Zum Inhalt springen

Kehrtwende beim Bund BAG prüft nun doch vergünstigte Maskenabgabe

Die plötzlichen Überbestände zwingen zum Umdenken. Finanziell schwache Personen kommen so wohl bald zu Gratismasken.

Über 200 Millionen Masken haben Bund und Kantone derzeit an Lager. Über 50 weitere Millionen würden noch ausgeliefert, schreibt das Verteidigungsdepartement.

Das sollte fürs Erste reichen. Jedenfalls macht sich der Bund nun Gedanken darüber, wie er einen Teil der Reserven unters Volk bringt. Das ist neu. Denn zuletzt stellte das Bundesamt für Gesundheit BAG gegenüber der «SonntagsZeitung» fest, eine Maskenabgabe stehe nicht zur Diskussion.

Nun schreibt das BAG: Im Moment finden Abklärungen mit den Kantonen statt, ob und in welcher Form Masken aus Bundesbeständen vergünstigt abgegeben werden könnten.

Im Moment finden Abklärungen mit den Kantonen statt, ob und in welcher Form Masken aus Bundesbeständen vergünstigt abgegeben werden könnten.
Autor: Bundesamt für Gesundheit BAG

Kantone begrüssen den Schritt

Vom Maskenlager des Bundes wollen auch die Kantone etwas haben. Für die Gesundheitsdirektorenkonferenz erklärt Tobias Bär: «Wir würden es begrüssen, wenn die beim Bund lagernden Hygienemasken bestimmten Personengruppen erleichtert abgegeben werden können, etwa an Personen mit geringen finanziellen Mitteln.»

Auf das Risiko erheblicher Überbestände habe sie den Bund schon im Frühling hingewiesen, schrieb die Eidgenössische Finanzkontrolle im Corona-Zwischenbericht vom Juni. Brigitte Christ von der Finanzkontrolle ergänzt heute: Das Maskenlager des Bundes sei mittlerweile überteuert – denn die Preise für Masken seien seit dem Einkauf stark gesunken.

Wie weiter mit den Überbeständen?

«Dann haben wir eben genau das Problem der Überbestände, wenn allein aufgrund zu hoher Bestellungen – oder aus heutiger Sicht zu hoher Einkaufspreise – die Bestände nicht mehr bewirtschaftet werden können», so Christ. Das sei aber fast nicht vermeidbar gewesen: Der Bund habe die Bevölkerung um jeden Preis schützen wollen. Er habe die Masken zu einer Zeit kaufen müssen, als sie vergleichsweise teuer gewesen seien.

Aktuelles Covid-Gesetz setzt Grenzen

Nun sei eine Verteilung sinnvoll, so Christ: «Bevor die Masken jetzt irgendwo zu Lagerkosten ungebraucht verfallen und irgendwann entsorgt werden müssen, macht es sehr viel Sinn, diese zu verändertem Einkaufs- beziehungsweise Abgabepreis an Kantone, Spitäler und sonstige Empfänger abzugeben.»

Der Bund kann die Masken also nicht mehr zum Einkaufspreis an Kantone oder Hilfsorganisationen weiterverkaufen, obwohl das die gültige Covid-Verordnung so vorschreibt. Das neue Covid-Gesetz hingegen, über welches das Parlament im Herbst berät, würde eine Gratisabgabe ermöglichen. Und das ist für den Bund offenbar eine Option.

Rotes Kreuz vom Bund angefragt

So sagt Ursula Luder vom Schweizerischen Roten Kreuz: «Wir wurden vom Bund angefragt, ob wir Masken an bedürftige und sozial benachteiligte Menschen verteilten könnten. Es ist so, dass wir die Masken gratis erhalten und sie auch gratis abgeben werden.» Das Rote Kreuz würde die Verteilung gerne übernehmen, so Luder.

Eine solche gezielte Gratisabgabe würde auch er nicht bekämpfen, sagt SVP-Finanzpolitiker Franz Grüter. Er hatte den Bund im Parlament kritisiert, er kaufe die Masken zu einem völlig überhöhten Preis. Nun stellt er fest: «Wenn er sie verschenkt, dann nur an hilfsbedürftige Menschen oder das Rote Kreuz. Aber ganz sicher nicht im breiten Stil. Da wäre ich dagegen.»

Eine flächendeckende Gratisabgabe scheint derzeit auch kein Thema zu sein. Aber das Motto beim Bund lautet wohl: Lieber verschenken als vergammeln lassen. Denn erst letzte Woche musste der Bund Masken aus einem Lager von 2007 zurückrufen, weil sie Schimmel ansetzten.

Echo der Zeit, 15.07.2020, 18:00 Uhr

Meistgelesene Artikel