Das Wichtigste in Kürze:
- Das Eis vieler Schweizer Seen ist momentan von besonders guter Qualität und lockt viele Besucher an.
- Doch vielerorts heisst es: Betreten auf eigene Gefahr.
- Die Kantone agieren ganz unterschiedlich: Die einen haben einen offiziellen Eismeister, andere kontrollieren überhaupt nicht. Im Engadin gilt eine besondere Regel: Sobald Infrastruktur wie Ruhebänke darauf stehen, ist der See begehbar. Eine offizielle Freigabe gibt es aber nicht.
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Der Seealpsee im Appenzellerland, der Oeschinensee im Berner Oberland oder der Lago Bianco am Berninapass: Sie alle wurden in den letzten Wochen zu Hits auf den sozialen Medien. Das kristallklare und spiegelglatte Eis zog Menschenmassen an – Fotos wurden stolz auf Facebook, Instagram und Co. geteilt.
Das Eis sieht nicht nur gut aus, es ist auch von besonderer Qualität, sagt der Glaziologe der ETH Zürich, Martin Funk: «Wenn es während des Gefriervorgangs schneit, bildet sich durch das Gemisch aus Schnee und Wasser eine weniger stabile Eisdecke. Die lang anhaltende Kälte ohne Schneefall sorgte für eine sehr gute Eisqualität.»
Klare Regeln im Kanton Zürich
Bei guter Eisqualität und günstigem Wetterverlauf genügen circa 15 cm Eis, damit die Eisfläche der Öffentlichkeit freigegeben werden kann. Dann rückt Martin Funk jeweils mit der Wasserschutzpolizei aus und prüft, ob der gefrorene See zur Freigabe bereit ist. Für die Gewässer sind die Kantone zuständig, doch für die Uferzonen die Gemeinden. Diese sind es, die letztlich entscheiden. Im Fall des Greifensees, der letztmals 2012 teilweise freigegeben wurde, amtet die Stadtpolizei von Uster als offizieller Eismeister. Sie überwacht das Eis, sperrt Zonen ab und organisiert die Rettung bei Unfällen.
«Betreten auf eigene Gefahr» im Engadin
Als der Seelisbergsee anfangs 2016 letztmals gefror, wurde die Frage der Zuständigkeit vom Kanton Uri abgeklärt. Der Entscheid: Es gibt weiterhin keine Regelung. Weder Kanton noch Gemeinden geben die Seen offiziell frei. Der Urner Kantonsingenieur Stefan Flury begründet dies unter anderem damit, dass der zu betreibende Aufwand gar nicht zu leisten wäre: «Der See als offenes Gewässer wird gleich betrachtet wie ein offenes Gelände. Ein Bergsteiger besteigt einen Berg auf eigene Gefahr und das gilt ebenso für einen Schlittschuhläufer der eine Eisfläche betritt.»
Auf dem Seelisbergsee vertrauten die Einheimischen schon immer dem eigenen Gespür. Sobald die Eisfläche genügend tragfähig ist, stellt jemand einen Tannenbaum auf der Mitte des Sees auf.
Engadiner als Vorbild
Die Urner schielten bei ihrem Entscheid auf das Engadin. Dort sind die Seen meist tiefgefroren und liegen unter einer dicken Schneedecke. Pferderennen finden darauf statt, Tausende überqueren die Seen auf Loipen während des Engadin Skimarathons. Deshalb überrascht die Antwort der Engadiner Behörden auf die Frage, wer bei ihnen denn die Seen im Winter zum Betreten freigebe: Niemand.
Der St.Moritzer Gemeindepräsident Sigi Asprion bestätigt: «Das Betreten des Sees erfolgt immer auf eigenes Risiko. Sobald Infrastruktur wie Ruhebänke darauf stehen, ist er begehbar, aber eine offizielle Freigabe gibt es nicht.» An diese Regelung, die ihnen Haftungsansprüche fernhalten soll, halten sich alle Engadiner Gemeinden.
Die sechs Eisregeln der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft