Heute führt Luca Eichenberger eine Bar in Basel. Er hat sein Leben im Griff. Doch in seiner Jugend hatte er die Kontrolle über sein Leben verloren: falsche Kollegen, Drogen, schnelle Autos, Diebstahl, Einbrüche. «Es waren 196 Anklagepunkte in vier Monaten», sagt er.
Aber: Der heute 33-Jährige hat seine Lektion gelernt. Vier Jahre lang war er im Massnahmenzentrum (MZ) Arxhof im Kanton Baselland. Das war vor rund zehn Jahren.
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Bild 1 von 3. Die Zeit auf dem Arxhof sei rückblickend eine wichtige Erfahrung gewesen: «Es ist gut, dass es mir so passiert ist. Ich glaube, ich würde sonst heute nicht so dastehen.». Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 3. Seine schwierige Vergangenheit hat er hinter sich gelassen – nur die Tattoos erinnern noch daran. Bildquelle: SRF.
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Bild 3 von 3. An Wochenenden durfte Luca Eichenberger auf dem Arxhof Besuch empfangen, hier von seiner Mutter und Schwester. Bildquelle: SRF.
Eichenberger möchte auch etwas zurückgeben, engagiert sich bei Präventionsprojekten. Und er ist auch auf den Arxhof zurückgekehrt: als Aushilfe im Team der Sozialpädagogen.
Starke Veränderungen in den letzten Jahren
Dabei konnte er die Veränderungen bei den Eingewiesenen in der Justiz-Institution beobachten. Und diese seien gravierend: «In meinen Worten würde ich sagen, die psychischen Störungen haben zugenommen. Zu meiner Zeit hatten wir zwei, vielleicht drei, die als ‹gefährliche Täter› eingestuft worden sind. Heute ist es eher die Mehrheit.»
Diese Veränderungen stellt auch der Arxhof-Direktor, Francesco Castelli, fest: «Seit etwa fünf Jahren beobachten wir eine starke Veränderung im Profil der Eingewiesenen. Sie sind psychisch belasteter, kognitiv eingeschränkter und jünger. Weiter haben wir auch eine Gruppe mit sehr geringen Deutschkenntnissen.» Die Probleme mit Gewaltfällen hätten zugenommen.
Ich glaube, man kann von einem Paradigmenwechsel reden.
«Einschneidend war ein Ereignis vor rund drei Jahren: Ein Gewaltübergriff gegen einen Mitarbeiter im Nachtdienst.» Dieser Angriff sei Auslöser für einschneidende Veränderungen gewesen. «Uns wurde klar, wir brauchen einen Sicherheitsdienst rund um die Uhr.»
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Bild 1 von 2. «Einschneidend» seien die Veränderungen der letzten Jahre, sagt Arxhof-Direktor Francesco Castelli. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 2. Rund um die Uhr sorgen zwei Männer für Ordnung. Dafür hat der Arxhof das Sicherheitsdispositiv um sieben Vollzeitstellen aufgestockt. Bildquelle: SRF.
Für den Arxhof, dessen Markenzeichen eigentlich der offene Vollzug ist, war das eine richtungsweisende Veränderung: «Ich glaube, man kann von einem Paradigmenwechsel reden», sagt Castelli.
Die Eingewiesenen dürfen nur anonym Auskunft geben. Einer der Älteren sagt, sogar ihm seien die Jungen zu verroht: «Sie haben null Ziele im Leben. Das macht sie unberechenbar und wild.»
Seit dreieinhalb Jahren ist er in der Institution und hat damit den «Ältesten-Status». Er sollte die Jüngeren unter seine Fittiche nehmen und bei Streitigkeiten vermitteln. Das sei aber zunehmend schwierig. Die Gruppendynamik sei aus dem Gleichgewicht geraten.
Zurück in die Bar von Luca Eichenberger. Ob er auch unter den heutigen Umständen auf dem Arxhof die Kurve in ein normales Leben gefunden hätte? Nach etwas zögern antwortet er: «Ich glaube eher nicht. Hart ausgedrückt: Ich bin lieber auf dem Arxhof gewesen, so wie es damals war, als unter den heutigen Umständen.»
Dank der verschiedenen Massnahmen fühlen sich unsere Mitarbeitenden wieder sicher.
Etwas optimistischer blickt Arxhof-Direktor Francesco Castelli auf die Situation: «Dank der verschiedenen Maßnahmen fühlen sich unsere Mitarbeitenden wieder sicher.» Das habe zu einer Entspannung geführt.
Das sei eine Bedingung, um überhaupt mit den Eingewiesenen arbeiten zu können. «Ich glaube, wir sind wieder stabiler unterwegs als noch vor drei, vier Jahren». Der therapeutische Ansatz sei weiterhin möglich, sagt Castelli. Mit der Aufrüstung bei der Sicherheit wird aber das Konzept des offenen Vollzugs auf die Probe gestellt.