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Jüdische Solidarität Juden in der Schweiz und in der Ukraine verbindet die Geschichte

An der Delegiertenversammlung (DV) des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG) war auch der Krieg in der Ukraine ein Thema. Gleichzeitig traf sich auch die soziale Organisation der jüdischen Gemeinden in der Schweiz, der Verband Schweizerischer Jüdischer Flüchtlingshilfen/Fürsorgen (VSJF), zu seiner DV. Der VSJF verfügt über einen Sozialdienst, der jüdischen Menschen, die meist keiner Gemeinde angehören, Hilfe anbietet. 

Die Betroffenheit der Schweizer Jüdinnen und Juden ist gross. Mit ihren Glaubensgenossen aus der Ukraine verbindet sie eine lange Geschichte. Man stehe in engem Kontakt mit jüdischen Gemeinden in der Ukraine, sagt der Präsident des SIG, Ralph Lewin. Viele Schweizer Juden und Jüdinnen hätten Verwandte in der Ukraine. Die Solidarität unter Jüdinnen und Juden sei ebenso gross wie in der gesamten Schweizer Bevölkerung.

«Alle leiden mit bei dem, was jetzt geschieht. Es hat dort eine sehr grosse jüdische Gemeinschaft. Mein Schwiegervater beispielsweise ist in der Ukraine geboren worden. Es geht jetzt darum, das Leiden dieser Menschen zu lindern und ein Ende für diesen Krieg zu finden», sagt Ralph Lewin. 

Ralph Lewin
Legende: Ralph Lewin war von 1997 bis 2008 Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt und von 2010 bis 2017 Verwaltungsratspräsident der Bank Coop (heute Bank Cler). Seit 2020 ist er Präsident des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds (SIG). Keystone Archiv (2013)

Dass Putin den Krieg in der Ukraine mit der Entnazifierung des Landes begründet, sei als Vergleich nicht nur stossend, sondern auch absurd, sagt Lewin: «Sicher gibt es einzelne Nazis wie in ganz vielen Ländern auch. Aber dass die Staatsspitze ein Nazi-Regime sei, ist vollständig aus der Luft gegriffen. Die Ukraine hat einen jüdischen Präsidenten, der in einer demokratischen Wahl gewählt worden ist. Die Bezeichnung dieses Regimes als Nazi-Regimes ist in erster Linie eine Banalisierung des Holocaust.» Damals seien in der Ukraine eineinhalb Millionen Menschen umgebracht worden.

Rund 300 geflüchtete Juden aus der Ukraine

Vor dem aktuellen Kriegsgeschehen sind bisher etwa 300 Juden und Jüdinnen aus der Ukraine in die Schweiz geflüchtet. Das sei nicht das erste Mal, sagt Gabrielle Rosenstein, die Präsidentin des Verbands Schweizerischer Jüdischer Fürsorgen (VSJF).

«Unser Verband wurde kurz nach 1900 gegründet, als Juden im Auftrag des russischen Zaren zwangsrekrutiert wurden, vor allem im ukrainischen Gebiet, als Kosaken Pogrome durchgeführt haben. Das gab eine riesige Auswanderungswelle, auch in die Schweiz», sagt Rosenstein.

Pessach und der Sederabend

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Pessach gehört zu den wichtigsten Festen des Judentums. Es erinnert an den Auszug aus Ägypten (Exodus), also die Befreiung der Israeliten aus der Sklaverei. Pessach wird als Familienfest mit verschiedenen Riten gefeiert.

Am Vorabend von Pessach findet der Sederabend statt. Dabei wird im Kreis der jüdischen Gemeinde oder Familie des Auszugs aus Ägypten gedacht. Es werden Texte über die Gefangenschaft der Israeliten in Ägypten und deren Flucht vorgelesen und gesungen. Die Texte sind biblischen und rabbinischen Ursprungs. Während des Sederabends wird ungesäuertes Brot (Matze) gegessen, als Symbol der Eile vor der Flucht, weil der Brotteig nicht aufgehen konnte. Dazu werden weitere Speisen als Sinnbilder für die Entbehrungen gereicht.

Die jüdischen Gemeinden hätten damals viel für die Flüchtlinge getan. Auch heute sei die Solidarität gross: Von Wohnraum über Schulen, vieles werde für die Flüchtlinge bereitgestellt. Zudem gäbe es spezielle Anlässe für die Geflüchteten, die von jüdischen Gemeinden organisiert würden.

Dazu gehöre auch koschere Verpflegung oder ein Seder, eine zeremonielle Mahlzeit zu Beginn des jüdischen Pessach-Festes, das für eine grosse Gruppe ukrainische Geflüchteter in Davos (GR) organisiert werden konnte. «Das war ein spezielles Gemeinschaftserlebnis für die Ukrainerinnen, das mit Flucht und Exil zusammenhängt», erklärt Gabrielle Rosenstein.

Gruppenfoto der Teilnehmenden in Davos
Legende: Mit Unterstützung des VSJF konnte eine grosse Gruppe Geflüchteter aus der Ukraine das Pessach-Fest in Davos (GR) verbringen. VSJF

Bundesrätin Karin Keller-Sutter hat als Ehrengast an der Delegiertenversammlung in Bern teilgenommen. In Bezug auf den Krieg in der Ukraine lobte sie die Solidarität und dankte für das Engagement der jüdischen Gemeinschaft.

Staatsbeitrag für Sicherheitskosten

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Bundesrätin Karin Keller-Sutter hat sich für einen umfassenden Staatsbeitrag an die Sicherheitskosten für religiöse Einrichtungen ausgesprochen. Sie sagte an der DV des SIG, jüdische und muslimische Einrichtungen seien einer Terrorgefahr ausgesetzt. Hinzu komme der gewalttätige Extremismus als weitere Gefahrenquelle.

«Ich finde es unsäglich, dass man von einer religiösen Minderheit verlangt, dass sie sich selber schützt», zitierte der SIG die Bundesrätin in einer Mitteilung. Keller-Sutter nahm ausdrücklich die Kantone in die Pflicht und kritisierte jene, die sich bei der finanziellen Unterstützung an die Sicherheitskosten zurückhielten.

Der Bundesrat hatte die Mittel im April erhöht und den Religionsgemeinschaften ermöglicht, auch laufende Sicherheitskosten geltend zu machen.

Echo der Zeit, 29.05.2022, 18:00 Uhr ; 

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