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Knatsch um Corona-Impfstoff Ständerat will Impfstoff-Beschaffung halbieren

Die Kredite für die Corona-Impfungen geben im Bundeshaus weiter zu reden. Denn der Ständerat will nur die Hälfte der vom Bundesrat vorgeschlagenen 14 Millionen Dosen für das Jahr 2023 kaufen.

Eine Zeit lang war es das Gesprächsthema Nummer 1, im Büro oder beim Treffen mit Freunden: die Corona-Impfung. Zu reden gibt sie weiterhin im Bundeshaus. Nicht die Impfung an sich, aber dafür die Kredite und die Bestellungen.

So gab es im Parlament zuerst Verwirrung um die Kredite , die rückwirkend bewilligt werden mussten. Und nun schert der Ständerat bei den Bestellungen aus: Anders als der Nationalrat ist er nicht bereit, dem Bundesrat zu folgen und die beantragte Menge Impfdosen fürs nächste Jahr zu bestellen. Mit klarer Mehrheit hat er entschieden, die Bestellungen zu halbieren.

Nationalrat stimmt zu, Ständerat bremst

Es sei schon «betrüblich», dass das Parlament erst nach Abklärungen der Bundesverwaltung über das Pfingstwochenende Klarheit erhalten habe über die Kredite für den Kauf von Impfstoffen, stellte der Zuger Mitte-Ständerat Peter Hegglin fest. In einem eiligst erstellten Bericht kam das Gesundheitsdepartement von Bundesrat Alain Berset innerhalb weniger Tage unter anderem zum Schluss, dass man den Räten 80 Millionen Franken zu viel berechnet hatte.

Der Nationalrat genehmigte den Antrag des Bundesrates trotzdem, für das kommende Jahr bei den beiden Impfstoffherstellern Pfizer und Moderna je sieben Millionen Impfdosen zu bestellen, als er letzte Woche den nötigen Nachtragskredit behandelte.

Es wäre an der Zeit, diese Strategie zu hinterfragen und von einer ‹Vollkaskostrategie› mehr zu einer risikoorientierten Beschaffungsstrategie zu wechseln.
Autor: Peter Hegglin Ständerat (Mitte/ZG)

Der Ständerat jedoch mag hier nicht mitmachen. Er ist der Meinung, dass die Zahl von 14 Millionen Impfdosen zu hoch sei. Der Waadtländer FDP-Ständerat Olivier Français erinnerte daran, dass man bis anhin 19 Millionen Impfdosen zu viel eingekauft habe, was Kosten von fast 500 Millionen Franken verursache. 500 Millionen Franken, das sei gigantisch, meinte Français.

Deshalb wolle man jetzt wegkommen von der bisherigen Einkaufsstrategie des Bundesrates bei den Impfstoffen, erklärte Ständerat Hegglin. «Es wäre an der Zeit, diese Strategie zu hinterfragen und von einer ‹Vollkaskostrategie› mehr zu einer risikoorientierten Beschaffungsstrategie zu wechseln.»

Ständerat lehnt Kredit deutlich ab

Das fand im Ständerat Anklang. Mit 30 zu 11 Stimmen hat er sich sehr klar dafür ausgesprochen, die geplante Impfstoffbestellung fürs nächste Jahr von 14 Millionen Dosen auf die Hälfte zu reduzieren. Das reiche immer noch, um alle Risikogruppen impfen zu können, wurde argumentiert.

Mit nur sieben Millionen Dosen zusätzlich für 2023 ist der Bundesrat der Meinung, dass wir ein relativ hohes Risiko eingehen, je nachdem, wie sich die Situation entwickeln sollte.
Autor: Ueli Maurer Bundesrat

Finanzminister Ueli Maurer wehrte sich in der kleinen Kammer vergeblich gegen diese Kürzung. «Mit nur sieben Millionen Dosen zusätzlich für 2023 ist der Bundesrat der Meinung, dass wir ein relativ hohes Risiko eingehen, je nachdem, wie sich die Situation entwickeln sollte.»

Der Bundesrat wäre lieber auf der sicheren Seite gewesen, sagte Maurer. Nun geht das Geschäft wieder zurück an den Nationalrat. Hält dieser an seinem bisherigen Beschluss fest und unterstützt weiterhin den Bundesrat, kommt es zur Ausmarchung zwischen den beiden Räten.

Gemäss den geltenden Spielregeln setzt sich in einem solchen Fall immer die für den Bund günstigere Variante durch. Beharrt also der Ständerat auf seinem Kürzungsentscheid, wird der Bundesrat für 2023 nur sieben Millionen Impfdosen bestellen können.

Neue Verträge bei einer Kürzung notwendig

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Ob der Bundesrat auch die geringere Menge von sieben Millionen Impfdosen erhält, wenn sich der Ständerat mit seinem Entscheid durchsetzt, steht auf einem anderen Blatt. Gemäss dem erwähnten Bericht würden die Impfstoff-Verträge mit den beiden Herstellern im Falle einer Kürzung nämlich vollständig hinfällig werden. Es müssten in diesem Fall neue Verträge ausgehandelt werden. Das Departement könne keine Garantien geben, dass die Vorgaben des Parlamentes dann eingehalten werden könnten, heisst es im Bericht weiter.

Echo der Zeit, 13.06.2022, 18:00 Uhr

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