Die wichtigsten Entscheide in der Schweizer Politik fällt das Parlament. Und oft hat das letzte Wort das Stimmvolk. Ist der Bundesrat also nur ein kleines Rädchen in der Politmechanik? Die alt Bundesräte Moritz Leuenberger und Arnold Koller sehen das rückblickend nicht so.
Der Bundesrat hat einen sehr grossen Einfluss. Darum wollen ja auch viele in das Amt.
«Der Bundesrat hat Macht. Man muss nur definieren, was Macht ist», meint Leuenberger fest. Viele Leute verstünden unter dem Begriff eine alleinige Macht, wie sie etwa Louis XIV. hatte. Die habe ein Bundesrat natürlich nicht. «Aber er hat einen sehr grossen Einfluss. Darum wollen ja auch viele in das Amt.»
Für einen Bundesrat ist es typisch, dass er überzeugt und Mehrheiten schafft.
Seine Macht ausüben kann ein Bundesrat etwa in der Personalpolitik, wie alt Bundesrat Arnold Koller erklärt: «Bei der Anstellung der Chefbeamten kann man beispielsweise Macht ausüben und seinen eigenen Willen durchsetzen.» Ansonsten sei es typisch für einen Bundesrat und auch die Kunst zu regieren, dass man überzeuge und Mehrheiten schaffe, so Koller.
Mit List und Tricks zum Ziel
Um Mehrheiten zu schaffen, setzte Moritz Leuenberger zu Amtszeiten im bundesrätlichen Büro schon mal auf Taktik und List. Zum Beispiel bei Via Sicura, den Massnahmen für weniger Verkehrstote auf der Strasse. Seine Taktik habe darin bestanden, ein riesiges Paket mit sehr vielen Massnahmen auf den Tisch zu legen. «Die Leute haben sich empört – und am Schluss haben wir einen Kompromiss gefunden, bei dem nur die Hälfte durchgekommen ist. Aber ich wollte von Beginn weg auch genau nur diese Hälfte», gesteht Leuenberger.
Koller setzte in seiner Amtszeit auf die Tugenden, verlässlich für seine Werte einzustehen und nicht ständig die Richtung zu wechseln. Gewöhnlich könne man als Bundesrat ziemlich lange amten, so Koller. «In meiner Generation blieben fast alle über 12 Jahre.» Das habe der Politik eine Kontinuität gegeben, die auch die Glaubwürdigkeit erhöht und Vertrauen geschafft habe.
Hinterlassene Spuren geben Aufschluss
116 Männer und Frauen waren seit der Staatsgründung 1848 im Bundesrat. Was sie zurückgelassen haben, sagt auch etwas über deren Einfluss aus. Bei Leuenberger war der Gotthard-Basistunnel das grösste Projekt. Bei Koller war es die Totalrevision der Bundesverfassung.