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Konfusion beim Geheimdienst Der Spion, der kaum was wusste

Je mehr über den «Alpen-Thriller» publik wird, umso unangenehmer wird es für den NDB. «Kein Meisterstück», findet auch Geheimdienst-Experte Bruno Lezzi.

Maulwürfe, ein Spion im Auslandseinsatz, deutsche Steuerfahnder, die mit zweifelhaften Deals Steuerbetrüger auffliegen lassen. Und mittendrin der Nachrichtendienst des Bundes (NDB), der den Schweizer Finanzplatz schützen will. Der Fall Daniel M. hat alle Zutaten für einen Spionage-Thriller. Allerdings nur auf den ersten Blick.

Denn bei genauerer Betrachtung implodiert der aufregende Plot: Ausser Spesen nichts gewesen, stellte die Geschäftsprüfungsdelegation des Parlaments gestern fest. Am Ende blieb bilaterales Unbehagen zwischen Bern und Berlin; und eine Bewährungsstrafe für den aufgeflogenen Spion, der sich vor der deutschen Justiz verantworten musste. Nicht eben das klassische Ende eines Spionage-Thrillers.

Der Spion und sein Auftrag

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Legende: SRF

Nach einem Datendiebstahl bei der UBS erhielt Daniel M. 2012 den Auftrag, den Datendieb zu eruieren und ein Abwehrdispositiv aufzubauen. Dafür erhielt er 60'000 Euro, konnte aber keine brauchbaren Resultate liefern. M. wurde im April 2017 in Frankfurt verhaftet und später zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 22 Monaten verurteilt.

Es rumort in Bundesbern

Nun gerät der Schweizer Nachrichtendienst ins Visier der Politik. Wie der gestern veröffentlichte Bericht der parlamentarischen Aufseher anprangert, soll der NDB seinen Spion schlecht geführt und nur wertlose Informationen erhalten haben: «Viel Aufwand, kein Ertrag», meint SP-Ständerat Claude Janiak lakonisch. Zu allem Überfluss soll der Einsatz von Daniel M. keine Gesetzesgrundlage gehabt haben, also illegal gewesen sein.

Viel Aufwand, kein Ertrag.
Autor: Claude Janiak Ständerat SP/BL

Tags darauf fallen die politischen Reaktionen unterschiedlich aus. SVP-Ständerat Alex Kuprecht meint: «Willkommen im Club». Man solle sich nichts vormachen: Derartige Probleme gebe es immer wieder im «heiklen Bereich der Geheimdienstarbeit» – auch im Ausland.

Anders klingt es bei der politischen Linken. Sie fordert personelle Konsequenzen, und zwar ganz oben: «Am Schluss ist immer der oberste Chef verantwortlich», sagt Alexander Tschäppat. Der SP-Nationalrat hinterfragt damit die Rolle von Ex-NDB-Chef Markus Seiler, der mittlerweile ins Aussendepartement wegbefördert wurde.

Ex-NDB-Chef unter Druck

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Der damalige Chef des Schweizer Nachrichtendienstes, Markus Seiler ist mittlerweile Generalsekretär von Bundesrat Ignazio Cassis. Aus dem Amt heisst aber nicht aus dem Schneider. Der Druck der Linken aus dem Parlament nimmt zu. Dass der damalige Chef des Nachrichtendienstes nicht über die Spionage-Aktion informiert war, schütze ihn vor Konsequenzen nicht, findet SP-Nationalrat Tschäppät. Auch Sicherheitspolitiker Balthasar Glättli (Grüne/ZH) fordert Konsequenzen für Seiler. SP-Nationalrätin Yvonne Feri findet, dass Seilers «neue Rolle» hinterfragt werden müsse. Den «Kopf von Seiler» zu fordern sei deplatziert, kontert FDP-Ständerat Joachim Eder: «Mit den Empfehlungen der Geschäftsprüfungsdelegation an den NDB und den Bundesrat ist die Sache abgehandelt.» Ob und welche Konsequenzen der Bundesrat aus der Spionageaffäre zieht, wird voraussichtlich erst im Herbst bekannt.

Dilettantismus oder professioneller Alltag im Geheimdienst-Geschäft? Einer, der es beurteilen kann, ist Bruno Lezzi. Der Journalist beschäftigt sich seit Jahren mit dem Schweizer Geheimdienst. Sein unmissverständliches Urteil: «Das war wirklich kein Meisterstück des Nachrichtendiensts.»

Bruno Lezzi

Militärhistoriker und Journalist

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Bruno Lezzi ist Militärhistoriker. Er begann seine Karriere im Nachrichtendienst im damaligen Eidgenössischen Militärdepartement (EMD). Er war auch Mitverfasser des Berichts 90 über die Sicherheitspolitik der Schweiz. Später wurde er Redaktor für Sicherheitspolitik bei der NZZ. Lezzi dozierte zu Sicherheitspolitik an der Universität Zürich. Jüngst ist sein Buch «Von Feld zu Feld» erschienen (Verlag Edition Königstuhl), ein Rückblick auf mehrere Jahrzehnte Beobachtung der Schweizer Sicherheitspolitik.

Dass der NDB «externes Personal» rekrutiert, hält Lezzi aber nicht für problematisch: «Leute mit den nötigen Voraussetzungen findet man kaum in staatlichen Strukturen.» Und Teil des Geschäfts sei, dass man gelegentlich für etwas zahle ohne genau zu wissen, was am Ende dabei herauskomme: «Nachrichtendienst ist eine Arbeit mit vielen Puzzle-Steinen, die letztlich zusammengesetzt werden. Es kann immer mal sein, dass eine Information den Erwartungen nicht entspricht.»

Wenn man menschliche Quellen – «Human Intelligence» – anzapfe, sei aber eines zentral: «Solche Leute bewegen sich teils im Schatten, in Grauzonen. Umso wichtiger ist die Quellenführung. Und daran hat es offenbar gehapert.»

Unsere Apparate sind überblickbar und keine Grossorganisation wie die CIA.
Autor: Bruno Lezzi Journalist und Geheimdienst-Experte

Es brauche «gezielte Aufträge» und «gezielte Führung», um die nötigen Informationen zu bekommen, so der Geheimdienstexperte: «Der Fehler war, dass Daniel M. zu engen Zugang zum NDB hatte.» Statt mit einem zuständigen Offizier zu kommunizieren, habe der angeheuerte Spion Zugang zum innersten Gefüge des Nachrichtendiensts gehabt.

Landmann in einer Archivaufnahme.
Legende: Nun da der Bericht publik sei, werde man versuchen, sich mit den Behörden auf eine Entschädigungszahlung für Daniel M. zu einigen, sagt dessen Anwalt Valentin Landmann. Keystone/Archiv

Gravierend scheint schliesslich der Vorwurf, dass die Aktivitäten von Daniel M. illegal waren. Hier gibt Lezzi zu Bedenken, dass nachrichtendienstliche Aufklärung im Ausland immer illegal sei: «Das muss man in Kauf nehmen, wenn man einen etwas risikoreicheren Nachrichtendienst betreiben will.»

Abschliessend rät Lezzi dem Schweizer Geheimdienstapparat zur «etwas engeren, smarteren Zusammenarbeit. Unsere Apparate sind überblickbar und keine Grossorganisation wie die CIA.»

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