- In seiner 100-Tage-Bilanz hat Ignazio Cassis die Beziehungen zur EU in den Mittelpunkt gestellt. Dabei griff er auch auf geometrische Formen zurück.
- Wer erwartet habe, dass er in den drei Monaten die Welt verändere, habe die Welt nicht verstanden, sagte Cassis. Veränderungen seien zu Beginn immer schwierig.
- Cassis sieht das institutionelle Rahmenabkommen als Instrument und nicht als Ziel.
«Aussenpolitik ist Innenpolitik», sagte Cassis. Aussenpolitik in der Schweiz könne nur erfolgreich sein, wenn sie vom Volk und Parlament mitgetragen werde. Dies gelte auch in Regionen wie dem Tessin.
Worum es wirklich geht
An der Universität der italienischen Schweiz (USI) erklärte er vor Studierenden und Journalisten, um was es im institutionellen Rahmenabkommen gehen könnte. Er erläuterte die Verflechtungen und das Zusammenspiel mit der EU symbolisch mit Würfeln und einer Kugel. So nannte er unter anderem den Börsenstreit, mit der EU, die Kohäsionsmilliarde, die Roaming-Gebühren oder gar die Finanzierung des Filmfestivals von Locarno.
Der Preis des Scheiterns
Das institutionelle Rahmenabkommen sei ein Mittel, kein Ziel, sagte Cassis. Eines der wichtigsten Ziele seiner Aussenpolitik sei es, mit dem Ausland gute Beziehungen zu haben. Bei der EU-Frage müsse man sich fragen, was man wolle und was es koste. Und dann entscheiden. «Mir ist aufgefallen, dass viel über das institutionelle Rahmenabkommen gesprochen wird, aber niemand weiss mehr, worum es eigentlich geht.»
Und was, wenn das institutionelle Rahmenabkommen nicht zustande kommt? Ein entsprechender Bericht sei bereits vor einiger Zeit in Auftrag gegeben worden. Gestern habe der Bundesrat nun beschlossen diesen Bericht zu vertiefen.
«Es geht dabei hauptsächlich um technische Details und quantitative Abwägungen», sagte Cassis. In der gestrigen Bundesratssitzung habe sich der Bundesrat nun mit dem Szenario eines gescheiterten Rahmenabkommens beschäftigt. Es werde eine Vereinfachung anzustreben sein. Es brauche nicht 120 Abkommen, sondern eine Einigung in fünf Bereichen. Für den Bundesrat ist klar: « Am Anfang sind Veränderungen immer schwierig.»
Brüssel will schnelle Einigung
Die EU-Kommission liess ihrerseits verlauten, die ins Stocken geratenen Verhandlungen mit der Schweiz über engere Beziehungen bis zum Jahresende unter Dach und Fach zu bringen.
Damit solle die Möglichkeit für erweiterte Marktzugänge geschaffen werden. Die Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU dauern bereits seit rund vier Jahren an.