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Klinik Burghölzli Zürich Medikamententests in Zürcher Psychiatrie ab den 1950er-Jahren

In der Klinik Burghölzli wurden an 1000 Patienten während 30 Jahren Medikamententests durchgeführt. Sogar Versuchspräparate, also noch nicht offiziell zugelassene Medikamente, wurden verabreicht.

Das Wichtigste in Kürze:

  • In der Klinik Burghölzli wurden auch nicht zugelassene Medikamente verabreicht.
  • Medikamente wurden auch unter Zwang gespritzt.
  • Eine Historikerin untersuchte die Krankenakten der Patienten.
  • Die Medikamententests wurden nach 1950 bis 1980 praktiziert.
  • Der Kanton erforscht die Abläufe am Burghölzli.

Ähnliche Versuche wie in der Ostschweiz

Versuche mit Medikamenten gab es an der Psychiatrischen Klinik in Münsterlingen (TG). Ähnliche Versuche wurden auch in der Psychiatrischen Klinik Herisau (AR) durchgeführt.

Jetzt wird bekannt: Auch an der Forschungsabteilung der Psychiatrischen Universitätsklinik Burghölzli in Zürich wurden ab den 1950er-Jahren an Patienten Medikamente getestet, wie «Schweiz aktuell» berichtet.

Die Historikerin Katharina Brandenberger hatte für ihre Dissertation Einsicht in die Krankenakten. Demnach gab es noch allein in den 1970er-Jahren Tests mit 44 Medikamenten.

Sogar Versuchspräparate, also noch nicht offiziell zugelassene Medikamente, wurden verabreicht. Den Patienten wurden sie sogar gespritzt, falls sie sich weigerten, Tabletten einzunehmen.

Man kann von etwa 1000 Patienten ausgehen, welche in solche Tests involviert waren.
Autor: Katharina Brandenberger Historikerin
Schwarz-weiss-Bild eines Klink-Zimmers. Eine Frau sitzt in der Ecke an einem Tischchen.
Legende: Im Burghölzli wurden Medikamententests an 1000 Patienten durchgeführt. SRF Archiv

Politische Aufarbeitung gefordert

Zürcher Politiker fordern jetzt eine lückenlose Aufklärung. Drei Kantonsräte verlangen vom Regierungsrat Antworten zu den Versuchen in der Klinik Burghölzli.

AL-Kantonsrat und Rechtsanwalt Markus Bischoff will unter anderem wissen, ob die Forscher für ihre Tests von der Pharmaindustrie bezahlt worden sind.

Damit rennt er beim Kanton offene Türen ein: Ab Januar erforscht ein Team die Abläufe am Burghölzli. Mitte 2018 sollen die Resultate vorliegen.

Nationales Thema?

Alt Kantonsrätin Erika Ziltener, Präsidentin der Schweizerischen Patientenstellen, äussert sich betroffen. Sie fordert eine rasche Entschädigung der Betroffenen, sobald die ersten Ergebnisse bekannt sind.

«Das Thema muss national aufgearbeitet werden, das betrifft die ganze Schweiz. Der Nationalrat muss sich des Themas annehmen», betont Ziltener.

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