichts gewusst. Dies hat mit einer Innerrhoder Eigenheit, aber auch mit Corona zu tun.
Ich wurde nicht einmal angefragt.
Einer von ihnen ist Martin Pfister, Präsident der SP Innerrhoden. Er wurde als Regierungskandidat vorgeschlagen. Doch Pfister will gar nicht in die Regierung. «Ich wurde nicht einmal angefragt», erklärt er gegenüber SRF.
Vorgeschlagen wurden die meisten Personen von einem Ehepaar aus Appenzell. In der Zeitung «Appenzeller Volksfreund» nahmen sie Stellung. Sie hätten jahrelang schlechte Erfahrungen mit der Innerrhoder Justiz gemacht. Mit den Gegenkandidierenden habe man ein Zeichen setzen wollen.
System lässt Spontannominationen zu
In Appenzell Innerrhoden müssen Amtsträgerinnen und Amtsträger zum Teil jährlich von der Landsgemeinde bestätigt werden. Nominationen in letzter Sekunde sind dort immer möglich. Namen von Wunschkandidatinnen und Wunschkandidaten können einfach in den Ring gerufen werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob die entsprechenden Personen darüber informiert sind oder nicht.
Da wegen Corona auch in diesem Jahr die Landsgemeinde ausfällt, wird die Bevölkerung erneut an die Urne gerufen.
Mit einer Verordnung hat das Kantonsparlament gewissermassen versucht, die Regeln der Landsgemeinde auf die Urnenabstimmung zu übertragen. Dazu gehört auch die Möglichkeit, bei den Wahlen Gegenvorschläge einzubringen.
Eine Unterschrift genügt
Die Hürden für einen Vorschlag wurden auf diesen Urnengang noch herabgesetzt. Waren im letzten Jahr noch zehn Unterschriften für eine spontane Nomination nötig, reicht in diesem Jahr eine einzige.
Das funktioniert nicht und ist nicht sachgerecht.
Dies hat dazu geführt, dass die Grossrätin und Präsidentin des Innerrhoder Arbeitnehmerverbandes, Angela Koller, in diesen Tagen gleich von zwei Personen – ohne ihr Wissen – als Gegenkandidatin vorgeschlagen wurde.
«Man kann nicht einfach die Landsgemeinde-Regeln telquel über die Urnenabstimmungen stülpen, das funktioniert nicht und ist nicht sachgerecht», sagt Koller gegenüber Radio SRF.
Gewählte müssten Amt annehmen
Für den kommenden Urnengang im Mai gibt es weder bei der Regierung noch beim Kantonsgericht eine Vakanz. Sollte wider Erwarten jemand der wild vorgeschlagenen Kandidierenden gewählt werden, müsste er oder sie die Wahl annehmen. In Appenzell Innerrhoden gilt Amtszwang.
Allerdings gibt es Ausnahmen: Wer über 65 Jahre alt ist, muss die Wahl nicht annehmen. Ebenfalls befreit von der Amtspflicht ist man, wenn man bereits mindestens acht Jahre ein politisches Amt innehatte. Auf Angela Koller trifft dies zu, sie ist seit mehreren Jahren in politischen Behörden tätig.
Ebenfalls vom Amtszwang befreit ist SP-Präsident Martin Pfister – aus Altersgründen. Weitere Personen, die wild nominiert wurden, unterstehen ebenfalls aufgrund ihres Alters nicht dem Amtszwang und haben bereits schriftlich ihren Verzicht auf die Kandidatur bestätigt.