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Kinderpornografie und KI Künstlich hergestellte Pornografie – zunehmend ein Problem

Der technologische Fortschritt vereinfacht nicht nur die Ermittlungen, sondern auch die Herstellung von Kinderpornografie. Den Behörden ist das Problem bereits bekannt.

Zunächst eine Grundsatzdefinition: Kinderpornografie ist immer strafbar. Egal, in welcher Form sie gezeigt wird. Das bedeutet: Erscheint ein pornografischer Film, der auf Zeichnungen, welche Minderjährige darstellen, basiert, ist dies strafbar. Sind Kinder daran beteiligt, die wirklich existieren, sowieso.

Und werden die Protagonistinnen und Protagonisten nicht real gefilmt, sondern mithilfe computergestützter Programme künstlich dargestellt, verstösst das ebenfalls gegen das Schweizerische Strafgesetzbuch (siehe Box).

Künstliche Kinderpornografie ist strafbar

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Grundsätzlich definiert das Schweizer Strafgesetz Kinderpornografie als Darstellung jeder tatsächlichen oder nicht tatsächlichen sexuellen Handlung mit Minderjährigen. Dies unabhängig davon, ob die Person im Bild oder im Video real ist oder nicht. Somit sind auch Pornos, welche mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) hergestellt worden sind, gemäss Artikel 197 des Schweizerischen Strafgesetzbuchs strafbar.

Dieser Strafbestand muss aber mit Vorsatz begangen werden. Daher stellt sich für Thierry Godel, Assistenzprofessor für Recht an der FernUni Schweiz, immer auch die Frage der Absicht des Täters. «Diese kriminelle Absicht kann durch Bezugnahme auf die der KI erteilten Anweisungen nachgewiesen werden», erklärt er.

Ein weiterer rechtlicher Aspekt ist die Haftung der Anbieter, die den Zugang zur KI ermöglichen. Grundsätzlich seien grosse KIs heute nicht in der Lage, kinderpornografische Bilder oder Videos zu erstellen oder zu generieren, schätzt Godel ein. Grosse KI-Anbieter verbieten in ihren Nutzungsbedingungen die Erstellung von Inhalten, welche gegen geltendes Recht verstossen.

Auch rechtlich relevant: KI kann zur Herstellung und Verbreitung von Kinderpornografie eingesetzt werden. Auf der anderen Seite ist sie aber auch ein wichtiges Instrument zur Verhinderung und Aufdeckung von Kinderpornografie. «Beispielsweise setzen Google, YouTube und andere Plattformen seit über einem Jahrzehnt KI ein, um Bilder und Videos zu erkennen, die gegen die Richtlinien ihrer Plattform verstossen», sagt Godel.

Genau das letztgenannte Beispiel kommt immer häufiger vor. Denn während der technologische Fortschritt voranschreitet, ist es zunehmend leichter, kinderpornografische Inhalte künstlich herzustellen. Das spürt man unter anderem bei der Bundespolizei fedpol. Sprecher Christoph Gnägi sagt: «Das Phänomen ist uns bekannt.»

Behörden: Problem wird akuter

Tatsächlich zeigt ein Blick in die polizeiliche Kriminalstatistik: Die Anzahl Verstösse gegen das Pornografie-Verbot hat markant zugenommen. Weil die Behörden die Fälle von Kinderpornografie und insbesondere auch jene, welche künstlich hergestellt wurden, ebenso wenig aus der Statistik herausschälen, wie die pornografische Darstellung von Tieren, kann gemäss Gnägi nicht genau beziffert werden, wie gross das Problem tatsächlich ist. Seine Einschätzung: «Das Verhältnis ist noch klein. Aber es gibt immer mehr derartige Fälle.»

Dies hänge auch damit zusammen, dass die Algorithmen von sozialen Netzwerken wie Facebook pornografisches Material zunehmend besser erkennen (siehe Box). Gnägi: «Die steigende Kurve hat auch damit zu tun, dass die Suchinstrumente besser geworden sind.»

Traurigerweise ist es gemäss Gnägi bei Kinderpornografie nämlich so: Lassen es die Ressourcen zu, genau hinzuschauen, findet man immer Verstösse.

Nicht nur der Dreh von illegalen Pornos ist strafbar

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Gemäss dem Schweizerischen Strafgesetzbuch ist nicht nur das Produzieren von verbotenem pornografischem Inhalt strafbar. So heisst es in Artikel 197 Absatz 4:

«Wer Ge­gen­stän­de oder Vor­füh­run­gen (...), die se­xu­el­le Hand­lun­gen mit Tie­ren oder mit Ge­walt­tä­tig­kei­ten un­ter Er­wach­se­nen oder nicht tat­säch­li­che se­xu­el­le Hand­lun­gen mit Min­der­jäh­ri­gen zum In­halt ha­ben, her­stellt, ein­führt, la­gert, in Ver­kehr bringt, an­preist, aus­stellt, an­bie­tet, zeigt, über­lässt, zu­gäng­lich macht, er­wirbt, sich über elek­tro­ni­sche Mit­tel oder sonst wie be­schafft oder be­sitzt, wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft. Ha­ben die Ge­gen­stän­de oder Vor­füh­run­gen tat­säch­li­che se­xu­el­le Hand­lun­gen mit Min­der­jäh­ri­gen zum In­halt, so ist die Stra­fe Frei­heits­s­tra­fe bis zu fünf Jah­ren oder Geld­stra­fe.»

Kinderschutz Schweiz gibt derweil zu bedenken, dass künstlich hergestellte Bilder durchaus mit der Realität zu tun hätten. «Die Algorithmen, welche solche Sequenzen ermöglichen, müssten ursprünglich mit realen Bildern gefüttert worden sein», heisst es dort.

Ermittlungen werden anspruchsvoller

Will heissen: Computergenerierte Kinderpornografie hat ihre Wurzel trotz allem in der realen Welt, bei existierenden Kindern. Und selbst wenn die gezeigte Situation nicht echt sei, betont die Stiftung: «Gezeigt wird sexuelle Gewalt gegen ein Kind.» Daher sei klar: «Sexuelle Gewalt gegen Kinder darf sich nicht normalisieren.»

Sexuelle Gewalt gegen Kinder darf sich nicht normalisieren.
Autor: Kinderschutz Schweiz

Während man bei Kinderschutz Schweiz darauf hinarbeitet, präventiv gegen Kinderpornografie jeglicher Art vorzugehen, sind die Strafverfolgungsbehörden für deren Ermittlung zuständig. Diese sei mit dem technologischen Fortschritt anspruchsvoller geworden, führt Gnägi aus: «Die Kriminellen hinterlassen durch die Erstellung von künstlich generierter Kinderpornografie im Netz Spuren.» Doch sei das Schwert eben zweischneidig; denn diese Spuren könnten gleichzeitig verwischt werden. Doch der Kampf gegen die künstliche Kinderpornografie läuft – sowohl in der Prävention, als auch in der Strafverfolgung.

Tagesschau, 03.04.2023, 19:30 Uhr

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