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Bundesrat will für Ukraine-Hilfe Geld abzwacken
Aus Tagesschau vom 20.06.2023.
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Knappe Hilfsgelder Bundesrat will Ukraine-Hilfe bei armen Ländern abzwacken

1.5 Milliarden Franken sollen in die Ukraine gehen. Doch eigentlich war das Geld dem globalen Süden zugesprochen worden.

Der Bundesrat möchte in den Jahren 2025 bis 2028 11.45 Milliarden Franken für die internationale Zusammenarbeit ausgeben. Damit will er hauptsächlich Projekte in den armen Ländern des globalen Südens unterstützen. Dieser Betrag ist ungefähr gleich hoch wie in den letzten vier Jahren.

Davon sollen 1.5 Milliarden Franken in die Ukraine fliessen. «Für humanitäre Projekte, für die Minenräumung, die Energieversorgung», sagt die Chefin der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza), Patricia Danzi. «Wir sind seit 1999 in der Ukraine tätig und ein Partner, auf den sie sich stützen kann.»

Die notwendige Hilfe für die Ukraine geschieht auf dem Buckel der Ärmsten.
Autor: Andreas Missbach Entwicklungsorganisation Alliance Sud

Die 1.5 Milliarden Franken werden allerdings für andere Projekte im globalen Süden, etwa im südlichen Afrika, fehlen. Das sei fatal, sagt Andreas Missbach, Geschäftsleiter der Entwicklungsorganisation Alliance Sud. «Die notwendige Hilfe für die Ukraine geschieht auf dem Buckel der Ärmsten.»

Die Schweiz habe angekündigt, die frei werdenden Mittel nach dem Ausstieg in Lateinamerika per Ende 2024 in Afrika und dem Mittleren Osten einzusetzen. «Doch dieses Geld fehlt jetzt», so Missbach.

«Wortbruch des Bundesrates»

Tatsächlich will der Bundesrat das frei werdende Geld aus den Projekten in Lateinamerika und die allgemeine Zunahme der internationalen Zusammenarbeit für die Ukraine reservieren. Missbach spricht deshalb auch von «Wortbruch des Bundesrates».

Deza-Chefin Danzi gibt gleichwohl zu bedenken, dass die Schweiz trotz allem kein Projekt in den Schwerpunktländern kündige. Die Schweiz könne allerdings keine zusätzlichen Länder oder Projekte unterstützen. «Wir können auch keine zusätzlichen Gelder an Organisationen sprechen, die die Unterstützung vor Ort vornehmen.»

Ärmere Länder auf mehr Hilfe angewiesen

Das aber wäre dringend notwendig, sagt zum Beispiel Botschafter Thomas Greminger. Der Schweizer Spitzendiplomat ist heute Chef des Genfer Zentrums für Sicherheitspolitik.

Der Krieg in der Ukraine mit der Lebensmittelunsicherheit und den höheren Energiepreisen betreffe die armen Länder des Südens speziell stark, weshalb die Schweiz mehr machen müsste. «Das wäre wichtig für eine umfassend verstandene Sicherheitspolitik», so Greminger.

Danzi wünscht sich das wohl auch, aber sie entscheidet nicht über den Einsatz der Gelder. Das machen der Bundesrat und dann das Parlament.

Harte Zeiten für internationale Hilfsorganisationen

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Legende: Reuters/ZOHRA BENSEMRA

Die humanitäre Hilfe gerät derzeit weltweit in eine schwierige Phase – und die Krise hat sich kaum längerfristig abgezeichnet. Erst gestern etwa wurden an einer UNO-Geberkonferenz für Sudan bloss 1.5 Milliarden Dollar zugesagt statt der von der UNO angepeilten 3 Milliarden.

Auch das IKRK kann sein Budget für 2023 von 2.8 Milliarden Franken nicht finanzieren: Es fehlen 430 Millionen. Folglich werden 3000 Stellen abgebaut und zahlreiche Vertretungen weltweit geschlossen.

Grund für die knapper werdenden Mittel sind die immer zahlreicheren Konflikte, beispielsweise in Somalia, Haiti, Myanmar, Irak, Syrien, Afghanistan oder Kongo. Diese dauern schon seit Jahren oder Jahrzehnten an. Zwar steigen die Spenden, aber weniger stark als die Zunahme der Anzahl Menschen, die weltweit auf Hilfe angewiesen sind. Hinzu kommt der russische Angriffskrieg in der Ukraine, weswegen viele Geldgeber ihre Mittel dorthin umleiten.

Für humanitäre Organisationen wie das IKRK oder die Médecins sans Frontières bedeutet es, dass sie sich wohl oder übel engere Ziele stecken müssen und vor allem Nothilfe leisten müssen. Sie stehen vor schwierigen Entscheiden – politisch und moralisch. Zudem müssen sie versuchen, neue Geldgeber zu finden wie China, die Golfstaaten, Firmen oder Stiftungen.

Andere Geldgeber-Länder noch rigoroser

Immerhin: Im Vergleich mit ähnlichen Ländern stehe die Schweiz noch relativ gut da, sagt Danzi: «Meine Kolleginnen und Kollegen mussten zum Teil dramatisch und sehr schnell kürzen – um 30 oder 40 Prozent.» Auch hätten sie aus mitunter langjährigen Partnerschaften aussteigen müssen. «Das haben wir nicht getan», so die Deza-Chefin.

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Humanitäre Hilfe steckt weltweit in Krise
aus Echo der Zeit vom 20.06.2023. Bild: HEKS/Marius Born
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Geht es nach dem Willen der Deza-Chefin, soll das auch in Zukunft nicht passieren. Das aber bedeutet, dass die Schweiz, wenn sie sich substanziell auch am Wiederaufbau der Ukraine beteiligen will, dieses Geld nicht bei der internationalen Zusammenarbeit holen darf, sondern woanders freimachen muss.

Der Vorschlag für die internationale Zusammenarbeit 2025 bis 2028 des Bundesrates geht nun in eine Konsultation. Wie stark sich die Schweiz wo und wie engagiert, wird politisch noch heiss diskutiert werden.

Echo der Zeit, 20.06.2023, 18:00 Uhr

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