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Kampfjet-Karussell Kann die französische «Rafale» mit Datensouveränität punkten?

Eine «Rafale» für unabhängige Daten: Frankreichs Verteidigungsministerin Florence Parly warb für den Jet in der Schweiz.

Die französische Rüstungsindustrie und die französische Armee böten der Schweiz erprobte Technologie an, um die Schweizer Bevölkerung zu verteidigen. Das erklärte Verteidigungsministerin Florence Parly beim Treffen mit VBS-Chefin Viola Amherd in Bern.

Und dann führte Parly ihr zentrales Argument an: «Ich weiss, dass die Schweiz sehr viel Wert auf die Souveränität insbesondere der Daten legt. Der französische Kampfjet Rafale bietet diese Unabhängigkeit.»

Verteidigungsministerin Viola Amherd begrüsst ihrer französische Amtskollegin Florence Parly
Legende: Verteidigungsministerin Viola Amherd begrüsst ihre französische Amtskollegin Florence Parly in Bern. Keystone

Frankreich pflegt Kontakte auf höchster diplomatischer Ebene, um den Rafale-Kampfjet zu bewerben. Auch Airbus, Herstellerfirma des Eurofighters, setzt auf diplomatische Unterstützung. So waren die Botschafter der beteiligten Länder Deutschland, Italien, Spanien und Grossbritannien an der Medienkonferenz anwesend, als Airbus die Offerte einreichte.

Dazu spricht Airbus auch die allgemeine Bevölkerung an – in Form eines «Eurofighter-Podcasts», der letzte Woche lanciert wurde. Damit wolle man die Bevölkerung sensibilisieren, teilt Airbus mit. Es soll also ein positives Bild in der Öffentlichkeit entstehen, das den Entscheid möglicherweise indirekt beeinflussen kann. Hauptargument von Airbus: Europäische Kooperation und Aufträge für die Schweizer Industrie.

F-35 von Lockheed Martin: die «Modernste»

Öffentlichkeitswirksam agiert auch die US-Rüstungsfirma Lockheed Martin, die den Tarnkappenjet F-35 herstellt. Hauptargument: Es sei der modernste Kampfjet, der zur Auswahl stehe. Jim Robinson, verantwortlich für die Kampagne in der Schweiz, streicht in Bezug auf die den Piloten zur Verfügung stehenden Daten heraus: «Es ist mit dem F-35 so, wie wenn man ein iPhone der neuesten Generation mit einem Klapp-Mobiltelefon vergleichen würde.»

Die US-Hersteller kämpfen allerdings politisch mit Gegenwind, wegen Berichten über die technologische Abhängigkeit von den USA. Das ist vermutlich auch der Grund, weshalb sich Boeing eher zurückhält. Die Herstellerin des F/A-18 Super Hornet, Nachfolgerin des heutigen F/A-18 der Schweizer Luftwaffe, setzt auf das Argument Kontinuität.

Die technische Evaluation der Kampfjets ist abgeschlossen, das Bundesamt für Rüstung Armasuisse wird in diesen Tagen seine Kaufempfehlung an den Bundesrat übermitteln.

Wird es ein «Bauchentscheid»?

Diese Empfehlung sei aber nicht entscheidend, schätzt Aviatik-Experte Max Ungricht. Alle Flugzeugtypen erfüllten die Anforderungen der Schweiz. Die Stimmung im Land werde den Entscheid sicher beeinflussen, sagt Ungricht unter Verweis auf die aktuelle Atmosphäre, sowohl bezüglich USA wie auch den europäischen Ländern: «Es wird letztlich ein Bauchentscheid.»

Insofern mache es für die Kampfjet-Anbieter strategisch Sinn, auch auf generelle Information der Bevölkerung zu setzen. Neben direkten Kontakten auf Ministerebene wie heute beim Besuch der französischen Verteidigungsministerin.

Amherd: Bitte keine voreiligen Schlüsse

Verteidigungsministerin Viola Amherd warnte vor voreiligen Schlüssen: «Ich bitte Sie, aus diesem Treffen hier keine Präferenzen der Departementsvorsteherin abzuleiten.» Der Bundesrat will bis Ende Juni entscheiden, welcher Kampfjet und welches Boden-Luft-Verteidigungssystem den Zuschlag erhält. Bis dann laufen die Drähte heiss – öffentlich und hinter den Kulissen.

Text der die Postergrafik beschreibt

Echo der Zeit, 22.03.2021, 18:00 Uhr

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