«Verkehrs-Kontroll-System (VKS)» heisst das System, mit dem die Kantonspolizei St. Gallen neu auf die Jagd nach Dränglerinnen und Dränglern geht. Das VKS zeichnet sowohl den Abstand zwischen zwei Fahrzeugen auf als auch die jeweilige Geschwindigkeit. St. Gallen ist nach Bern erst der zweite Kanton der Schweiz, wo dieses System zum Einsatz kommt.
400 Meter Messbereich
Um die Abstände zwischen zwei Autos zu messen, kommen total drei Kameras zum Einsatz. «Eine Kamera filmt das Kontrollschild und den Fahrer zur Identifikation», erklärt Philipp Sennhauser, Leiter der St. Galler Verkehrspolizei. Die Aufnahmen von zwei anderen Kameras ermöglichen die Bestimmung des Abstandes von zwei Fahrzeugen.
Neues Messgerät für St. Galler Kantonspolizei
Der Messbereich decke dabei etwa 400 Meter ab, sagt Sennhauser. Damit werde verhindert, dass auch Menschen angezeigt werden, die unschuldig zu wenig Abstand haben, beispielsweise wenn ein anderes Auto direkt vor das eigene Fahrzeug fährt.
Das 200'000 Franken teure Messsystem soll laut Sennhauser künftig zwei bis vier Mal pro Monat irgendwo auf dem Kantonsgebiet aufgestellt werden. Die Polizei verspricht sich davon einen grossen Nutzen, da es das Drängeln rechtsgenüglich dokumentieren kann.
Bei der Hälfte der Auffahrunfälle Verletzte
Im Kanton St. Gallen ereignen sich laut Kantonspolizei jährlich etwa 100 Auffahrunfälle auf sogenannten Hochleistungsstrassen, also auf Autobahnen oder Autostrassen. Dabei würden immer wieder Personen verletzt, etwa rund bei der Hälfte der Zwischenfälle, meistens leicht. Die geschätzte Schadenssumme liege bei 1.5 Millionen Franken.
Mangelnder Abstand ist eine der Hauptunfallursachen auf Hochleistungsstrassen.
«Mangelnder Abstand ist eine der Hauptunfallursachen auf Hochleistungsstrassen. Dem wollen wir entgegenwirken. Bislang gab es Patrouillen, die wenige Fahrer mit zu kleinem Abstand anzeigen konnten. Jetzt können wir grossflächiger operieren», sagt Philipp Sennhauser.
Rechtssprechung ist vage
Die Rechtssprechung hat bislang keine Grundsätze zur Frage entwickelt, welche Abstände bei welchem Tempo zum voran fahrenden Fahrzeug angemessen sind. «Halber Tacho» oder die «Zwei-Sekunden-Regel» sind bloss Faustregeln von der Beratungsstelle für Unfallverhütung (siehe Textbox), aber nicht sakrosankt im Strassenverkehrsgesetz niedergeschrieben. Dort ist in Art. 34 lediglich festgehalten, dass gegenüber anderen Verkehrsteilnehmenden ein ausreichender Abstand zu wahren ist.
Es gebe aber Richtwerte zum Abstand von zwei Fahrzeugen, erklärt Polizist Sennhauser: «Diese sind durch die Rechtssprechung definiert. Auf der Autobahn begeht man zum Beispiel eine grobe Verkehrsregelverletzung, wenn der Abstand 0.6 Sekunden oder kleiner ist.»
Verstösse werden angezeigt
Die Kulanz höre bei eben diesen 0.6 Sekunden auf, so Sennhauser. «Es geht um jene Fahrer, die sicher nicht halten können, wenn der Vordermann bremst. Also jene, die einem auf Deutsch gesagt am Hintern kleben, die drängeln, die einem fast nötigen, schneller zu fahren.»
Es geht um jene Fahrer, die einem auf Deutsch gesagt am Hintern kleben.
Mit dem neuen System lassen sich solche Verstösse nun genauer aufzeichnen und dokumentieren. Die Verkehrspolizei kann sie dann bei der St. Galler Staatsanwaltschaft zur Anzeige bringen. Diese entscheidet in der Folge je nach Fehlbarkeit über das Strafmass, das bis zum Führerscheinentzug reichen kann.