«Gesetze werden am Schreibtisch erschaffen.» Der Satz stammt von Sandra Sollberger. Sie hält die Möglichkeiten aktuell für viel zu klein, mit denen die bürokratischen Folgen solcherart erschaffener Gesetze überprüft werden können.
Die SVP-Nationalrätin und Maler-Unternehmerin aus dem Baselland spricht aus eigener Erfahrung. «Ich verbringe mehr Zeit oben im Büro, als in der Werkstatt oder draussen bei den Kunden.» Sie hat mit einer Motion den Bundesrat beauftragt, ein Gesetz über die Reduktion der Regelungsdichte auszuarbeiten. Das Gesetz soll letztlich bürokratischen Leerlauf beenden. Sollberger ist damit im Parlament nicht alleine.
Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat eine entsprechende Motion der FDP angenommen – mit 25 zu 16 Stimmen bei einer Enthaltung. «Die Klagen über übermässige Regulierung in diesem Haus ist gleich alt wie das Haus selber», kommentierte Andrea Caroni (FDP/AR) das Anliegen seiner Partei.
Die Motion verlangt vom Bundesrat die Ausarbeitung eines Gesetzes, mit dem die Folgen der regulativen Ausgestaltung neuer Gesetze deren tatsächlichem Nutzen gegenübergestellt würden.
Die Folgen gesetzlicher Regulierung drücken sich in imposanten Zahlen aus. Allein in den letzten zehn Jahren ist die Rechtssammlung des Bundes um einen Drittel angewachsen. Auf insgesamt über 70'000 Seiten. Die Kosten, die diese Regulierung der Wirtschaft verursacht, werden auf 10 bis 50 Milliarden Franken jährlich geschätzt.
Man kann Bürokratie nicht mit den Mitteln der Bürokratie bekämpfen.
Nicht nur dem FDP-Politiker Caroni ist die Ironie des Vorhabens aufgefallen – die Regulierung der Regulierung. Vor allem für Politiker aus dem linken Lager geht die Motion in die falsche Richtung. Man bekämpfe Bürokratie nicht mit noch mehr Bürokratie, monierte SP-Ständerat Christian Levrat in Bern.
Noch weiter geht der Grüne-Nationalrat Balthasar Glättli (ZH). Unternehmen könnten bei Gesetzen und ihrer Ausarbeitung viel mitreden. Vielfach seien Regulierungen von den Branchen selbst gewünscht. Gerade im Lebensmittelbereich sei das ja auch sehr im Sinne des Konsumenten.
Der Dichtestress im Regulierungs-Dschungel ist kein Novum auf der parlamentarischen Agenda. Über 100 Vorstösse zur Verringerung der Regulierungsdichte kamen allein in den letzten Jahren im Bundeshaus zur Verhandlung.
Der Bundesrat weigert sich
Der Bundesrat agiert derzeit im Thema nur mit halbem Herzen. Wirtschaftsminister Guy Parmelin wiederholte, was der Bundesrat erst gerade in einem Bericht dargelegt hatte. Kurz: Es gebe heute bereits Instrumente, um die Regulierung zu bremsen, man müsse diese nur optimieren.
Die Mehrheit im Parlament ist anderer Auffassung. Die bisherigen Bestrebungen zum Abbau von Regulierungen genügen nicht. Der Bundesrat weigere sich, vom Parlament gemachte Vorgaben umzusetzen, lautete der Tenor.
WAK fordert Regulierungs-Überwacher
Das Thema wird neben dem Bundesrat auch das Parlament weiter beschäftigen. Die Wirtschaftskommission des Ständerats (WAK) fordert mit einer parlamentarischen Initiative eine unabhängige Prüfstelle. Diese soll bei wichtigen Projekten im Auge behalten, ob die Einschätzung von Regulierungsfolgen seitens der Verwaltung realistisch ist.
Stimmt die Schwesterkommission des Nationalrates der parlamentarischen Initiative zu, kann die Ständeratskommission einen Gesetzesentwurf ausarbeiten. Sie möchte die unabhängige Stelle im Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz verankern.