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Kanton Waadt Affäre um Valérie Dittli: Staatsanwalt leitet Untersuchungen ein

  • Der Waadtländer Generalstaatsanwalt hat zwei Strafuntersuchungen in der Affäre um die Waadtländer Mitte-Staatsrätin Valérie Dittli eingeleitet.
  • Die Untersuchungen sollen klären, ob im Finanzdepartement Straftaten begangen wurden, während dieses von Dittli geleitet wurde.

Derzeit fänden Anhörungen statt. «Der Generalstaatsanwalt Eric Kaltenrieder hat beschlossen, zwei Strafuntersuchungen zu eröffnen», sagte Vincent Derouand, Sprecher der Waadtländer Staatsanwaltschaft gegenüber Keystone-SDA und bestätigte damit eine Meldung von 24 heures.

Der Kanton Waadt steckt in einer institutionellen Krise

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Einschätzung von Westschweiz-Korrespondentin Valérie Wacker

Die Affäre Dittli könnte strafrechtlich relevant sein. Die Strafuntersuchungen geben der Polit-Affäre im Kanton Waadt eine neue Tragweite. Und auch sonst häufen sich im Kanton die Untersuchungen. Neben den Problemen unter Regierungsrätin Dittli gerät nämlich auch die Arbeit ihres Vorgängers zunehmend ins Visier. Entging dem Kanton Geld, weil unter dem heutigen FDP-Ständerat Pascal Broulis die Steuerbremse falsch angewendet wurde? Broulis selbst verneinte das kürzlich in einem Zeitungsinterview.

Im Grossrat wird zu dieser Frage eine parlamentarische Untersuchung gefordert. Darüber hinaus hat die Waadtländer Regierung eine weitere umfassende Untersuchung in Auftrag gegeben. Und noch vor Ende Jahr werden die Resultate zur parlamentarischen Untersuchung der Affäre Dittli erwartet. Das alles kommt den Kanton Waadt teuer zu stehen. Einerseits wurde publik, dass bereits knapp 100'000 Franken für externe Gutachten ausgegeben wurden. Andererseits – und viel gewichtiger – leidet das Vertrauen in den Staat.

«Die beiden getrennten Ermittlungen haben zum Ziel, festzustellen, ob Straftaten begangen wurden oder nicht, und gegebenenfalls die Täter zu identifizieren. Die Ermittlungen, darunter auch Vernehmungen, sind im Gange. Zum jetzigen Zeitpunkt ist keine Person beschuldigt», sagt der Sprecher. Kaltenrieder werde «zu gegebener Zeit über die Ergebnisse dieser beiden Verfahren informieren», heisst es weiter.

Teilweise entmachtet

Die Staatsratskolleginnen und -kollegen hatten vor rund zwei Monaten Dittlis Kompetenzen beschnitten. Sie entzogen der Mitte-Politikerin am 21. März mit sofortiger Wirkung die Verantwortung für die Finanzen und Steuern, nachdem eine externe Untersuchung des früheren Neuenburger Regierungsrates Jean Studer (SP) Missstände in ihrem Departement aufgezeigt hatte.

Studers Bericht zeigte insbesondere eine «schwer beeinträchtigte Zusammenarbeit» zwischen Dittli und ihrer Generaldirektorin für Steuern auf. Dieses schlechte Einvernehmen erstrecke sich «über die beiden Protagonisten hinaus» und beeinträchtige «das gute Funktionieren des Staates», so die Schlussfolgerung des Berichts.

Drei Frauen in eleganter Kleidung unterwegs auf einer Stadtstrasse.
Legende: Tiefer Fall einer Senkrechtstarterin: Ende März musste Valérie Dittli das Finanzressort in der Waadtländer Regierung abgeben. KEYSTONE/Cyril Zingaro

Im Bericht wurde auch ein Antrag der 32-jährigen gebürtigen Zugerin Dittli auf Aufhebung der Steuerveranlagung für wohlhabende Steuerpflichtige als «illegal» bezeichnet. Der Bericht Studer wies zudem auf eine «mögliche Verletzung des Amtsgeheimnisses» hin.

Der Grosse Rat kündigte bereits am 25. März an, die im Bericht von Jean Studer angesprochenen Missstände im Finanzdepartement vollständig aufklären zu wollen. Eine Delegation der Aufsichtskommissionen (Finanzen und Geschäftsführung) soll bis Ende des Jahres einen spezifischen Bericht erstellen.

Debatte über Steuer-Rabatt

Der Fall Dittli, Studers Bericht sowie Recherchen der Zeitung «Le Temps» haben im Kanton Waadt zudem eine hitzige Debatte über den Steuer-Rabatt für reiche Personen ausgelöst. Der Kanton hatte laut zwei Gutachten wegen eines Rechenfehlers vermögende Steuerzahler während 13 Jahren zu schwach zur Kasse gebeten. Dem Fiskus entgingen möglicherweise dutzende Millionen Franken.

Anfang Mai beantragte Hadrien Buclin von der Fraktion Ensemble à Gauche und der Partei der Arbeit im Kantonsparlament die Einsetzung einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK). 55 Abgeordnete aller Parteien ausser der FDP unterzeichneten die Motion mit.

Vor einer Woche gab auch die Kantonsregierung bekannt, dass sie eine externe Prüfung der umstrittenen Praxis des Steuerrabatts für reiche Personen in Auftrag geben werde.

Auch Pascal Broulis unter Druck

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Zuletzt geriet auch Dittlis Vorgänger, Pascal Broulis (FDP), zunehmend unter Druck. Der ehemalige Waadtländer Finanzdirektor und heutige Ständerat verteidigte unlängst in einem Interview mit der Zeitung 24heures die Waadtländer Steuerpraxis, für die er jahrelang verantwortlich war.

Er bestritt die angeblichen Steuerausfälle in Millionenhöhe. Die Vermögenssteuerbremse habe dazu beigetragen, wichtige Steuerzahler im Kanton zu behalten, betonte er.

SRF 4 News, 23.05.2025, 17 Uhr ; 

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