- 2024 sind in der Schweiz vier Kleinkinder an den Folgen von Misshandlungen gestorben.
- Insgesamt behandelten 19 Schweizer Kinderkliniken im vergangenen Jahr 2084 Kinder wegen vermuteter Misshandlungen.
- Die Zahl bewegt sich damit auf einem ähnlichen Niveau wie 2023, als ein neuer Höchststand gemeldet worden war.
- Die Zahl der körperlichen Übergriffe nahm jedoch stark zu.
Laut dem 16. Bericht der Nationalen Kinderschutzstatistik wurden 2024 insgesamt 705 Fälle von körperlicher Misshandlung gemeldet. Das waren 153 Fälle mehr als noch im Vorjahr. Im Gegensatz dazu ging die Zahl gemeldeter psychischer Misshandlungen deutlich auf 437 Fälle zurück.
Drei Kinder verstarben im ersten Lebensjahr an den Folgen körperlicher Gewalt. Ein weiteres Kind starb im zweiten Lebensjahr an den Folgen einer schweren Vernachlässigung.
Kleinkinder besonders gefährdet
Besonders kleine Kinder seien einem hohen Risiko ausgesetzt, misshandelt zu werden, heisst es in der Mitteilung. Bei fast jeder fünften Misshandlung sei ein Kind im ersten Lebensjahr betroffen gewesen. Über 40 Prozent der gemeldeten Kinder waren jünger als sechs Jahre.
Wie in den Vorjahren wurde eine fast ausgeglichene Geschlechterverteilung bei den von Misshandlung betroffenen Kindern und Jugendlichen festgestellt: 47.4 Prozent waren Jungen und 52.5 Prozent Mädchen.
Körperliche Gewalt betraf mehr Jungen, psychische Misshandlung wurde häufiger bei Mädchen diagnostiziert. Ebenfalls unverändert blieb der hohe Anteil weiblicher Betroffener von sexueller Gewalt.
Täter sind häufig enge Bezugspersonen
Ein Grossteil der Täter und Täterinnen stammte aus dem Kreis der engsten Bezugspersonen. Rund 70 Prozent der gemeldeten Fälle fanden in der Familie statt. In jedem fünften Fall stammten die Täter und Täterinnen aus dem Bekanntenkreis des Kindes.
Erneut wurde etwa ein Drittel der Übergriffe durch männliche Einzeltäter verübt. Der Anteil der Einzeltäterinnen lag bei rund einem Viertel. Hier wurde ein Anstieg im Vergleich zum Vorjahr (knapp 21 Prozent) festgestellt. Laut der Kinderschutzstatistik gab es auch eine weitere Zunahme gemeinschaftlich handelnder männlicher und weiblicher Personen bei psychischen Misshandlungen.
Mehr jüngere Täterinnen und Täter
2024 waren knapp 16 Prozent der mutmasslichen Täter und Täterinnen unter 18 Jahre alt. Das ist ein deutlicher Anstieg gegenüber dem Vorjahr (11 Prozent).
Während 2023 knapp 64 Prozent der Misshandlungsfälle als sicher eingestuft wurden, ging dieser Anteil 2024 auf knapp 54 Prozent zurück. Das zeige, wie schwierig eine eindeutige Einschätzung bei Kinderschutzfällen sei, da es oft keine sichtbaren Verletzungen oder klaren Beweise gebe, heisst es in der Mitteilung. Bei etwa einem Drittel der Fälle von sexuellem Missbrauch sei keine klare Diagnose gestellt worden.
Erneut habe das Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom eine besondere diagnostische Herausforderung dargestellt. Rund die Hälfte der gemeldeten Fälle wurde hier als «unklar» eingeschätzt. Dabei täuschen Personen bei einem anderen Menschen Krankheiten vor oder führen sie bewusst herbei und verlangen dann eine medizinische Behandlung.