Der achtjährige Nio Gygax hat schon viele Sportarten ausprobiert: Landhockey, Parcours, Schwimmen. Überzeugt hat ihn allerdings nichts. Denn eigentlich will er einfach im Verein Fussball spielen. Doch er braucht Geduld – die Warteliste ist lang. «Das ist so langweilig», sagt er, «so komme ich nie zum Fussballspielen!»
Fussball boomt bei Buben wie Mädchen
So wie Nio ergeht es vielen Kindern in der Schweiz. In der Nordwestschweiz oder im Fricktal zum Beispiel führen mehr als die Hälfte der 50 Fussballvereine mit Nachwuchsabteilung eine Warteliste. «Auf diesen Listen sind teils bis zu hundert Kinder», sagt Daniel Schaub, Präsident des Fussballverbands Nordwestschweiz (FVNWS). Und 100 Kinder auf der Warteliste bedeute, dass es Jahre dauern kann, bis die Kids ins Training gehen können.
Nach grossen Fussballturnieren, wie WM oder EM, wollen besonders viele Jungen in einen Fussballverein. Unterdessen interessieren sich auch zahlreiche Mädchen für den Sport: «Seit es reine Mädchenteams gibt, haben wir noch mehr Anfragen», sagt Schaub. Vorher spielten nur wenige Mädchen in Buben-Teams.
In der Stadt fehlt der Platz
Wer beim Basler Verein FC Nordstern mittrainieren kann, kann sich glücklich schätzen, so wie zum Beispiel der 13-jährige Tan: «Es ist hart, für alle Kinder, die nicht mittrainieren dürfen. Die wollen doch auch diesen Spass.» Aber auf der Warteliste seien um die 300 Kinder.
«Wir könnten gleich mehrere neue Mannschaften gründen. Aber wir haben den Platz nicht», sagt Marco Avanzini vom FC Nordstern. Zusätzliches Trainingspersonal sei nicht das Problem. Schon jetzt würden sie mit kreativen Lösungen so viele Kinder wie möglich auf den Fussballplatz bringen. «Es wird aber einfach sehr eng.»
Auch der Leiter des Basler Sportamts, Steve Beutler, ist mit der Situation unzufrieden. «Natürlich ist unser Ziel, dass jedes Kind seinen Wunschsport ausüben kann. Aber in der Stadt ist der Platz knapp, wir können nicht einfach unbegrenzt Sportrasenfelder bauen.» Schon jetzt liegen zwei der grössten Sportanlagen von Basel ausserhalb des Kantonsgebiets.
In der Stadt ist der Platz knapp, wir können nicht einfach unbegrenzt Sportrasenfelder bauen.
Allerdings sagt Beutler: «Wir möchten uns besser aufstellen.» So sei ein neuer Platz mit Kunstrasen im Kleinbasel geplant. Der erste in diesem Gebiet. Und weiter wollen die Behörden die verschiedenen Trainingsschichten effizienter aneinander vorbei zirkeln.
Schwierigkeiten gibt es aber nicht nur in Städten. Zwar ist im ländlichen Baselbiet die Infrastruktur tatsächlich kein Problem. Nach der Euro 2008 hat das Baselbiet nämlich Geld für zusätzliche Kunstrasenfelder gesprochen: «Dank dieser Ausgangslage haben wir eigentlich genügend Platz zur Verfügung», so Thomas Beugger vom Baselbieter Sportamt. Dafür mangelt es in Baselland an Personal.
Vereine kämpfen - Personal fehlt
Zu wenig Leute hat auch Stefan Krähenbühl, Präsident des FC Prattelns: «Die Wartelisten werden länger, weil wir zu wenig Helfende haben. Wir können schlicht nicht noch mehr Teams stemmen.» Aktuell hoffen hundert Kinder auf einen Platz beim FC Pratteln. Frustrierend findet das Marcos Ribeiro, der für den Kinderfussball beim FC Pratteln zuständig ist: «Es ist wirklich sehr schwierig. Wir würden gerne allen Kindern die Möglichkeit geben, Fussball zu spielen. Aber das geht nicht.»
Der Kanton Baselland will nun handeln und plant eine neue Ausbildung für Jugendliche. Sie sollen künftig ab 14 Jahren zur Hilfstrainerin oder zum Hilfstrainer ausgebildet werden, sagt Beugger: «So werden die Jugendlichen frühzeitig ins Vereinsleben eingebunden.» Die Ausbildung soll in Kürze beginnen.
Für jene Jungen und Mädchen, die noch immer auf der Warteliste stehen, hat Marcos Ribeiro vom FC Pratteln einen Tipp: «Geht raus und spielt im Garten Fussball. Ihr braucht nicht zwingend einen Verein!»