Zum Inhalt springen

KI in der Medizin Werden Ärzte bald durch künstliche Intelligenz ersetzt?

Künstliche Intelligenz (KI) ist in aller Munde. Dabei macht die Technologie auch vor der Medizin nicht Halt. Welche neuen Möglichkeiten sich im Bereich der Neurologie durch KI eröffnen, weiss Roland Wiest vom Berner Inselspital.

Roland Wiest

Neurologe Inselspital Bern

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Prof. Dr. med. Roland Wiest ist stellvertretender Chefarzt am Universitätsinstitut für Diagnostische und Interventionelle Neuroradiologie des Inselspitals Bern. Er ist Professor für fortschrittliche Neurobildgebung.

SRF News: In welchen Fällen kommt künstliche Intelligenz bei Ihnen zum Einsatz?

Unser Schwerpunkt liegt auf chronischen Hirnerkrankungen. Dies können beispielsweise fortschreitende Erkrankungen im Alter sein, aber auch Krankheiten, die über Jahrzehnte das Hirn verändern. Dazu gehören unter anderem Multiple Sklerose oder Alzheimer. Ein zweiter Bereich ist die Schlaganfalldiagnostik. Diese beinhaltet die schnelle Erkennung von Veränderungen im Gehirn, die dann zu einer möglichst schnellen Behandlung des Patienten führen muss.

Bereits heute kommt KI bei chronischen Hirnerkrankungen, wie Multiple Sklerose oder Alzheimer, sowie der Schlaganfalldiagnostik zum Einsatz.

Was ist das Ziel dieser Forschung?

Ziel ist es, die entwickelten Algorithmen in die klinische Anwendung zu bringen. Eines unserer Hauptforschungsgebiete ist die Beschleunigung von Methoden, die üblicherweise mehrere Stunden brauchen würden, in einen Anwenderbereich zu bringen, in dem nur noch wenige Sekunden nötig sind, um die Ergebnisse zu liefern.

Welches sind die Vorteile von KI?

Die Vorteile liegen darin, dass wir unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlasten können, indem bestimmte Aufgaben durch Maschinen ausgeführt werden. Bei schwierigen Fällen können diese Systeme zudem dabei unterstützen, die richtige Diagnose zu stellen. Und damit ergibt sich auch die Reduktion von Fehlern.

Welches sind die Risiken von KI?

Es besteht immer das Risiko, dass die Algorithmen nur für bestimmte Schichten, Bevölkerungsschichten oder Länder zur Verfügung stehen. Ein anderes Problem ist, dass je mehr wir auf diese Algorithmen vertrauen, desto mehr verlieren wir menschliche Fähigkeiten, die wir gelernt haben. Dazu kommen gesellschaftliche Probleme. Wenn die Daten nicht dafür verwendet werden, wofür sie eigentlich bestimmt sind – nämlich zur Optimierung von Behandlungen – besteht das Risiko, dass künstliche Intelligenz negative Auswirkungen auf die Patienten haben kann. So zum Beispiel höhere Versicherungsprämien oder dass in bestimmten Berufen nach solchen Messwerten selektiert wird.

Künstliche Intelligenz soll Ärzte nicht ersetzen, sondern in Überlastungssituationen unterstützen.

Was kostet diese Forschung?

Die entscheidende Frage müsste sein: Können diese Systeme helfen, Kosten einzusparen? Es ist eine Frage des Kosten-Nutzen-Verhältnisses. Solange das Geld, das man aufwendet, geringer ist als das Geld, das in Anspruch genommen werden müsste, um chronische Krankheiten langfristig zu begleiten, lohnt es sich.

Werden die Ärztinnen und Ärzte bald durch künstliche Intelligenz ersetzt?

Die KI soll die Ärzte nicht ersetzen. Sie soll sie in Überlastungssituationen unterstützen, indem die Prozesse, die von Maschinen genauer gelöst werden können, durch die Maschinen ausgeführt werden. Die Aufgaben, die Ärzte besser können, sollen sie weiterhin selbst ausführen. Algorithmen können Vorschläge machen, inwieweit zum Beispiel eine bestimmte Therapie angepasst werden sollte. Die Entscheidung darüber, wie diese Systeme Einfluss auf die ärztliche Entscheidung nehmen, liegt jedoch am Ende beim Arzt.

Das Gespräch führte Nadine Ibrahim.

SRF 1, 06.08.2023, 18:45 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel