Schwarz gekleidet, die schwarzen Haare im Pagenschnitt, hinter der Schutzmaske erkennt man ein freundliches Lächeln. Rina Boos passt perfekt zum japanischen Restaurant im Zürcher Hauptbahnhof, in dem sie arbeitet. Sie stellt sich vor. Sie komme aus Japan und lebe seit fast 30 Jahren in der Schweiz. Musik läuft im Take-away-Restaurant. Dazu brummt die Lüftung.
In der Mittagspause – natürlich bei einer Portion Sushi – erzählt die 50-Jährige, was sie in die Schweiz führte. Es war die Liebe. Bei einem Englischkurs in den USA lernte die Anglistin ihren künftigen Schweizer Ehemann kennen.
Höflichkeit ist Trumpf
So ohne Deutschkenntnisse nach Zürich zu kommen, sei hart gewesen. Sie sei viel mit der Schwiegermutter zusammen gewesen. «Sie hat schon probiert, Englisch mit mir zu reden, aber das klappte nicht so gut. Gearbeitet habe ich aber auch.» Und so sei es irgendwie gegangen.
Rina Boos hat zwei Kinder. Durch sie sei es einfacher geworden, Kontakte zu knüpfen. Denn gerade mit offenen Armen sei sie in der Schweiz nicht empfangen worden. Inzwischen passe sie aber sehr gut hierher. Denn sie habe eher eine Schweizer Mentalität. In Japan sei die Höflichkeit Trumpf. In der Schweiz hingegen könne man direkter ansprechen, was einem nicht passe.
Als aktive Tennisspielerin interessiert sie sich sehr für die Olympischen Spiele. Sie wollte als Übersetzerin im olympischen Dorf helfen. «Ich hatte ein Interview und bekam eine Zusage für meinen Traumjob. Doch jetzt ist es so, dass ich nicht hingehe.» Doch nun kann sie wegen der Corona-Restriktionen nicht einreisen. Die Enttäuschung ist gross. Umso mehr wird sie den allen Sportlerinnen und Sportlern die Daumen drücken – besonders beim Tennis, auch wenn ihr Lieblingsspieler nicht teilnehmen kann. Sie ist ein grosser Fan von Roger Federer.
Vom hektischen Restaurant im Shop Ville in eine ruhige Anwaltskanzlei beim Zürcher Paradeplatz. Dort hat Arisa Takata Herb ihr Büro. Auch die Anwältin freut sich auf die Olympischen Spiele in Tokio. «Ich sehe das sehr positiv. Es ist eine Ehre für Japaner, die Olympischen Spiele auszutragen.» Auch sie setzt ihre Hoffnung in die japanische Tennisspielerin Naomi Osaka, diese ist die aktuelle Nummer 2 der Welt.
Dass an den Olympischen Spielen keine Zuschauer zugelassen sind, bedauert Takata Herb. Denn die Japanerinnen und Japaner seien sehr sportbegeistert. Aber im Kampf gegen die Corona-Pandemie sei es auf jeden Fall die richtige Entscheidung. Im Frühjahr hatte sie ihre Mutter in Tokio besucht und gesehen, wie strikt das Land vorgeht. Sie habe jeden Tag ein Mail bekommen mit der Frage, ob sie gesund sei, und musste via App täglich ihre Positionen durchgeben.
Die Gründlichkeit, mit der Japan Aufgaben angeht, sei sehr ähnlich mit der Schweizer Haltung, auch wenn es bei Corona Unterschiede gebe. Die Höflichkeit, die Pünktlichkeit, der Fleiss: All dies verbinde die beiden Kulturen ebenfalls. Auch Takata Herb ist wegen der Liebe in die Schweiz gekommen. Vor 20 Jahren. Sie lernte ihren Mann in Paris bei einem Kongress für Anwälte kennen.
Heute möchte sie nirgendwo anders leben als in der Schweiz. Auch das hiesige Essen hat sie inzwischen gern. «Mein Mann kocht sehr gut Knöpfli, den Appenzeller Käse habe ich auch sehr gern. Und mir gefällt es sehr gut, ich finde es das beste Land für mich zum Wohnen.» Auch wegen der Familie: Ihre drei Kinder besuchen das Gymnasium und sind in Zürich zu Hause. Zum Abschied wünscht auch sie den Athletinnen und Athleten aus Japan und der Schweiz viel Erfolg.