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Der «Glasfaser-Graben» in der Schweiz
Aus Echo der Zeit vom 06.04.2018. Bild: Keystone
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Internet Zugang Breitband-Internet: Der grosse Graben

Wer nicht in einer Grossstadt lebt, bezahlt ein vielfaches für TV- und Internetzugang. Die Gründe.

  • 30 Prozent der Haushalte sind über Glasfaser angeschlossen.
  • Diese Kunden sind im Vorteil, weil sie für mehr Leistung weniger bezahlen.
  • Wie die restlichen 70 Prozent zu ihrem Breitbandanschluss kommen ist unklar: Mit Glasfasern oder doch per Kupferleitungen?

Laut Bundesamt für Statistik haben in der Schweiz 93 Prozent der Haushalte Zugang zum Internet. Bei Geschwindigkeit und Preis gibt es jedoch erhebliche Unterschiede: Kostet eine 10-Gigabit-Leitung mit TV- und Festnetzanschluss beim zurzeit attraktivsten Anbieter 50 Franken im Monat, bezahlt man bei der Konkurrenz bis zu 70 Franken für einen Anschluss, der 25-mal langsamer ist.

Das günstige Abo ist nur in 30 Schweizer Städten verfügbar. Kunden an anderen Orten haben keine Wahl und müssen mehr bezahlen. Wie ist das möglich?

Die letzte Meile macht den Unterschied

In der Schweiz gibt es verschiedene Internet-Anbieter: Auf der einen Seite die grossen nationalen Telekom-Firmen, allen voran die Swisscom. Dazu kommen Betreiber von Kabelfernsehnetzen wie die ebenfalls national aktive UPC, aber auch unzählige lokale Anbieter, darunter verschiedene Elektrizitätswerke.

Allen Providern gemeinsam ist, dass ihre Infrastruktur zum grössten Teil auf Glasfasernetzen basiert. Lediglich auf den letzten Metern kommen unterschiedliche Technologien zum Einsatz: In 30 Prozent der Schweizer Haushalten die schnelle Glasfaser (Fiber-to-the-Home, kurz FTTH), bei den restlichen 70 Prozent sind es Leitungen mit geringerer Kapazität wie Kupfer- oder Koaxialkabel.

Wer einen Glasfaseranschluss bis ins Haus hat, ist im Vorteil: mehr Leistung und oft konkurrierende Anbieter, die sich gegenseitig zu unterbieten versuchen. Alle anderen haben das Nachsehen und müssen noch mit einer auf Kupferkabel basierenden Technologien vorlieb nehmen.

Regulieren oder nicht?

Wie man am besten alle Firmen und Haushalte in der Schweiz über einen Breitbandanschluss ans Internet bringt, darüber gehen die Meinungen auseinander.

Für Franz Stampfli von OpenAxs , einem Verband der Elektrizitätswerke, haben die Lichtleiter die grösseren Vorteile, nicht bloss wegen der Kapazität: «Wo Glasfasern gelegt wurden, herrscht der grössere Wettbewerb als dort, wo alte Technologien der Kabelbetreiber oder der Swisscom im Einsatz sind.»

Als Beispiel nennt er Zürich: Die Stadt hat vor zehn Jahren angefangen, zusammen mit der Swisscom ein Glasfasernetz aufzubauen. Heute bieten rund ein Dutzend Provider ihre Dienste über dieses Netz an – Internetzugang, TV und Festnetztelefonie.

Franz Stampfli wünscht sich deshalb, dass der Bundesrat im neuen Fernmeldegesetz die Möglichkeit hat, dort einzugreifen, wo der Wettbewerb nicht spielen wird.

Ganz anders sieht das Lorenz Jaggi von Glasfasernetz Schweiz, einem in Politik und der Telekombranche breit abgestützten Verband. Lorenz Jaggi steht zusätzlichen Regulierungen skeptisch gegenüber: «In den vergangenen Jahren wurden mehrere hundert Millionen Franken in den Netzausbau investiert». Deshalb stehe die Schweiz in Europa beim Hochbreitbandausbau an der Spitze. Das aktuelle Regulierungssystem habe sich bewährt, sagt Jaggi.

Rechtzeitig den Ausbau planen

Ob mehr Regulierung zu mehr Wettbewerb führt oder umgekehrt die Motivation zu Investieren bremst, ist Ansichtssache.

Einig sind sich die beiden Kontrahenten Lorenz Jaggi und Franz Stampfli aber, wenn es darum geht, wer die Initiative ergreifen soll: «Wichtig ist, dass sich Gemeinden heute überlegen, wo sie in 10 Jahren stehen wollen» sagt Franz Stampfli. Er warnt davor, sich zurückzulehnen in der falschen Annahme, die derzeitige Kapazität reiche sicher aus. Denn wenn der «Leidensdruck» einmal da sei, dauere es lange, ihn zu lindern: Planung und Aufbau einer neuen Infrastruktur würden Jahre beanspruchen.

Auch Lorenz Jaggi findet es wichtig, dass die Gemeinden sich des Themas annehmen und eine Strategie wählen: «Das könnte beispielsweise eine Kooperartion mit Swisscom sein wie in Zürich. Es ist aber auch möglich, dass eine Gemeinde selber Glasfasern verlegt und in die Infrastruktur investiert».

Der Stadt- Landgraben muss nicht sein

Nicht nur urbane Zentren wie Zürich planen den Ausbau der Breitband-Infrastruktur, auch kleinere Städte sind bereits dabei.

So zum Beispiel Oftringen mit rund 13'000 Einwohnern: Das Elektrizitätswerk hat sich 2017 zum Ziel gesetzt, innerhalb von neun Jahren 70 Prozent der Haushalte mit Glasfasern anzuschliessen.

Die Kosten für einen Anschluss variieren sehr stark, sagt Oliver Stampfli, Geschäftsführer der EW Oftringen AG: Handelt es sich um ein Mehrfamilienhaus mit unzähligen Wohnungen in einem dicht besiedelten Gebiet? Oder soll ein abgelegenes Einfamilienhaus angeschlossen werden? Im günstigsten Fall ist mit etwa 1'000 Franken pro Nutzungseinheit zu rechnen, im Schlechtesten mit mehreren 10'000 Franken. Oliver Stampfli rechnet damit, dass diese Investitionen in 20 Jahren amortisiert sind.

Das Beispiel Oftringen zeigt: Kleinere Städte sind nicht dazu verdammt, auf der Verliererseite des digitalen Grabens zu landen – vorausgesetzt sie planen rechtzeitig und ergreifen die Initiative.

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