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«Schweiz und EU profitieren beide von einer guten Zusammenarbeit»
Aus News-Clip vom 20.11.2018.
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Kanzler Kurz zu Rahmenabkommen «Ich hoffe, die Schweiz trifft am Ende eine gute Entscheidung»

Bundespräsident Alain Berset und der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz sind am Dienstag in Bern zu einem offiziellen Arbeitstreffen zusammengekommen. Zentrale Themen waren die bilateralen Beziehungen sowie die Verhandlungen der Schweiz mit der EU. Im Gespräch mit SRF zeigt sich Kurz optimistisch, dass ein Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der EU zustande kommt.

SRF: Herr Bundeskanzler, viele in der EU sagen, die Schweiz habe Rosinen gepickt, habe von Vorteilen im Binnenmarkt profitiert. Jetzt brauche es ein Rahmenabkommen mit Regeln, etwa bei Streit. Sehen Sie das auch so? Die Schweizer als Rosinenpicker?

Sebastian Kurz: Nachdem wir Nachbar und Freund der Schweizer sind, ist meine Diktion ein bisschen eine andere und ich glaube, sie ist auch in der Sache anders. Die Schweiz und die Europäische Union profitieren beide von einer guten Zusammenarbeit. Auch wir Österreicher profitieren, wenn es ein gutes Regelwerk zwischen der Schweiz und der Europäischen Union gibt.

Es gibt ja bereits über 100 bilaterale Verträge und jetzt besteht die Chance, diese in ein Rahmenabkommen zu giessen und somit ein ordentliches Fundament für die Zusammenarbeit zu schaffen. Ich weiss, in der Schweiz ist die politische Debatte noch ausstehend.

Genau, und es gibt da offenbar in den Verhandlungen noch offene Punkte beim Lohnschutz, bei der Unionsbürgerrichtlinie. Sind Sie als Ratsvorsitzender zuversichtlich, dass man da bis Ende Jahr irgendwie zu Potte kommt?

Ich glaube, dass man auf technischer Ebene ein sehr gutes Ergebnis verhandelt hat. Das höre ich eigentlich von beiden Seiten. Wir haben uns in der Europäischen Union auch immer bemüht, als Österreich die Sichtweise der Schweiz einzubringen, damit auch die Sorgen, die es hier gibt, in der Europäischen Union gehört werden. Jetzt gilt, dass in der Schweiz eine politische Beurteilung stattfindet. Die Schweiz ist ja ein sehr demokratisches, diskussionsfreudiges Land. Und ich hoffe, ein Land, das hier am Ende des Tages auch eine gute Entscheidung trifft.

Wenn Sie sich die Situation auf der ganzen Welt anschauen, dann werden Sie herausfinden, dass es kaum ein Land gibt, welches so viele Menschen aufgenommen hat wie Österreich.
Autor: Sebastian Kurz Österreichischer Bundeskanzler

Sie haben heute mit Bundespräsident Berset auch über den Migrationspakt gesprochen. Österreich hat ja beschlossen, den nicht zu unterzeichnen. Macht man damit nicht das Leben der Migranten schwieriger?

Definitiv nicht. Wenn Sie sich die Situation auf der ganzen Welt anschauen, dann werden Sie herausfinden, dass es kaum ein Land gibt, welches so viele Menschen aufgenommen hat wie Österreich. Österreich hat 150'000 Flüchtlinge in den letzten Jahren aufgenommen, die in Österreich einen Asylantrag gestellt haben. Aber ja, wir haben eine Trendwende eingeleitet in Österreich, weil das so auf Dauer nicht funktionieren kann.

Der Migrationspakt schafft einen neuen, etwas schwammigen Begriff des Migranten. Das lehnen wir ab.
Autor: Sebastian Kurz Österreichischer Bundeskanzler

Ich habe schon 2015 gesagt, dass die unbeschränkte Aufnahmepolitik in Europa und in Österreich falsch ist. Im Migrationspakt gibt es Punkte, die wir positiv sehen. Es gibt aber auch Punkte, die wir negativ sehen. Was mich persönlich am meisten stört, ist die Vermischung der Begrifflichkeiten. Es ist wichtig, zwischen der Suche nach Schutz – zwischen wirklichen Flüchtlingen – und der Arbeitsmigration zu unterscheiden. Der Migrationspakt vermischt jetzt diese Begriffe und Definitionen und schafft einen neuen, etwas schwammigen Begriff des Migranten. Das lehnen wir ab.

Aber war dieser Migrationspakt, dieses Nein, nicht auch eine Konzession an ihren Koalitionspartner, an die FPÖ?

Es war eine gemeinsame Entscheidung. Wir sind ein Land, das viele Menschen aufgenommen hat. Wir sind ein Land, das auf Multilateralismus, auf internationale Zusammenarbeit setzt. Wir leisten unseren Beitrag. Aber bei jeder internationalen Entscheidung muss natürlich schon in der Sache selbst die Richtung stimmen.

Wir blockieren auch diesen Pakt nicht, sondern wir enthalten uns unserer Stimme und stellen somit sicher, dass er für uns nicht verbindlich wird. Ich sehe es negativ, wenn man unterschreibt, dass man sich selbst zu etwas verpflichten möchte, obwohl man den Inhalt ablehnt oder sogar weiss, dass man sich in Wahrheit gar nicht dazu verpflichten will.

Bald wird Ihre Koalition mit der FPÖ ein Jahr alt. Haben Sie mit dieser Koalition die FPÖ salonfähig gemacht?

Die FPÖ hat in Österreich schon vor über zehn Jahren einmal regiert. Sie regiert in zwei von neun Bundesländern, einmal mit der Volkspartei, einmal mit der Sozialdemokratie. Wir haben nach den Wahlen mit der FPÖ einen Koalitionspartner gefunden, der bereit war, mit uns auch die notwendigen Reformen in Österreich einzuleiten und wir sind auf einem sehr guten Weg.

Wir haben nach 60 Jahren in Österreich die Schuldenpolitik beendet und machen erstmals einen Budgetüberschuss. Wir senken die Steuerlast, machen notwendige Reformen bei der Arbeitszeit, aber auch bei der Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger in unserem Sozialsystem. Die Zustimmung zu dieser Bundesregierung ist für österreichische Verhältnisse exorbitant hoch. Ich kann nach nur einem Jahr Arbeit sagen, dass ich zufrieden bin mit unserem Weg. Ich bin auch froh, dass wir genau das, was wir im Wahlkampf versprochen haben, auch umsetzen können.

Das Gespräch führte Christoph Nufer.

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