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Kampf gegen Kinderarmut Caritas fordert nationale Strategie

In jeder Schweizer Schulklasse gibt es durchschnittlich ein Kind, das in Armut lebt. Zwei weitere leben nur knapp über der Armutsgrenze. Ein unhaltbarer Zustand, findet Caritas Schweiz und fordert, dass der Bund endlich aktiv wird.

Das Wichtigste in Kürze

  • Caritas Schweiz fordert eine nationale Strategie zur Armutsbekämpfung.
  • Regelungen zu Familienergänzungsleistungen und besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie sollen schweizweit gelten.
  • Kinder sollten Zugang zu qualitativ guter früher Förderung haben.
  • Für armutsbetroffene Familien müssten diese Angebote kostenlos sein.

Kinderarmut sei in der Schweiz eine Tatsache: 76'000 Kinder sind landesweit von Armut betroffen, und weitere 188'000 Kinder leben in prekären Verhältnissen knapp oberhalb der Armutsgrenze, wie die Caritas bekanntgab.

Besonders stark betroffen seien Kinder, die in einem alleinerziehenden Haushalt aufwachsen sowie jene, deren Eltern ein tiefes Bildungsniveau aufwiesen: Eine von Armut betroffene Familie müsse heute mit weniger als 20 Franken pro Tag und pro Person über die Runden kommen.

Schweiz liegt international zurück

Der Staat investiere zu wenig in Kinder und Familie. Mit 1,5 Prozent des Bruttoinlandproduktes liege sie deutlich unter dem europäischen Durchschnitt von 2,3 Prozent.

Auffallend sei insbesondere die geringe Subventionierung von Plätzen in Kindertagesstätten. Das habe zur Folge, dass Eltern in der Schweiz verglichen mit den Nachbarländern einen doppelt bis dreifach so hohen Anteil an den Gesamtkosten tragen müssten.

Landesweite Familienergänzungsleistungen

Kantone und Gemeinden müssten gemeinsam mit dem Bund ein Angebot in der familienexternen und schulergänzenden Betreuung realisieren, das die Nachfrage decke. Zusätzlich müsse die Wirtschaft in allen Berufsfeldern und auf allen Karrierestufen familienfreundliche Arbeitsbedingungen verwirklichen.

Alle Kinder sollten zudem Zugang zu qualitativ guter früher Förderung haben, sei dies in institutionellen Angeboten wie Kindertagesstätten oder in aufsuchenden Projekten. Für armutsbetroffene Familien müssten diese Angebote kostenlos sein. Gelinge es den Kantonen nicht, frühe Förderung schweizweit zu realisieren, müsse der Bund die Verantwortung für diesen aus Armutsperspektive zentralen Bereich übernehmen.

Für SVP-Nationalrätin Verena Herzog keine Option. «Aus meiner Sicht sollte das Kantonssache bleiben, da man dort näher an der Familie ist. Zudem stehen wir bei der Finanzierung der Sozialwerke mit der AHV und den Ergänzungsleistungen ohnehin vor grossen Herausforderungen.» Einen Ausbau auf Bundesebene sei deshalb nicht zu leisten, so Herzog.

Bund soll Engagement fortsetzen

Caritas fordert, dass der Bund sein Engagement fortsetzt. Denn alle Zahlen und Untersuchungen zur Armut in der Schweiz wiesen darauf hin, dass Armut die grösste soziale Herausforderung der kommenden Jahrzehnte bleiben werde.

Der Bund müsse gemeinsam mit den Kantonen, Gemeinden, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Armutsbetroffenen eine Schweizerische Strategie zur Armutsbekämpfung und Armutsprävention entwickeln.

«Natürlich braucht es hier eine schweizerische Lösung – spätestens nach den nächsten Wahlen», sagt SP-Nationalrat Paul Rechsteiner. Die Probleme seien ja schon seit längerem bekannt. Inzwischen gebe es auch schon vier Kantone, die Ergänzungsleistungen für Familien eingeführt hätten. Und letztlich sollte gelten: «Kinder können nichts dafür, in welche Verhältnisse sie hineingeboren werden» – sprich, alle sollten die gleichen Chancen haben.

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