Jean-Pierre Leuenberger kam aus den Ferien zurück, da war sie weg: die Kegelbahn im Restaurant Vindonissa im aargauischen Windisch. Das Restaurant und damit auch die Bahn mussten einer neuen Überbauung weichen. Einmal mehr suchten der 75-jährige Kegler und sein Club eine neue Bahn. Schon mehrfach hätten sie umziehen müssen, erzählt Leuenberger.
«Vom Jägerstübli in den Sonnenberg, dann nach Untersiggenthal, dann ins Vindonissa, jetzt wieder in den Sonnenberg», so Leuenberger. In diesem Brugger Restaurant hat sein Verein nun eine Bleibe gefunden. «Hier bleiben wir, falls die Wirte durchhalten.»
Bahnen verschwinden, Mitglieder sterben
Die Geschichte von Jean-Pierre Leuenberger wiederholt sich. Früher hatten viele Dorfbeizen eine Kegelbahn im Keller, inzwischen sind diese aber Mangelware. Landauf landab fehlen Lokalitäten für Training und Wettkämpfe in dieser Traditionssportart.
Das bestätigt auch Bernard Schwägli, Präsident der Aargauer Kegelsportler und Ehrenmitglied im nationalen Verband. «In allen Kantonen gibt es dieses Problem: Die Restaurants schliessen und damit gehen die Kegelbahnen verloren. Es herrscht ein Kegelbahn-Sterben und auch ein Mitglieder-Sterben.»
Die Zahl der aktiven Mitglieder im nationalen Kegelsport-Verband ist seit Jahren rückläufig. In den 70er- und 80er-Jahren meldeten sich jeweils noch hunderte von Sportlerinnen und Sportler für einzelne Turniere an – inzwischen hat der Sportkegler-Verband (SSKV) weniger als 1'000 Mitglieder. Und auch im grössten Verband, der Vereinigung der freien Kegler (SFKV), sinken die Mitgliederzahlen.
Durchschnittsalter bis 75 Jahre
Zudem sind die Mitglieder alt. Beim Aargauer Unterverband «Talschaft» der freien Kegler liegt das Durchschnittsalter der Vereine laut eigener Statistik in diesem Jahr zwischen 60 und 75 Jahren.
René Heutschi gehört mit 60 Jahren zu den jüngeren Mitgliedern im Kegelclub «Bruggerwald». Seine Analyse: Die Kegler hätten die gleichen Probleme wie Männerchöre oder Schützengesellschaften. «Das ist bei den Jungen nicht mehr gefragt.» Es fehle der Nachwuchs.
Allerdings: Die amerikanische Form des Kegelsports, das «Bowling», scheint ja durchaus populär. So sind in den letzten Jahren an vielen Orten neue Bowling-Center entstanden. Für die Sportkegler ist das kein Argument. Bowling und Kegeln, das sei in etwa wie Badminton und Tennis, sagen sie. Zudem wird Bowling als Freizeitsport betrieben, während sich Kegler häufig in traditionellen Vereinen organisieren.
Auch die Sportkegler selbst sind vielleicht ein Teil des Problems. Neuerungen hätten es im Verband sehr schwer, gibt René Heutschi zu. «Es muss alles von einer Delegiertenversammlung abgesegnet werden, und die gibt es nur einmal im Jahr». Ob dieses Tempo reicht, um die traditionelle Sportart zu retten, ist fraglich.
Das Kegeln habe wohl einfach ausgedient, bilanziert der 75-jährige Jean-Pierre Leutwyler. «Es ist eine traurige Sache. Aber es ist die Wahrheit.»