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Jahrelange Forderung Wenn der Eigenmietwert fällt

Wohneigentümer in der Schweiz würden bei einer Abschaffung des Eigenmietwerts bis zu 1.7 Milliarden Franken sparen.

Wer ein Haus besitzt, kann es vermieten und damit Geld verdienen. Wer sein Haus selbst bewohnt, verdient zwar nichts daran, muss aber trotzdem bezahlen - in Form von Steuern, dem Eigenmietwert. Dieser soll abgeschafft werden.

Die Vernehmlassung zu einer Gesetzesänderung ist am Freitag zu Ende gegangen. Für Haus- oder Stockwerkeigentümer ist die Vorlage zentral, denn die Auswirkungen wären beträchtlich. Die Wohneigentumsquote beträgt in der Schweiz knapp 40 Prozent.

Säulendiagramm mit den Werten der Steuerersparnis
Legende: Wüest Partner | BFS

Beim Wegfall des Eigenmietwerts würden bei den aktuell tiefen Hypothekarzinsen Familien im Schnitt 600 Franken weniger Einkommenssteuern pro Jahr bezahlen. Am meisten profitieren würden ältere, alleinstehende Immobilienbesitzer über 65. Sie würden fast 1400 Franken sparen. Im Durchschnitt läge die Steuerersparnis für Eigentümer jährlich bei über 900 Franken.

Der günstige Zeitpunkt

Seit Jahren ist die Abschaffung des Eigenmietwerts ein Thema in der Politik und natürlich bei den Eigenheimbesitzern. Eine Umfrage der «Tagesschau» bei allen Parteien zeigt: Grundsätzlich stehen die bürgerlichen Parteien der Vorlage positiv gegenüber. Aber bei den vielen möglichen Abzügen, die künftig abgeschafft würden, sind sich längst nicht alle einig.

Positionen der Parteien

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Die SVP unterstützt die Stossrichtung der Vorlage, insbesondere die Abschaffung des Eigenmietwerts. Abzüge für Massnahmen zum Energiesparen und den Umweltschutz sowie für den Unterhalt und Instandhaltung von neu erworbenen Liegenschaften sollten laut SVP aber weiterhin möglich sein. Ebenso ein voller Schuldzinsabzug und der neu vorgesehene Ersterwerbabzug.

Die SP ist für einen Systemwechsel, lehnt die Vorlage in diesem Sinne aber ab. Ein neues System müsse sich möglichst haushaltneutral auswirken und dürfe keine neuen Disparitäten zwischen Wohneigentümerinnen und Mietern schaffen. Der vorliegende Entwurf führe zu einer massiven Schlechterstellung der Mieter und zu grossen Steuerausfällen.

Die FDP begrüsst den Vorschlag eines Systemwechsels und die Abschaffung des Eigenmietwerts. Dass gleichzeitig Abzüge etwa für Unterhaltskosten wegfallen, sei systemkonform. Die FDP unterstützt auch, dass Abzüge für Energiespar- und Umweltschutzinvestitionen im kantonalen Recht zugelassen würden. Auch eine leichte Reduktion der Schuldzinsabzüge ist für die FDP denkbar.

Die CVP unterstützt die Stossrichtung der Vorlage. Dass mit der Abschaffung des Eigenmietwerts auch z.B. die Abzüge für Unterhaltskosten fallen, sei folgerichtig und in sich schlüssig. Auch eine Reduktion des Schuldzinsabzugs sei gerechtfertigt und folgerichtig. Der Zeitpunkt für einen Systemwechsel sei aufgrund des tiefen Zinsniveaus optimal.

Die Grünen weisen die Vorlage zurück. Die Ungleichbehandlung zwischen Eigentümerinnen und Mietern würde weiter verstärkt. Ausserdem führe die Vorlage zu Einnahmeausfällen bei Bund, Kantonen und Gemeinden.

Die BDP stimmt der Abschaffung des Eigenmietwerts zu, ist jedoch dezidiert gegen die Aufhebung der Abzüge für Unterhaltskosten und für Energiesparmassnahmen. Auch auf die Abzugsfähigkeit der Schuldzinsen kann laut BDP verzichtet werden. Begrüsst wird der begrenzte Ersterwerbabzug.

Die GLP unterstützt die Stossrichtung und vor allem die Abschaffung des Eigenmietwerts. Es sei richtig, dass damit auch die Abzüge für Unterhalts- und Verwaltungskosten wegfallen. Auch die Einführungen eines Ersterwerbabzugs wird begrüsst. Die GLP spricht sich jedoch zusätzlich auch für die vollständige Abschaffung der Abzüge für Energie- und Umweltschutzinvestitionen aus. Auch der Schuldzinsabzug müsse vollumfänglich wegfallen.

Auseinander gehen die Meinungen auch bei den Schuldzinsen, die möglicherweise nicht mehr abzugsfähig wären, oder dem neuen Abzug für Ersterwerber. Trotzdem glaubt Hans Egloff, Präsident des Hauseigentümerverbandes (HEV), dass nun der richtige Zeitpunkt sei.

«Der Eigenmietwert wird schon lange als Ungerechtigkeit empfunden. Gerade ältere Eigenheimbesitzer sind benachteiligt. Ihr Einkommen sinkt, im Gegenzug ist der Eigenmietwert stetig angestiegen.» Für Egloff ist klar: «Jetzt muss es gelingen. Denn wir sind in einer Tiefzinsphase». Die Vorlage der Wirtschaftskommission des Ständerates habe daher gute Chancen.

Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung

Steuerausfälle in Milliardenhöhe

Fällt der Eigenmietwert weg, würden Wohneigentümer laut Schätzungen des Immobilien-Beraters Wüest Partner bis zu 1.7 Milliarden Franken sparen. Dieses Geld fehlt aber in der Staatskasse, geben die kantonalen Finanzdirektoren zu Bedenken. Die Vorlage sei in dieser Form nicht tragbar, sagt Eva Herzog, Vizedirektorin der Finanzdirektorenkonferenz.

Zudem wären Abzüge für das Energiesparen oder den Umweltschutz auf Kantonsebene nach wie vor möglich. «Es würde Abgrenzungsschwierigkeiten unter den Kantonen geben und wahrscheinlich hohe Steuerausfälle. Es ist keine Verbesserung gegenüber dem heutigen System», sagt die Finanzdirektorin des Kantons Basel-Stadt.

Ohne Kompromiss chancenlos

Im Grundsatz sind die Parteien nahe bei einem Konsens. Ein Systemwechseln und die Abschaffung des Eigenmietwerts scheint mehrheitsfähig. Doch es braucht einen Kompromiss, weil die Vorstellungen der Parteien hinsichtlich der Steuerabzüge zu weit auseinander liegen.

Dennoch wäre die Ausgangslage günstig. Immobilienexperte Patrick Schnorf von Wüest Partner schreibt in seinem Blog von einer günstigen Gelegenheit: Das Ganze könnte in einer Phase potenziell steigender Zinsen umgesetzt werden und würde das Steuersystem vereinfachen. Ausserdem wären Eigenheime künftig schneller amortisiert, weil die Steuerbelastung sinkt.

Nun muss der Kompromiss gefunden werden. Bereits in der Wintersession soll der Gesetzesentwurf beraten werden. Dann wird sich zeigen, ob der Eigenmietwert definitiv fällt.

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