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Klimasünder Zementindustrie Niemand möchte ein CO2-Lager im eigenen Garten

Kaum eine Industrie stösst so viel klimaschädliches CO2 aus wie die Zementindustrie – auch in der Schweiz. Die sechs Zementwerke sind insgesamt für rund neun Prozent des Schweizer Treibhausgasausstosses verantwortlich.

Angetrieben durch den sogenannten Emissionshandel hat die Zementindustrie zwar schon beträchtliche Fortschritte gemacht – seit 1990 hat sie ihre Emissionen um fast zwei Drittel reduziert. Weitere Emissionsreduktionen sind aber nötig. Um das Ziel des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, kommt die Zementindustrie aber wohl nicht ohne Technologien aus, die noch in den Kinderschuhen stecken.

Aufheizen des Ofens verursacht sehr viel CO2

Im Zementwerk bei Péry im Jura oberhalb von Biel steht Stefan Vannoni, der Geschäftsführer des Verbands der Schweizer Zementindustrie, Cemsuisse, vor einem riesigen Ofen.

Auf dem Weg vom Kalkstein zum Klinker entsteht sehr viel klimaschädliches CO2. Zuerst dann, wenn der Ofen auf 2000 Grad geheizt wird. Die fossilen Brennstoffe Öl und Kohle die dazu bisher meist eingesetzt worden sind, verursachen bei der Verbrennung viel Treibhausgas.

Weniger CO2 oder weniger Qualität?

Anstatt Kohle werden im Jura Altöl, Tiermehl, Lösungsmittel, Trockenschlacke und Plastik verbrannt. Diese alternativen Brennstoffe verursachen zwar auch CO2, aber anders als die Kohle würden sie ohnehin verbrannt.

Nochmals so viel Kohlendioxid wie beim Heizen des Ofens setzt der Kalkstein frei, wenn er im Ofen erhitzt wird. Hier gibt es bislang wenig Möglichkeiten zur Reduktion. Der Anteil Klinker im Zement kann zwar reduziert werden, aber nur bis zu einem gewissen Grad, sonst verliert der Zement seine Qualität.

Die Schweizer Zementwerke haben in den letzten Jahren noch weitere Massnahmen zum Klimaschutz unternommen. Sie nutzen Abwärme wo möglich. Sie testen elektrische Kipplaster, die die Dieselfahrzeuge ersetzen könnten. Trotzdem ist die Industrie noch weit entfernt davon, klimafreundlich zu sein.

CCS-Technologie als Lösung?

Carbon Capture and Storage (CCS) ist eine Technologie, mit der Kohlendioxid wo es entsteht, abgesaugt und anschliessend in den Boden gepresst wird. Obwohl seit Jahren im Gespräch und weit entwickelt, hat sich die Technologie bisher wenig verbreitet.

Einerseits ist sie noch zu teuer. Nur dort, wo CCS staatliche Unterstützung erhält, wird es bisher eingesetzt. Andererseits weckt CCS bei Klimaschützern Skepsis, weil es bisher vor allem von der Kohleindustrie gefördert wurde.

CO2-Lager im eigenen Garten?

Chris Weber, der leitende Energie-Wissenschafter bei WWF International würde CCS allein deswegen nicht aus dem Spiel nehmen. Allerdings seien noch viele Fragen offen. Das S für Storage (zu Deutsch: Lagerung) sei das grosse Fragezeichen hinter CCS.

Technisch könne das CO2 zwar in den Boden gepresst werden und die Verfechter der Technologie betonen auch, dass das absolut sicher sei. Trotzdem haben verschiedene Versuche mit CCS gezeigt, dass die Bevölkerung in der Umgebung mit Skepsis reagiert. Niemand möchte ein unterirdisches CO2-Lager in seinem Garten.

Die Standortfrage dürfte auch in der Schweiz dereinst zur grossen Hürde werden für die Zementindustrie und ihre CCS-Pläne – vermutlich grösser als die Finanzierung.

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