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Kampf um «No-Billag» Die Romandie ist ein «hartes Pflaster»

Vor gut zwei Jahren wurde über die neue Gebührenregelung für Radio und Fernsehen abgestimmt. Die Vorlage des Bundes über das revidierte Radio- und Fernsehgesetz (RTVG) kam nur äusserst knapp durch und nur dank der Romands.

Wir haben in der Westschweiz generell ein positiveres Verhältnis zum Service Public in allen möglichen Bereichen.
Autor: Manuel Puppis Professor für Mediensysteme und Medienkultur der Uni Freiburg

Für Manuel Puppis, Medienprofessor an der Universität Freiburg, zeigte sich bei diesem Abstimmungsresultat, was auch in der aktuellen Debatte zu beobachten sei: «Wir haben in der Westschweiz generell ein positiveres Verhältnis zum Service Public in allen möglichen Bereichen. Das betrifft nicht nur Radio und Fernsehen, sondern auch Post oder die SBB. Man ist hier offener dafür, dass mit öffentlichen Geldern eine Leistung für alle bereitgestellt wird.» In der Deutschschweiz sei die Skepsis gegenüber dem Staat ausgeprägter.

Sehr kleiner Werbemarkt

Bei den Radio- und Fernsehgebühren sei den Romands zudem sehr wohl bewusst, dass sie als französischsprachige Minderheit finanziell vom Ausgleich innerhalb der SRG profitierten. Für die Romandie steht mehr Geld zur Verfügung, als eingenommen wird. Zudem ist auch ihr Werbemarkt deutlich kleiner: «Mit Werbung oder mit Pay-TV kann in der Westschweiz noch viel weniger eingenommen werden als in der Deutschschweiz. Man ist daher für diese Frage sensibilisierter.»

Mit Werbung oder mit Pay-TV kann in der Westschweiz noch viel weniger eingenommen werden als in der Deutschschweiz.
Autor: Manuel Puppis Professor für Mediensysteme und Medienstruktur der Uni Freiburg

Besonders kritisch hätten die Romands auch die Veränderungen in der Presselandschaft beobachtet. «Man hat auch in den privaten Medien gesehen, dass es eine Medienkrise gibt.» Manche Titel wurden ganz eingespart, wie ‹L’Hebdo› zum Beispiel, manche Redaktionen wurden zusammengelegt. Man spüre die Krise stärker, und man sei sich sehr bewusst, dass man Journalismus auf dem Markt nur schwierig erstellen könne, sagt Puppis.

Liberalismus ist nicht Ultraliberalismus

Die Gegner der Initiative lehnten sich unter diesen Vorzeichen aber nicht einfach zurück, sondern formten breit aufgestellte Unterstützungskomitees.

In der Waadt werden sie angeführt von FDP-Nationalrat Laurent Wehrli. Er sei zwar für eine liberale Wirtschaft, sagt er, aber man dürfe Liberalismus nicht mit Ultraliberalismus, respektive Zerstörung verwechseln.

Die ‹No-Billag›-Initiative hat es ganz sicher schwieriger in der Romandie. Aber gewinnen kann man immer.
Autor: Nicolas Jutzet Präsident der Junfreisinnigen der Waadt, No-Billag-Befürworter

Für die Initiative setzt sich Nicolas Jutzet ein. Der Präsident der jungen FDP Neuenburg ist der Kopf der Befürworter in der Romandie, und er stellt fest: «Die ‹No-Billag›-Initiative hat es ganz sicher schwieriger in der Romandie. Aber gewinnen kann man immer.»

Am ehesten findet das finanzielle Argument gegen die Gebühren Anklang, denn viele Haushaltsbudgets sind stärker belastet als in der Deutschschweiz. Sie bezahlen deutlich höhere Steuern und Krankenkassenprämien.

Die SVP, die von den nationalen grossen Parteien als einzige die Ja-Parole gefasst hat, ist in der Westschweiz weit weniger stark verankert als in der Deutschschweiz. Und selbst der Freiburger SVP-Nationalrat Jean-François Rime, der entschieden gegen eine gebührenfinanzierte SRG ist, muss eingestehen, dass es private elektronische Medien in der Westschweiz schwerer haben als etwa in Zürich oder Basel.

Gewerbe tickt in der Westschweiz anders

Jean-François Rime ist auch Präsident des Gewerbeverbandes, doch sämtliche Westschweizer Kantonalsektionen haben anders als die Dachorganisation die Nein-Parole gefasst. Der Präsident des Waadtländer Gewerbeverbandes Christophe Raymond engagiert sich gegen die Initiative. Natürlich sei nicht alles optimal bei der SRG, sagt er. Aber man solle das Kind nicht mit dem Bade ausschütten, denn die SRG trage in der Schweiz zum solidarischen Zusammenhalt bei.

Alles in allem ist die Westschweiz für die Initiativ-Befürworter ein härteres Pflaster als die Deutschschweiz.

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