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Tropenholz in der Grillkohle: Hersteller täuschen Konsumenten
Aus Kassensturz vom 04.09.2018.
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Kohle-Analyse Schweizer verfeuern im Grill massenweise Tropenholz

  • Ein Test von WWF enthüllt: Fast die Hälfte aller Kohleprodukte aus dem Schweizer Detailhandel enthalten Kohle aus Tropenholz.
  • Manche Produkte bestehen gar ausschliesslich aus Tropenholz.
  • Konsumenten erfahren davon meist nichts, da die Hersteller die Herkunft der Kohle nicht sauber deklarieren.
  • Das Risiko, dass die tropischen Hölzer im Kohlesack aus Raubbau stammen, ist gross.

Der Befund ist für Damian Oettli ernüchternd. 9 von 21 getesteten Säcken mit Holzkohle oder Briketts enthalten Holz aus den Tropen. Für die Natur und das Klima sei dies bedenklich: «In den Ländern, wo diese Kohle herkommt, ist eine nachhaltige Holzbewirtschaftung oft gar nicht möglich.»

Die getesteten Holzkohlen
Legende: Neun der 21 getesteten Produkte enthielten Tropenholz. SRF

Die Kohle getestet hat das renommierte Thünen-Institut für Holzforschung: «Eine Struktur von Hölzern, wie sie in Europa wachsen, können wir eindeutig unterscheiden, von Hölzern, die in den Tropen wachsen», sagt Volker Haag vom Thünen-Institut.

Klare Deklaration: Fehlanzeige

Stossend: Obwohl Händler in der Schweiz die Herkunft der Kohle deklarieren müssen, bleibt Kunden die Herkunft aus den Tropen meist verborgen. Denn auf keinem der neun betroffenen Säcke ist die Herkunft sauber angegeben. Ein Grund: Von Gesetzes wegen müssen nicht alle verwendeten Hölzer deklariert werden, sondern nur die drei mit dem grössten Gewichtsanteil im Sack.

Holzkohle im Test

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Hier geht es zu den detaillierten Testresultaten.

Vier Produkte nur mit Tropenholz

Bei Grill-Club-Holzkohle aus der Landi stehen zwar die tropischen Hölzer korrekt auf dem Sack. Zugleich schreibt Landi aber, es werde kein Tropenholz verwendet. Landi schreibt dazu: Die Herkunftsgebiete der Hölzer würden als subtropisch eingestuft, «weshalb die Deklaration «kein Tropenholz» aus unserer Sicht stimmt.»

Obi schreibt zur Flammenco Holzkohle, die nur Kohle aus den Tropen enthält: «Obi versucht wenn immer möglich auf nicht deklarierte Produkte zu verzichten. Wo dies nicht 100 Prozent möglich ist, hat der Kunde in der Regel ein zertifiziertes Produkt als Alternative.»

Ein weiteres Beispiel: Favorit-Holzkohle, gekauft bei Bauhaus. Auf dem Sack fehlt die Herkunftsdeklaration. Die Werbung auf der Vorderseite verspricht «Qualité Européenne»ۚ und auf der Seite steht dort gross die Adresse eines «Mecklenburger Holzkohlewerks». Doch dieses Werk füllt die Kohle lediglich ab. Im Sack hat es nur Kohle aus den Tropen.

Tropenkohle fliegt aus dem Sortiment

Bauhaus schreibt dazu, die Kohle sei am Verkaufsregal im Laden deklariert gewesen. Trotzdem nehme man die Favorit-Kohle aus dem Sortiment und weiter: «Aus aktuellem Anlass hat sich Bauhaus entschieden, zukünftig keine Holzkohle mit Tropenholz zu verkaufen.»

Auch Aldi ist nach dem WWF-Test gezwungen, Holzkohle aus dem Gestell zu nehmen: BBQ-Holzkohle-Briketts. Denn auch dieses Produkt enthält ausschliesslich Tropenholz. Besonders stossend: Auf dem Sack steht explizit: «kein Tropenholz».

