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Klage gegen Chemie-Multi Weinbauern wollen Chemie-Multi Bayer wegen Spritzmittel verklagen

Ein Fungizid des Chemiekonzerns verursachte grosse Schäden an Weinreben. Nun fordern zwei Winzer mehr Schadenersatz.

  • Zwei Schweizer Weinbauern wollen den Agrochemiekonzern Bayer auf Schadenersatz in Millionenhöhe verklagen.
  • Es geht um das von Bayer produzierte Pflanzenschutzmittel «Moon Privilege», das 2015 quer durch die Schweiz grosse Schäden in Weinreben angerichtet hatte. Der Chemiekonzern hatte sich in der Folge mit den allermeisten Bauern auf Schadenersatz geeinigt.
  • Ein Bauer aus dem Aargau und einer aus Baselland waren mit dem Bayer-Angebot nicht zufrieden und drohen darum jetzt mit einer Schadenersatzklage.
  • Bereits am Laufen ist eine Haftungsklage gegen den Bund, der das Fungizid ohne ausreichende Prüfung zugelassen hatte.

Verkümmerte Trauben und welke Blätter an den Rebstöcken: Das Bild, das sich vielen Schweizer Winzerinnen und Winzern im Frühling 2015 präsentierte, war erschreckend und vor allem rätselhaft. Irgendetwas hatte ihren Trauben grossen Schaden zugefügt, allerdings wusste zunächst niemand, was genau dahintersteckt. Die Folgen jedoch waren drastisch: Es kam quer durch die Schweiz zu grossen Ernteausfällen bei Weintrauben.

Schon bald verdichteten sich von der Waadt, über den Aargau bis nach Graubünden die Hinweise, dass die verkümmerten Trauben etwas mit einem neuen Pflanzenschutzmittel zu tun haben könnten, mit dem Fungizid «Moon Privilege», das vom Agrochemiekonzern Bayer kurz zuvor auf den Markt gebracht wurde und das die Rebstöcke zum Beispiel vor Mehltau schützen sollte. Dieser Schutz funktionierte, allerdings gab es unerwünschte Nebeneffekte.

Konzern übernahm die Verantwortung – zumindest teilweise

Tatsächlich musste Bayer bereits im Juni 2015 zugeben, dass vom neuen Fungizid eventuell eine Gefahr für die Trauben ausgehen könnte. Er empfahl den Winzerinnen und Winzern, vorerst auf den Einsatz des Mittels zu verzichten. Einen knappen Monat später suspendierte das Bundesamt für Landwirtschaft die Bewilligung des Mittels, es durfte im Weinbau nicht mehr eingesetzt werden. Der Schaden war aber bereits angerichtet.

Ein Ernteausfall, wie es ihn noch nie zuvor gab

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Verkümmerte Trauben
Legende: Mehr als ein halbes Jahr nach dem Einsatz des Fungizids «Moon Privilege» zeigten sich die Folgen. Die Trauben wuchsen nicht und verkümmerten. zvg

Gemäss Schätzungen des Schweizerischen Weinbauernverbandes waren 2015 rund 900 Betriebe von Missernten im Zusammenhang mit dem Einsatz von «Moon Privilege» betroffen. Rund 1900 Hektaren seien beschädigt worden und es resultierten Ernteausfälle in der Höhe von knapp 30 Millionen Franken.

Zwar sei es im Weinbau auch schon früher zu grossen Ernteausfällen wegen Krankheiten oder schlechtem Wetter gekommen, aber dass ein Pflanzenschutzmittel zu solchen Ausfällen führt, das habe es zuvor noch nie gegeben, liess sich der Weinbauernverband damals in der Presse zitieren.

Betroffen von Ausfällen waren nicht nur Weinbaubetriebe in der Schweiz. Auch in Frankreich, Deutschland und Österreich kam es zu grösseren Ernteausfällen.

Im Verlauf der nächsten Jahre einigte sich Bayer mit den allermeisten der betroffenen Bauern auf individuelle Ersatzzahlungen – auf freiwilliger Basis, ohne Eingeständnis einer Schuld. Nicht alle Betriebe stiegen jedoch auf die angebotenen Zahlungen ein.

Zwei Winzer ziehen vor Gericht gegen den Grosskonzern

Der Aargauer Winzer Peter Wehrli und sein Berufskollege Laurent de Coulon aus dem Kanton Baselland wollten sich nach eigenen Angaben «nicht abspeisen lassen» mit dem Angebot von Bayer. Sie drohen darum jetzt mit einer Zivilklage gegen Bayer und fordern Schadenersatz in Höhe von knapp zwei Millionen Franken.

Das Angebot von Bayer war inakzeptabel, total daneben.
Autor: Laurent de Coulon Winzer aus Sissach

An einer Pressekonferenz am Donnerstag sagte Weinbauer Wehrli aus dem aargauischen Küttigen: «Wenn ein Produkt der Firma Bayer Schäden verursacht, dann erwarte ich, dass Bayer für diese Schäden aufkommt.» Das sei mit den Angeboten des Konzerns aber nicht der Fall gewesen, ergänzt Lauren de Coulon aus Sissach: «Das Angebot war inakzeptabel. Wir hatten einen Schaden von rund einer Million Franken und Bayer wollte am Schluss 260'000 Franken zahlen, das ist total daneben.»

Folgen für das Schweizer Zulassungsverfahren

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Die Kontroverse um «Moon Privilege» hatte auch Folgen für die Zulassungsverfahren von neuen Pestiziden in der Schweiz. Die Regeln wurden verschärft. Es sei rückblickend ein Fehler gewesen, dass man das Mittel nur während einer Saison geprüft habe, gab das Bundesamt für Landwirtschaft 2015 zu, dieser Zeitraum sei offenbar zu kurz. Die Zulassungsverfahren wurden in der Folge angepasst, so dass man neue Wirkstoffe über längere Zeit beobachtet, bevor sie eine Zulassung erhalten.

Die Untersuchungen zu «Moon Privilege» zeigten aber auch , dass es einen vergleichbaren Effekt bei einem Fungizid nie zuvor gegeben hatte. Die schädliche Wirkung sei erst im Jahr nach der Anwendung aufgetreten. Die Betriebe hatten das Mittel 2014 gespritzt, der Schaden manifestierte sich allerdings erst in der neuen Vegetationsperiode im Frühling 2015.

Das Fungizid «Moon Privilege» darf heute im Weinbau nicht mehr verwendet werden. Allerdings ist es im Feld-, Obst-, Beeren- und Gemüsebau nach wie vor im Einsatz.

Der Agrochemiekonzern Bayer wehrt sich auf Anfrage von SRF gegen die Forderung der beiden Winzer. Die Angebote, welche man Betroffenen bereits unterbreitet habe, entsprächen dem tatsächlich erlittenen Ertragsausfall und stützten sich auf Berechnungen externer Fachleute.

Mit der Klagedrohung wollen die Winzer nun Druck aufbauen: Falls es so keine Einigung mit Bayer gibt, wird sich das Zürcher Handelsgericht mit dem Fall auseinandersetzen müssen.

SRF1, Regionaljournal Aargau Solothurn, 12:03 Uhr ; 

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