Wer ein Haus besitzt, kann es vermieten und damit Geld verdienen. Wer sein Haus selbst bewohnt, verdient zwar nichts daran, muss aber trotzdem bezahlen - in Form von Steuern, dem Eigenmietwert. Dieser soll abgeschafft werden.
Die Vernehmlassung zu einer Gesetzesänderung ist am Freitag zu Ende gegangen. Für Haus- oder Stockwerkeigentümer ist die Vorlage zentral, denn die Auswirkungen wären beträchtlich. Die Wohneigentumsquote beträgt in der Schweiz knapp 40 Prozent.
Beim Wegfall des Eigenmietwerts würden bei den aktuell tiefen Hypothekarzinsen Familien im Schnitt 600 Franken weniger Einkommenssteuern pro Jahr bezahlen. Am meisten profitieren würden ältere, alleinstehende Immobilienbesitzer über 65. Sie würden fast 1400 Franken sparen. Im Durchschnitt läge die Steuerersparnis für Eigentümer jährlich bei über 900 Franken.
Der günstige Zeitpunkt
Seit Jahren ist die Abschaffung des Eigenmietwerts ein Thema in der Politik und natürlich bei den Eigenheimbesitzern. Eine Umfrage der «Tagesschau» bei allen Parteien zeigt: Grundsätzlich stehen die bürgerlichen Parteien der Vorlage positiv gegenüber. Aber bei den vielen möglichen Abzügen, die künftig abgeschafft würden, sind sich längst nicht alle einig.
Auseinander gehen die Meinungen auch bei den Schuldzinsen, die möglicherweise nicht mehr abzugsfähig wären, oder dem neuen Abzug für Ersterwerber. Trotzdem glaubt Hans Egloff, Präsident des Hauseigentümerverbandes (HEV), dass nun der richtige Zeitpunkt sei.
«Der Eigenmietwert wird schon lange als Ungerechtigkeit empfunden. Gerade ältere Eigenheimbesitzer sind benachteiligt. Ihr Einkommen sinkt, im Gegenzug ist der Eigenmietwert stetig angestiegen.» Für Egloff ist klar: «Jetzt muss es gelingen. Denn wir sind in einer Tiefzinsphase». Die Vorlage der Wirtschaftskommission des Ständerates habe daher gute Chancen.
Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung
Steuerausfälle in Milliardenhöhe
Fällt der Eigenmietwert weg, würden Wohneigentümer laut Schätzungen des Immobilien-Beraters Wüest Partner bis zu 1.7 Milliarden Franken sparen. Dieses Geld fehlt aber in der Staatskasse, geben die kantonalen Finanzdirektoren zu Bedenken. Die Vorlage sei in dieser Form nicht tragbar, sagt Eva Herzog, Vizedirektorin der Finanzdirektorenkonferenz.
Zudem wären Abzüge für das Energiesparen oder den Umweltschutz auf Kantonsebene nach wie vor möglich. «Es würde Abgrenzungsschwierigkeiten unter den Kantonen geben und wahrscheinlich hohe Steuerausfälle. Es ist keine Verbesserung gegenüber dem heutigen System», sagt die Finanzdirektorin des Kantons Basel-Stadt.
Ohne Kompromiss chancenlos
Im Grundsatz sind die Parteien nahe bei einem Konsens. Ein Systemwechseln und die Abschaffung des Eigenmietwerts scheint mehrheitsfähig. Doch es braucht einen Kompromiss, weil die Vorstellungen der Parteien hinsichtlich der Steuerabzüge zu weit auseinander liegen.
Dennoch wäre die Ausgangslage günstig. Immobilienexperte Patrick Schnorf von Wüest Partner schreibt in seinem Blog von einer günstigen Gelegenheit: Das Ganze könnte in einer Phase potenziell steigender Zinsen umgesetzt werden und würde das Steuersystem vereinfachen. Ausserdem wären Eigenheime künftig schneller amortisiert, weil die Steuerbelastung sinkt.
Nun muss der Kompromiss gefunden werden. Bereits in der Wintersession soll der Gesetzesentwurf beraten werden. Dann wird sich zeigen, ob der Eigenmietwert definitiv fällt.