Auch FSC-Holz ist keine Garantie

Hinter diesen Briketts steckt der polnische Grosshändler Dancoal. Die Kohle ist sogar zertifiziert mit dem FSC-Label, das nachhaltige Holzbewirtschaftung garantieren soll. Ob Dancoal wirklich nachhaltige Hölzer eingekauft hat, ist fraglich.

Denn der FSC liess sich von Dancoal verkohlen. Um ein Zertifikat zu erhalten, muss ein Holzverkäufer bei FSC angeben, welche Hölzer er aus nachhaltiger Quelle bezieht. Bei Dancoal ist diese Liste der angeblich nachhaltigen Hölzer aber ewig lang. Gelistet sind selbst hoch gefährdete Hölzer. Aufgrund der WWF-Tests prüfte FSC bei Dancoal nach: und stellte fest, dass Dancoal nicht zertifizierte Tropen-Kohle abfüllte. Resultat: Dancoal darf das FSC-Label bis auf Weiteres nicht benutzen.

Intransparenter Kohlehandel

Polen ist die europäische Drehscheibe im Kohlehandel. Aus keinem Land kommt mehr Kohle in die Schweiz. Wie das Beispiel Dancoal zeigt, bedeutet dies aber nicht, dass die Kohle aus Polen stammt. Damian Oettli vom WWF kritisiert den intransparenten Handel: «Holzkohle sieht überall gleich aus. Es gibt einen riesigen Preisdruck. Wer das bei uns auf den Markt bringen will, sucht oft den günstigsten Rohstoff.»

Kohleproduktion sorgt für massiven Waldverlust

Oettli spricht von Ländern wie Paraguay, Indonesien oder Nigeria, dem wichtigsten Exportland für Kohle nach Europa. «Dort herrschen schwierige Regierungsverhältnisse, Korruption. Nigeria hat eine der grössten Entwaldungsraten weltweit.»

Kohleproduktion in der Schweiz

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Noch wenige Köhler produzieren im Napfgebiet traditionell Schweizer Holzkohle. «Espresso» hat sie besucht. Die Reportage

Eine wichtige Ursache dafür ist die Kohleproduktion. In Nigeria schlagen Köhlernomaden Holz für ihre Kleinstproduktion – oft illegal irgendwo im Busch. Händler kaufen die Kohle auf – hauptsächlich für den Export.

WWF fordert bessere Kontrollen

Der WWF rät Konsumenten trotz einzelnen Verstössen weiterhin dazu, auf das FSC-Label zu achten. Es biete eine gewisse Garantie für nachhaltige Holzbewirtschaftung – auch in den Tropen.

Die Methoden zur Produktion sind urtümlich. Die Köhler stapeln Holz und bedecken es mit Erde. Dann zünden sie es an.
Legende: Die Methoden zur Produktion sind urtümlich. Die Köhler stapeln Holz und bedecken es mit Erde. Dann zünden sie es an. SRF

Auf Grund des Resultats fordert der WWF Grosshändler und Detailhandel auf, Ihre Handelswege zu prüfen und korrekt zu deklarieren. Und auch der Bund sei gefordert: «Der Bund muss die Umsetzung viel besser kontrollieren. Denn so wie sie es jetzt machen, funktioniert es offenbar nicht», so Damian Oettli vom WWF.

Feinstruktur der Holzkohle
Legende: Holzkohle unterm Mikroskop: Die Feinstruktur verrät die Holzart. SRF/(Thünen-Institut)

Kohle ohne Tropenholz

Elf Produkte im Test enthalten keine Tropenkohle. Aber auch bei Produkten aus europäischen Wäldern ist nachhaltige Produktion nicht garantiert. Für Konsumenten gibt es derzeit keine bessere Alternative, als auf das FSC-Label zu achten. FSC-zertifizierte Produkte ohne Tropenholz gibt es von Denner, Migros und Coop.

Es gibt sogar eine Schweizer Alternative. Garantiert aus heimischer Produktion ist die «Romooser Grill-Holzkohle», erhältlich bei Otto’s. In alter Handwerkstradition stellen die Köhler diese Produkte an elf Standorten im Luzerner Napfgebiet her.

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