Der Massenmord wurde am 16. Januar 1349 begangen: Ein Mob trieb die Basler Juden aus der Stadt auf eine Kiesinsel im Rhein und verbrannte sie lebendigen Leibes. Die Opferzahl wird auf zwischen 100 und 600 geschätzt – letzteres wäre rund ein Zehntel der damaligen Basler Bevölkerung gewesen.
Damals war die Pest am Anrollen, was Verschwörungstheorien befeuerte. Aber auch gezielte Diffamierung: Juden aus dem heute waadtländischen Städtchen Villeneuve am Genfersee wurden gefoltert, bis sie im Jahr 1348 zugaben, Brunnen vergiftet und so die Pest verbreitet zu haben. In der Folge wurden überall, wo sich diese Brunnenvergifter-Lüge ausbreitete, die Juden ermordet. Ein Jahr nach Villeneuve eben auch in Basel – noch bevor die Pest wenige Monate darauf am Rheinknie ankam.
Symbolträchtige Pogrom-Gedenktafel
Exakt 675 Jahre nach diesem Pogrom, trafen sich rund 200 Personen im Grossratssaal des Basler Rathauses zum ersten Gedenktag. Darunter waren Mitglieder der heutigen jüdischen Gemeinde Basels und Vertretungen von Regierung und Parlament.
Ein Denkmal zu dieser Schandtat im Mittelalter gibt es in Basel bisher nicht, aber demnächst soll eine Gedenktafel eingeweiht werden. Wo genau, steht noch nicht fest; infrage kämen etwa die Mittlere Brücke oder die Stadtmauer.
Das Judentum hatte sich stark am Aufbau von Basel beteiligt.
Diese beiden Bauwerke haben Basel im Mittelalter Wohlstand und Sicherheit gebracht – und beide konnten damals nur dank der Beschaffung von Geldern durch die Juden realisiert werden. Für den Bau der Brücke am damals wichtigsten Nord-Süd-Handelsweg hatte der Bischof den Münsterschatz an die Basler Juden verpfändet.
Ziel der Gedenktafel ist laut Barbara Häne vom Jüdischen Museum der Schweiz in Basel, «dass man sich bewusst wird, wie alt das Judentum ist in dieser Stadt, das sich stark am Aufbau von Basel beteiligt hatte». Und man solle sich auch an die unrühmliche Rolle des damaligen Basler Rats erinnern, der an jenem Pogrom stark beteiligt gewesen sei.
Diffamierung und Ermordung aus Eigennutz
Für die Geschichtsforschung ist heute klar, dass die damaligen Zünfte und der Basler Rat die Pest als willkommenen Vorwand genutzt hatten, um die Juden als Brunnenvergifter zu verunglimpfen. Mit der Ermordung der Juden wurde die Stadt nicht nur eine Minderheit los, sondern auch alle ihre Schulden. Und neu aufkommende christliche Geldverleiher konnten ohne die etablierte jüdische Konkurrenz wirken.
Die Untat hatten Köpfe der Städte Basel, Freiburg im Breisgau und Strassburg gemeinsam geplant. Die offizielle Basler Stadtchronik verschwieg das Pogrom jahrzehntelang – später wurde die Geschichte des Pogroms bloss aus Täterperspektive dargestellt. Auch dies soll nun korrigiert werden.
Umso mehr freue es die jüdische Gemeinde in Basel, dass die Gedenkfeier nun in repräsentativem Rahmen im Rathaus stattfand. Eingeladen hatten die Israelitische Gemeinde Basel, die Liberale Jüdische Gemeinde Migwan, das Zentrum für Jüdische Studien der Universität Basel, das Jüdische Museum und das Präsidialdepartement Basel-Stadt.