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Kein AHV-Abkommen mit Kosovo Gezwungen, in der Schweiz zu bleiben

Keine AHV im Kosovo: Tausende Kosovaren, die teils Jahrzehnte in der Schweiz arbeiteten, können sich ihre Rente nicht nach Kosovo überweisen lassen. Sie müssen deshalb in der Schweiz bleiben. Die SP will das nun ändern.

Rame Gjonaj hat 30 Jahre als Kranführer auf Baustellen in der Schweiz geschuftet und möchte als Rentner zu seiner Familie nach Kosovo zurück. Obschon er immer seine Sozialversicherungen hier bezahlt hat, kann er sich aber zu Hause seine AHV nicht ausbezahlen lassen.

«Auf meine alten Tage wäre ich lieber in meinem Land. Ein Leben lang habe ich für mein Haus in Kosovo gearbeitet. Aber ich kann meine Pension nicht in mein Land holen.» Deshalb bleibt dem Rentner mit seiner Frau nichts anderes übrig, als in der Schweiz zu bleiben: Hier erhalten sie regelmässig die AHV.

«Wem soll ich vertrauen?»

Der Grund: 2010 hat der Bundesrat das Sozialversicherungsabkommen mit Kosovo gekündet. Zuvor waren Betrugsfälle vor allem im IV-Bereich bekannt geworden. Ausserdem zweifelte die Schweiz an den Institutionen des jungen Staates Kosovo, der sich erst 2008 von Serbien abgespalten hatte.

Ein solches Abkommen braucht es aber, damit die Schweiz als bezahlender Staat eine Kontrolle darüber hat, ob wirklich nur bezugsberechtigte Personen in Kosovo Geld erhalten.

Das Aufkünden des Abkommens hat zu Härtefällen geführt: Mina Hasanis Ehemann arbeitete sein halbes Leben als Bauarbeiter in der Schweiz. Seine Frau und seine Tochter blieben im Kosovo. Nach seiner Pensionierung kehrte er zurück nach Hause, starb aber mit 67. Mina und ihre Tochter Lumnie hätten in der Schweiz Anspruch auf eine Witwen- und Waisenrente. Als Staatsangehörige von Kosovo wurde ihr Antrag aber abgelehnt.

Tochter Lumnie fühlt sich diskriminiert: «Wem soll ich vertrauen? Dem Staat? Den Politikern? Die versprechen schon lange, dass wir unser Geld erhalten. Aber ich habe wenig Hoffnung.»

Bedingungen für ein neues Abkommen

Gewerkschafter Osman Osmani kämpft sei Jahren für ein neues Sozialversicherungsabkommen: «Das ist ein Anrecht der Arbeitenden aus Kosovo, die hier jahrelang einbezahlt haben und jetzt zurückgekehrt sind.»

Unterstützung in Bern erhält er von SP-Nationalrätin Barbara Gysi: «Ich finde, die Leute sollten die Renten, die sie sich in der Schweiz erarbeitet haben, ausbezahlt erhalten. Alles andere provoziert soziale Härtefälle. Wir möchten ja nicht, dass wer zurück will, dies nicht tun kann. Es ist auch für die Schweiz nicht unattraktiv, wenn diese Leute zurückkehren.»

Für das Bundesamt für Sozialversicherungen sind die Bedingungen für ein neues Abkommen klar: «Die schweizerische AHV muss in Kosovo zuverlässig abklären können, ob Rentner noch leben. Oder wenn Leistungen für Kinder beansprucht werden, muss die schweizerische AHV abklären können: Gibt es diese Kinder? Sind sie wirklich die Kinder dieser Person? Stimmen die Altersangaben?» Die IV müsse die Möglichkeit haben, in Kosovo eine medizinische Untersuchung durchführen lassen zu können.

Skepsis gegenüber Kosovo

Die kosovarischen Gemeinden haben das Einwohnerregister in den letzten Jahren digitalisiert. Doch die Qualität der Daten variiert von Gemeinde zu Gemeinde. Wegen des traditionellen Rechts sind zum Beispiel die Totenscheine nicht immer zeitgerecht auf der Gemeinde, sagt eine zuständige Beamtin. Dieser Bereich werde aber besonders gut kontrolliert.

Das Bundesamt für Sozialversicherungen rechnet mit einem Abschluss der Verhandlungen mit Kosovo bis Mitte Jahr. Danach müssen beide Regierungen die Unterzeichnung bewilligen, später erfolgt die Ratifizierung in den Parlamenten. Dort könnte es in der Schweiz Widerstand geben.

SVP-Nationalrat Maximilian Reimann (AG) misstraut dem Staat Kosovo: «Erstens braucht es eine Klausel, dass Missbrauch verhindert wird. Akzeptiert von Kosovo. Zweitens: Es sollen keine fremden Truppen mehr in Kosovo stationiert sein, wenn dorthin auch AHV-Gelder überwiesen werden. Insbesondere keine schweizerischen.»

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