Der Bundesrat will Industriezölle im Umfang von 500 Millionen Franken pro Jahr senken. Das soll Unternehmen, aber auch Konsumentinnen und Konsumenten zugutekommen, in Form von tieferen Preisen. Die Rede ist von Autos, Velos, Körperpflegeprodukten, Haushaltgeräten, Schuhen und Kleidern. Ein Monitoring soll sicherstellen, dass die Gewinne auch an die Endverbraucher weitergegeben werden.
«Alles ist gut, was die ungerechtfertigten Preisunterschiede herunterbringt», sagt Sara Stalder, Geschäftsführerin der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS). Mit Blick auf die kommende parlamentarische Beratung der «Fair-Preis-Initiative» und des bundesrätlichen Gegenvorschlags spricht sie aber nur von einem «Schrittchen» in die richtige Richtung.
Alles ist gut, was die ungerechtfertigten Preisunterschiede herunterbringt.
SKS: Fehlanreize nicht ausgemerzt
Der Bundesrat habe nun zwar eingesehen, dass etwas gegen die Hochpreisinsel Schweiz getan werden müsse und versuche es mit dem Abbau von staatlichen Handelshemmnissen. Die Landesregierung verkenne dabei aber die Lage. Denn das Hauptproblem seien die «privatrechtlichen Handelshemmnisse», also jene zwischen den Unternehmen. «Wir sind nicht so sicher, wie ernsthaft es dem Bundesrat ist, die Fehlanreize zwischen den Unternehmen zu korrigieren», sagt Stalder.
Das bewegt sich in einem so kleinen Rahmen, dass ein Konsument nicht wirklich etwas spürt.
Stalder relativiert zugleich den Effekt der bundesrätlichen Massnahme, die Einsparungen von weniger als einem Promille des Volkseinkommens ausmachen: «Das bewegt sich in einem so kleinen Rahmen, dass ein Konsument von dieser Massnahme nicht wirklich etwas spürt.» Die SKS-Geschäftsführerin verweist auf eigene aktuelle Erhebungen, wonach die Preisunterschiede auf Produkten zwischen 35 und 70 Prozent oder gar mehr liegen.
Mehr Wettbewerb unter Importeuren
Auch der St. Galler Wirtschaftsprofessor Reto Föllmi erwartet sich keinen massiven Effekt. Dennoch geht er davon aus, dass sich neben 500 Millionen Franken weniger an Zöllen eine erhöhte Transparenz und weniger administrative Kosten positiv auf die Unternehmen auswirken könnten. Dies wiederum komme auch dem Konsumenten zugute, der auch im Internet vergleichen könne.
Den Direkteffekt erwartet er aber nicht im Ladenregal, sondern bei den Importeuren, die Rohwaren oder Konsumgüter einführen. Zugleich sei mit einem stärkeren Wettbewerb zwischen Importeuren zu rechnen.
Der Entscheid zeigt, dass die Schweiz sehr stark auf offene Grenzen angewiesen ist, aber auch auf offene Grenzen setzt.
Das Risiko, dass sich die Schweiz mit dieser Massnahme mit Blick auf künftige Freihandelsabkommen schwächt, schätzt Föllmi als sehr beschränkt ein. Denn wenn die Zölle auf null seien, müsse die Firma das Abkommen gar nicht mehr anwenden und könne ohne Formularkrieg importieren.
Den Entscheid des Bundesrats wertet Föllmi als wichtiges Signal in einer Welt, die stärker und stärker vom Protektionismus ergriffen werde: «Es zeigt, dass die Schweiz sehr stark auf offene Grenzen angewiesen ist, aber auch auf offene Grenzen setzt.»